Kerssenbrock
Kerssenbrock, auch Kerßenbrock, ist der Name eines alten ostwestfälischen und lippischen Adelsgeschlechts. Die Herren von Kerssenbrock gehören zum Uradel im Ravensberger Land. Zweige der Familie bestehen bis heute.
Geschichte
Herkunft
Erstmals urkundlich erwähnt wird das Geschlecht im Jahre 1265 mit Johannes Kersebroke als Drost der Grafen von Ravensberg.[1] Mit ihm beginnt auch die Stammreihe. Frühere Schreibweisen des Namens waren Kersenbroik, Kersenbruck, Kerstenbruck, Kärsenbruck, Kerssenbruch oder Kessebrock.[2]
Kerßenbrock, das gleichnamige Stammhaus der Familie, ist heute eine Bauerschaft von Wellingholzhausen, ein Stadtteil von Melle im Landkreis Osnabrück in Niedersachsen. Dort befanden sich die frühesten lehnsfreien Besitzungen derer von Kerssenbrock.[3]
Ausbreitung und Persönlichkeiten
Im 16. Jahrhundert teilte sich das Geschlecht in eine katholische und eine protestantische Linie.
Kerssenbrock (evangelische Linie)
Hauptsitz der evangelischen Linie ist Schloss Barntrup in der ehemaligen Grafschaft Lippe, das sich noch heute in Familienbesitz befindet.
Franz Christoph († 1576) und Philipp von Kerssenbrock, die Urenkel von Franz von Kerssenbrock, Stifter des Hauses zu Barntrup, begründeten die beiden Häuser zu Wierborn (heute Ortsteil von Barntrup) und Barntrup. Der Zweig zu Wierborn erlosch bald, von den sieben Söhnen des Franz Christoph heiratete nur Franz Caspar von Kerssenbrock, der ohne Nachkommen verstarb. Philipp von Kerssenbrock konnte den Stamm mit elf Söhnen fortsetzen. Sohn Bernhard Simon von Kerssenbrock, hessen-kasselscher Generalleutnant, besaß die Güter Barntrup, Wierborn und Helbra. Von seinen 20 Kindern überlebte ihn nur sein Sohn Gottlieb Friedrich Achatz von Kerssenbrock. Er war der Stammvater aller späteren Nachkommen der evangelischen Linie. Von seinen beiden Söhnen, die den Stamm fortsetzen konnten, wurde Bernhard Simon von Kerssenbrock hessen-kasseler Kammerherr und Friedrich August von Kerssenbrock Domküster zu Minden, lippischer Drost und Landrat.[2] Sie waren die Begründer der I. und II. Linie des Hauses Kerssenbrock. Die Nachkommenschaft des Bernhard Simon von Kerssenbrock, des Begründers der I. Linie, erlosch mit dem Tod seines Enkels Bernhard nach 1875. Die II. Linie teilte sich in den vom preußischen Landrat Wilhelm von Kerssenbrock gegründeten 1. Ast, der mit dem Tod seines Sohnes Bernhard von Kerssenbrock 1872 im Mannesstamm erlosch. Der 2. Ast blüht noch heute.
Kerssenbrock von Krosigk
Dedo von Krosigk (1925–2008)[4], Botschaftsrat, Neffe und Adoptivsohn der Lucie von Kerssenbrock auf Barntrup erhielt am 1. September 1972 eine adelsrechtliche Nichtbeanstandung der Namensform von Kerssenbrock von Krosigk durch Beschluss des Ausschusses für adelsrechtliche Fragen der Deutschen Adelsverbände Marburg an der Lahn.[5] Das Rittergut Barntrup ist somit heute im Besitz des Krosigk’schen Mannesstammes.
Korff genannt Schmising-Kerssenbrock (katholische Linie)
Die katholische Linie, in deren Besitz sich unter anderem Schloss Brincke befand, gelangte mit mehreren Angehörigen in die Hochstifte Paderborn, Osnabrück und Hildesheim, in denen sie hohe geistliche Ämter bekleideten. Die Linie erlosch am 23. Oktober 1754 mit dem Tod Ferdinands von Kerssenbrock. Er setzte seinen Vetter Fritz Ferdinand Freiherr von Korff als Erben ein. Brincke gelangte als Fideikommiss zusammen mit dem Kerssenbrockschen Namen und Wappen an die von Korff genannt Schmising-Kerssenbrock.[5]
Besitzungen
Zu den bedeutendsten Gütern der Familie gehört das in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erworbene Brincke mit Schloss Brincke in der Grafschaft Ravensberg bzw. in dessen Vogtei Borgholzhausen.[5] Der ravensbergische Burgmann Johann von Kerssenbrock erwarb es 1357 für 600 „vollgewichtige“ Gulden, das waren 2124 g Gold.[3] Das Schloss ist eine der ältesten Wasserburgen in der Grafschaft und gehörte zu den alten landständischen Rittersitzen. Ferdinand von Kerssenbrock wurde 1754 von seinem Vetter Friedrich Ferdinand Freiherr von Korff gen. Schmising beerbt, der den Namen Freiherr von Korff genannt Schmiesing-Kerssenbrock annahm; sein Nachfahre Clemens August, kurfürstlich Kölnischer Rat und fürstbischöflich Münsterscher Obermarschall, wurde 1816 in den preußischen Grafenstand erhoben. Die Grafen von Korff gen. Schmising-Kerssenbrock-Praschma besitzen Haus Brincke bis heute.
