Karl Rüther
Karl Rüther (* 1885 in Varel; † vor 1957[1]) war ein deutscher Jurist, Landgerichtspräsident, Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht, Vorsitzender der NS-Sondergerichte in Bremen und Hamburg und Senatspräsident beim Kammergericht Berlin.
Leben
Rüther studierte Rechtswissenschaften.
In Hamburg (1915 bis 1936)
Er war seit 1915 Richter beim Landgericht Hamburg und später dort Landgerichtsdirektor. Er wurde am 13. Dezember 1933 zum Vorsitzenden der neugeschaffenen Hilfskammer b (Kammer III) berufen. Nach Abwicklung der Verfahren, die sich mit der Tätigkeit der KPD vor 1933 befasst hatten, bestand das Sondergericht vom 19. November 1934 an nur noch aus einer Kammer unter dem Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Rüther mit den Richtern Dr. Harry Lange und Dr. Colpe als Beisitzern. 1936 wurde auch in Hamburg wieder eine zweite Kammer als ständige Einrichtung geschaffen, als die Verfolgungen z. B. auf Bibelforscher ausgedehnt wurden und die wachsende Zahl der Anklagen von einer Kammer nicht mehr bewältigt werden konnte.[2]
In Bremen (1936 bis 1942)
Die NS-Justiz vereinfachte und vereinheitlichte die Gerichtsbarkeit im gesamten Deutschen Reich, so auch in Bremen. Mit einem Gesetz vom 14. September 1933 wurde ein Oberverwaltungsgericht in der Stadt eingerichtet. Waren zuvor die Präsidenten des Landgerichts Bremen in der Selbstverwaltung der Richterschaft durch das Vertrauen der Mitrichter ins Amt gewählt worden, so wurde Karl Rüther aus Hamburg direkt von Roland Freisler, dem damaligen Staatssekretär des Reichsjustizministeriums und späteren Präsidenten des Volksgerichtshofs, ernannt und am 4. Mai 1936 in sein Amt eingeführt.[3]
Wie fast alle Richter des Oberverwaltungsgerichts war auch Rüther Mitglied der NSDAP, bereits seit November 1932.[4] In einem Rundschreiben vom 18. Dezember 1937 an „sämtliche Beamten, Angestellten und Arbeiter“ beim Landgericht Bremen befragte Rüther die Beschäftigten, ob sie Mitglied der NSDAP seien, was von Mitarbeitern in gehobenen Positionen vor allem der Justiz und der Polizei als fast selbstverständlich erwartet wurde.[5]
Am 15. März 1940 richtete man beim Landgericht Bremen ein Sondergericht ein. Dessen nominellen Vorsitz übernahm der Landgerichtspräsident Karl Rüther. Sein ständiger Vertreter war der Landgerichtsdirektor Emil Warneken. „In diesem Zeitraum sprach das Sondergericht Bremen in 562 Fällen ein Urteil gegen 918 Personen. Darunter waren 49 Todesurteile, von denen 42 vollstreckt wurden. Bekanntes Beispiel für die Terrorjustiz des Sondergerichts Bremen ist das 1942 gegen den siebzehnjährigen polnischen Zwangsarbeiter Walerjan Wróbel ergangene Todesurteil“.[6][7][8]
Beim Kammergericht Berlin
Rüther wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1942 als Senatspräsident beim Kammergericht Berlin berufen[9], das als »Außenstelle des Volksgerichtshofs« (Roland Freisler) eine Vielzahl von Urteilen gegen politische Gegner und Regimekritiker fällte. 1943 verschärfte sich die Repressionspraxis weiter. Mindestens 69 Todesurteile des Kammergerichts gegen Widerstandskämpfer und Zwangsarbeiter wurden zwischen 1943 und 1945 gefällt.[10]
Familie
Rüther war verheiratet mit Trude Bartel. Das Paar hatte 2 Kinder, Hildburg und Horstmar. Der Sohn fiel 21-jährig 1942 „im Kampf für Führer, Volk und Vaterland“.[11]
Literatur
- Johannes Tuchel: Die Todesurteile des Kammergerichts 1943 bis 1945: Eine Dokumentation, Lukas Verlag 2016, ISBN 978-3-86732-229-4.
- Werner Johe: Die gleichgeschaltete Justiz : Organisation des Rechtswesens und Politisierung der Rechtsprechung 1933–1945 dargestellt am Beispiel des Oberlandesgerichtsbezirks Hamburg, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1967.
Weblinks
Einzelnachweise
- Seine Witwe Trude ist 1957 in Berlin, Neue Kantstr. 20, gemeldet
- Werner Johe, Die gleichgeschaltete Justiz : Organisation des Rechtswesens und Politisierung der Rechtsprechung 1933–1945 dargestellt am Beispiel des Oberlandesgerichtsbezirks Hamburg, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1967, S. 83
- StAB 10.B FN 9 460 - Rüther, Karl, Dr., (1885-na...) - Arcinsys Detailseite. Abgerufen am 18. Februar 2024.
- Hans Wrobel, Bremische Verwaltungsgerichtsbarkeit von 1933 bis 1945, in: Das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen : Beiträge zur Geschichte ; Tag der offenen Tür am 9. Oktober 1999 anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Verwaltungsgerichts, Bremen 1999/
- vgl. dazu: Bremische Bürgerschaft (Hrsg.), Karl-Ludwig Sommer: Die NS-Vergangenheit früherer Mitglieder der Bremischen Bürgerschaft. Projektstudie und wissenschaftliches Colloquium (= Kleine Schriften des Staatsarchivs Bremen. Heft 50). Staatsarchiv Bremen, Bremen 2014, ISBN 978-3-925729-72-0, S. 23
- https://www.stolpersteine-bremen.de/glossar.php?id=31
- Walerian Wróbel, in: Hans Wüllenweber: Sondergerichte im Dritten Reich. Frankfurt/Main 1990, ISBN 3-630-61909-6, S. 249.
- Andreas Mathold, ein gefährlicher Gewohnheitsverbrecher, vor dem Bremer Sondergericht. In: uni-bremen.de. Bremische Zeitungen, 30. Mai 1940, abgerufen am 19. Februar 2024.
- Bremische Zeitungen / 1942 [1639] / Suche "Dr. Rüther". In: uni-bremen.de. 1942, abgerufen am 18. Februar 2024.
- Johannes Tuchel, Die Todesurteile des Kammergerichts 1943 bis 1945 : Eine Dokumentation, Lukas Verlag 2016, ISBN 978-3-86732-229-4
- Bremische Zeitungen / 1942 [554] / Suche "Karl Rüther". In: uni-bremen.de. 1942, abgerufen am 18. Februar 2024.