Kierberg

Kierberg ist ein nordwestlicher Stadtteil der Stadt Brühl im Rhein-Erft-Kreis.

Kierberg
Stadt Brühl
Koordinaten: 50° 50′ N,  53′ O
Höhe: 97 m ü. NHN
Einwohner: 4283 (31. Dez. 2019)[1]
Eingemeindung: 1932
Eingemeindet nach: Brühl
Postleitzahl: 50321
Vorwahl: 02232
Denkmalgeschütztes Wohnhaus in der Kaiserstraße 93
Denkmalgeschütztes Wohnhaus in der Kaiserstraße 93

Lage

Kierberg liegt am oberen Osthang der Ville im Vorgebirge und am Westrand der inneren Kölner Bucht. Nachbarorte sind die Ortsteile Heide und Vochem sowie Brühl-Innenstadt. Die Stadtmitte des Hauptortes Brühl liegt etwa zwei Kilometer entfernt.

Geschichte

Merowinger

Ursprünge des heutigen Ortes Kierberg gehen auf das 7. Jahrhundert zurück. Unter dem Kölner Bischof Kunibert wird der Fronhof „Merreche“ (= curtis in myrica; deutsch: „Hof in der Heide“) aus fränkischem Königsgut der kölnischen Kirche geschenkt. Aus diesem frühen Namen wird später die Bezeichnung „Meregge“, oder „Merrechte“ und „Merrich“. Nach dem Bau einer ersten Kapelle und einer späteren Kirche auf dem Berg entsteht der Name Kirberg und wird zum heutigen Kierberg.

Mittelalter

Auch im 12. Jahrhundert war von einem Hof in Merreche die Rede. Eine Urkunde von 1231 spricht in diesem Zusammenhang vom Ritter Hermann, Sohn Lamberts von Merreche, und erwähnt ein unterhalb Merrches gelegenes Kloster. Die gleiche Urkunde benutzt auch die Bezeichnung „Marienbende bei Merrege“.

Im Jahr 1242 eroberte und plünderte Graf Wilhelm von Jülich mit den kaiserlichen Truppen die Stadt Bonn. Als er auf seinem Rückzug offenbar sorglos in der Nähe Brühls übernachtete, wurde er von den Truppen des Kölner Erzbischofs überrascht und geschlagen. Diese Schlacht soll bei „Merreche“ stattgefunden haben[2].

Familiengrab Komp, auf dem alten Kirchhof in Vochem.

In der Urkunde „Testes exauditi“ aus dem Jahre 1304 ist von einer Kapelle zu „Meregge“ die Rede, die mit der Kirche in Brühl und Vochem zur Mutterkirche Kendenich (Hürth) gehörte, 1324 wurde von „kyrbergh“ bzw. „Aufm Kirchberg“gesprochen. Ein anderes Dokument des Fronhofes zu Vochem verwendete im Jahr 1577 anlässlich eines Pachtvertrags für eine Mühle schon die weiter abgewandelte Form Merrich. Nach Lacomblet war der Eigentümer dieses Hofes „Herr Degenhard Komp, ef. Vochem“ (das Bild zeigt sein Grab). Die Bewohner Kierbergs zogen mehrheitlich im Zuge der Stadtgründung in den Schutz der erzbischöflichen Burg, so dass die Gemarkung annähernd wüst fiel: Im Jahr 1635 gab es einen Hof der Pfarre St. Margareta, das „Kierbeger Gütchen“, den Karthäuserhof, drei Kotten und die Mühlen im Siegesbachtal. Laut einer Rechnung aus dem Jahr 1696 wurde die als verwahrlost bezeichnete Kapelle von Grund auf bis auf das Dach in Fachwerk neu aufgebaut. 1733 wurde sie mit einem neuen Bodenbelag versehen. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts standen in Kierberg lediglich 35 Häuser.

19. Jahrhundert

Kaiserbahnhof Kierberg im 19. Jahrhundert

Bedeutsam wurde der Ort erst im Zeitalter der Industrialisierung. Die Bezeichnung Kierberg erschien erstmals im Jahr 1821 im Zusammenhang mit der preußischen Katasteraufnahme. 1875 wurde die Eifelstrecke Köln-Euskirchen eröffnet, die den Ort in einem tiefen Graben durchschneidet. Kierberg erhielt einen eigenen Haltpunkt, der als Kaiserbahnhof besonders prachtvoll gestaltet wurde, da Kaiser Wilhelm I. von hier zu den Manöverplätzen in der Eifel fuhr. Über die Kaiserstraße konnte er anschließend das Stadtzentrum mit dem Schloss Augustusburg erreichen, wo er nächtigte.