Mitglieder der Familie konnten später auch in Hannover und Preußen Grundbesitz erwerben. Der älteste lüneburgische Lehnbrief wurde im Jahre 1639 ausgestellt. Im späteren Königreich Hannover gehörte die Familie durch den Besitz des Gutes Burgdorf zum ritterschaftlichen Adel der lüneburgischen Landschaft. Im Königreich Preußen war seit 1827 Bernhard von Kerssenbrock, preußischer Landrat, auf Helmsdorf, ein alter Besitz und Fideikommiss, und Heiligenthal im ehemaligen Mansfelder Seekreis begütert. Hermann von Kerssenbrock, preußischer Rittmeister im Garde-Kürassier-Regiment, war Herr auf Helbra (als Fideikommiss) im Mansfelder Seekreis, zur gleichen Zeit war auch das Gut Beveringen im ehemaligen Landkreis Saatzig in Pommern in Familienbesitz derer von Kerssenbrock.[2] Otto Graf Kerssenbrock erwarb 1932 in Schleswig-Holstein das Gut Tralau. Seit 1948 gehört der Familie die Burg Hopen in Lohne.
Wappen
Das Wappen zeigt in Gold einen mit drei silber besamten roten Rosen (Lippische Rose) belegten blauen Schrägrechtsbalken. Auf dem Helm mit blau-goldenen Helmdecken ein offener, goldener Flug, der mit dem Balken je einwärts belegt ist.
Namensträger
- Gisela von Kerssenbrock († um 1300) (Codex Gisle)
- Johann von Kerssenbrock (Ritter) (13./14. Jahrhundert)
- Riquin von Kerssenbrock († 1498), Domherr in Münster und Paderborn
- Rembert von Kerssenbrock (* 1474; † 1568), Fürstbischof von Paderborn
- Hermann von Kerssenbrock (* 1519; † 1585), langjähriger Leiter des Gymnasiums Paulinum in Münster (Westfalen)
- Johann von Kerssenbrock (Domherr, † nach 1528), Domherr in Münster
- Johann von Kerssenbrock (Domherr, † nach 1542), Domherr in Osnabrück und in Münster
- Bernhard Simon von Kerssenbrock (* 1639; † 1714), hessischer Generalleutnant
- Karl von Kerssenbrock (1750–1829), Abt des Klosters Liesborn
- Wilhelm von Kerssenbrock (* 1771; † 1827), preußischer Landrat
- Franz von Korff gen. Schmising-Kerssenbrock (* 1781; † 1850), preußischer Landrat
- Julia von Korff gen. Schmising-Kerssenbrock (1790–1836), westfälische Gräfin
- Bernhard von Kerssenbrock (* 1800; † 1872), preußischer Landrat
- Ferdinand von Korff gen. Schmising-Kerssenbrock (* 1817; † 1891), preußischer Landrat
- Hubertus von Kerssenbrock (* 1932), Orgelbauer
- Trutz Graf Kerssenbrock (* 1954), Politiker (CDU)
- Dedo von Kerssenbrock-Krosigk (* 1967), Kunsthistoriker, seit 2008 Leiter Glasmuseum Hentrich, Museum Kunstpalast, Düsseldorf
- Cornelia von Kerssenbrock (* 1970), deutsche Dirigentin und Kirchenmusikerin
Literatur
- Anton Fahne: Geschichte der westphälischen Geschlechter, 1858, S. 242 f. (mit Stammtafel).
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band VII, Band 97 der Gesamtreihe, Seite 186–187; C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1989, ISSN 0435-2408
- Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 5, Seite 71–72; Friedrich Voigt’s Buchhandlung, Leipzig 1864. (Digitalisat)
- Helmut Lahrkamp: Kerssenbrock. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 537 (Digitalisat).
- Max von Spießen: Wappenbuch des Westfälischen Adels, Band 1, Görlitz 1901–1903, S. 29; Band 2, Görlitz 1903, Tafel 73.
- Herbert Stöwer: Die Familie von Kerßenbrock – Mit besonderer Berücksichtigung der lippischen Linien. In: Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e. V., Erich Kittel und Oskar Suffert (Hrsg.): Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Band 27. Meyersche Hofbuchhandlung Verlag, Detmold 1958, S. 162 bis 185.
- Herbert Stöwer: Heraldisch-genealogische Denkmäler der Familie Kerßenbrock in Lippe. In: Naturwissenschaftlicher und Historischer Verein für das Land Lippe e. V., Erich Kittel und Oskar Suffert (Hrsg.): Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde. Band 28. Meyersche Hofbuchhandlung Verlag, Detmold 1959, S. 69 bis 88.
- Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preussisches Adelslexicon. Band 3, Seite 97–98; Gebrüder Reichenbach, Leipzig 1837. (Digitalisat)
Weblinks
- Urkundenregesten aus dem Familienarchiv der katholischen Linie im Schloss Brincke / Digitale Westfälische Urkunden-Datenbank (DWUD)
- Wappen derer von Kerssenbrock sächsisch und westfälisch in Johann Siebmachers Wappenbuch (um 1605)
- Schloss Barntrup in www.burgen-und-schloesser.net
Einzelnachweise
- Westfälisches Urkundenbuch, Band III, Nummer 756
- Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon Band 5, Seite 71–72
- Borgholzhausen: Vor 650 Jahren: Brincke kostete 34 000 Euro. (Memento vom 2. Juli 2010 im Internet Archive)
- Nachruf, Trauer um Schlossherrn: Barntrup trauert um seinen Schlossherrn, Dedo von Kerßenbrock-Krosigk., Lippe aktuell, Nr. 23B vom 7. Juni 2008, abgerufen am 24. Februar 2020
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band XV, Band 134 der Gesamtreihe, Seite 186–187