20. und 21. Jahrhundert

Pfarrkirche Sankt Servatius

Kierbergs neuere Geschichte wurde vor allem durch den Braunkohletagebau geprägt. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert, 1910 zählte der Ort 2594 Einwohner[3]. Neben prachtvollen Bürgervillen entlang der Kaiserstraße entstanden Arbeitersiedlungen für die Beschäftigten des Braunkohletagebaus und der Brikettfabriken im Rheinischen Braunkohlerevier. Im 21. Jahrhundert sind die Gruben rekultiviert und die Brikettfabriken abgerissen.

Schulen

Die Regenbogenschule (Kaiserstraße) wurde 2019 durch die Zusammenlegung der Melanchthonschule mit der KGS Vochem gegründet. Es ist eine dreizügige Schule des Gemeinsamen Lernens u. a. mit den Schwerpunkten Vielfalt und digitales Lernen. Am Standort in Kierberg werden die Klassen 1 und 2, in Vochem die Klassen 3 und 4 unterrichtet. Der Schulbezirk der in Kierberg ursprünglich evangelischen Schule mit dem Namenspatron Melanchthon erstreckt sich auf die Stadtteile Heide, Kierberg und Vochem und umfasst das Stadtgebiet nördlich des Schulbezirks der innerstädtischen Astrid-Lindgren-Schule, Rodderweg, und nordwestlich des Schulbezirks der Martin-Luther-Schule an der Bonnstraße.

Die Barbaraschule (am Mühlenbach) wurde 1968 als katholische Grundschule Kierberg gegründet. Ihren Namen erhielt sie nach der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergarbeiter, da die ehemals vom Braunkohletagebau geprägten Stadtteile Kierberg und Heide ihr Einzugsgebiet bilden. Im Gebäude der Barbaraschule ist seit Ende 2002 das Archiv der Stadt Brühl untergebracht.

Bauwerke

Bahnstation Kaiserbahnhof, Brühl-Kierberg, 21. Jahrhundert
  • katholische Pfarrkirche St. Servatius, genannt Arbeiterdom: Die neugotische Hallenkirche entstand in den Jahren 1903 bis 1904 nach Plänen des Architekten Alfred Tepe. Sie ersetzte einen Vorgängerbau aus dem 14. Jahrhundert. Neben den neugotischen Fenstern ist insbesondere ein Altar aus dem 17. Jahrhundert sehenswert, der den Aposteln Matthias und Jakobus gewidmet ist. Ein Volksaltar stammt vom Sürther Bildhauer Theo Heiermann.
  • Kaiserbahnhof von 1875, im 21. Jahrhundert gastronomisch genutzt
  • Der Kierberger Bahnhofspark ist eine Grünanlage, die in den 1870er-Jahren gemeinsam mit dem Bahnhofsgebäude entstand. Neben altem Baumbestand steht dort unter anderem eine Plastik aus der Zeit um 1900, die den Raub der Persephone zeigt. Sie wird im Volksmund „Bläcker Mann“ genannt.[4][5]
  • Entlang der Kaiserstraße stehen zahlreiche Gebäude unter Denkmalschutz

Schienenverkehr

Der Haltepunkt Brühl-Kierberg (bis 2016 nur Kierberg) liegt an der Eifelstrecke (Köln–Euskirchen–Gerolstein–Trier), auf der im Schienenpersonennahverkehr die Regionalbahn RB 24 Köln–Euskirchen–Kall, in der Hauptverkehrszeit bis Gerolstein, verkehrt.

Persönlichkeiten

  • Franz Wilhelm Koenigs (1881–1941), in Kierberg geborener deutsch-niederländischer Bankier und Kunstsammler

Literatur

Commons: Kierberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Einwohner nach Ortsteilen Stadt Brühl 2019, Webseite der Kommunalen Datenverarbeitungszentrale Rhein-Erft-Rur, abgerufen am 21. Februar 2023.
  2. Georg Waitz, Chron. Regia 307: Chronici Rythmici Coloniensis fragmenta
  3. http://www.gemeindeverzeichnis.de/gem1900/gem1900.htm?rheinprovinz/koeln.htm
  4. bj: Bläcker Mann. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 22. Februar 2006, abgerufen am 28. Februar 2018.
  5. Klütten, Kaiser, Bürgersleut – Zur Geschichte des Kaiserbahnhof, (PDF; 360 kB), Webseite des Wisoveg – Wirtschafts-, Sozial- und Verkehrsgeschehen im Rheinland, abgerufen am 23. Februar 2018.
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