Karl Elkart

Karl Elkart (* 15. September 1880 in Altshausen; † 12. Juni 1959 in Hannover) war ein deutscher Architekt, Stadtplaner, Baubeamter, Hochschullehrer und Publizist. Während der Weimarer Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus amtierte er unter anderem als Stadtbaurat in Hannover und hatte dort wesentlichen Anteil an „Arisierungen“ und Deportationen polnischer Juden.

Karl Elkart

Leben

Ausbildung und erste Arbeiten

Karl Elkart war Sohn des Pächters der königlichen Maierei Karl Elkart. Er studierte Architektur an der Technischen Hochschule Stuttgart bei Theodor Fischer; 1907 legte er das 2. Staatsexamen ab und war zunächst als Regierungsbaumeister (= Assessor in der öffentlichen Bauverwaltung) tätig.

Nach ersten beruflichen Stationen in Wolfenbüttel und Hamburg gewann er 1911 den 1. Preis in dem Architekturwettbewerb um ein Gastronomiegebäude im Stadtpark der Stadt Bochum. Ungefähr gleichzeitig bewarb er sich um die dort ausgeschriebene Stelle des Stadtbaumeisters, die er auch erhielt und zum Jahresbeginn 1912 antrat. Da sein direkter Vorgesetzter, der Bochumer Stadtbaurat Franz Knipping, Bauingenieur war, hatte er in gestalterischen Fragen freie Hand.

1918 wurde Elkart als Stadtbaurat nach (Berlin-)Spandau berufen. Als zwei Jahre später die bis dahin selbstständige Stadt Spandau zum Stadtbezirk der neu geschaffenen Stadt „Groß-Berlin“ wurde, wechselte er als Direktor zur Märkischen Heimstätten-Gesellschaft. Weitere zwei Jahre später (1922) kehrte er in die kommunale Bauverwaltung zurück und amtierte als Stadtbaudirektor für Groß-Berlin.

1925 verließ Elkart Berlin, als er als Stadtbaurat (und Senator) nach Hannover berufen wurde. Im gleichen Jahr wurde er auch zum Mitglied der preußischen Akademie des Bauwesens ernannt, was eine hohe Auszeichnung seiner beruflichen Leistungen bedeutete. Ab 1927 lehrte er außerdem als Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Hannover.

Wirken im Nationalsozialismus

Bereits 1933 wurde Elkart förderndes Mitglied der SS.[1] Als Stadtbaurat setzte er auf der Verwaltungsebene nun die Aufhebung des Grundsatzes der „Gleichheit vor dem Gesetz“ um. Jüdische Unternehmer wurden von städtischen Aufträgen ausgeschlossen. Elkart war an der „Arisierung“ von Kunst- und Kulturgütern für die Stadt führend beteiligt. Am 5. Dezember 1937 beantragte er die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 5.898.614).[2][3] Im Oktober 1938 war er an der Deportation polnischer Juden beteiligt und kaufte anschließend deren Häuser, um die Altstadt sanieren zu können. Im September 1941 organisierte er die Schaffung von so genannten Judenhäusern in Hannover, in die die dortigen Juden zwangsumgesiedelt wurden. Die Lebensumstände in diesen Unterkünften waren unmenschlich und katastrophal.[4][5] Im Zweiten Weltkrieg war Elkart zudem verantwortlich für den Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen und Zwangsarbeitern (siehe auch: Ostarbeiter).[1]

Ab 1943 wurde Elkart schließlich Berater im so genannten „Weiteren Arbeitsstab“ innerhalb des Arbeitsstabes für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte des Generalsbauinspektors Albert Speer; konkret arbeitete er an Wiederaufbau-Planungen für Bochum und Hannover.

Während seiner Amtszeit in Hannover unterstützte „er mit Zustimmung des Führers“[6] nebenamtlich die Planungen des Architekten Walter Schlempp für das 1938–1942 erbaute Gebäude des Deutschen Gemeindetages in Berlin-Charlottenburg an der Straße des 17. Juni, das heutige „Ernst-Reuter-Haus“. Elkart wird maßgeblicher Einfluss auf die Fassadengestaltung dieses prominent an der Ost-West-Achse der geplanten "Welthauptstadt Germania" gelegenen monumentalen Gebäudes zugeschrieben.

Ohne genaue Datierung werden in der Literatur prämierte Wettbewerbsentwürfe für einen Bebauungsplan für Metz-Sablon, für Krankenhausbauten in Frankfurt am Main und für den Hamburger Stadtpark erwähnt.

Nachkriegszeit

Grab auf dem Stadtfriedhof Engesohde

Karl Elkart wurde am 1. Juli 1945 entlassen (sein Nachfolger wurde Otto Meffert) und 1946 – formal rehabilitiert – in den Ruhestand versetzt.[1] Er war weiterhin umfangreich als Berater tätig. Elkart ist in Hannover auf dem Stadtfriedhof Engesohde begraben.[7]

Werk

In Hamburg

Während seiner Tätigkeit in Hamburg hat Elkart bei Planung bzw. Bau des Krankenhauses St. Georg, des Völkerkundemuseums und der Oberrealschule Eimsbüttel mitgearbeitet.

In Bochum

Als Stadtbaumeister in Bochum entwarf er u. a.:

  • 1913–1914: Milchhäuschen im Stadtpark
  • 1913–1915: Gastronomiegebäude im Stadtpark, genannt „Stadtpark-Restaurant“ oder kurz „Parkhaus“ (in der Planungsphase auch „Stadtgartenwirtschaft“)[8]
  • 1913–1915: Verwaltungsgebäude der Elektrizitätswerk Westfalen AG (EWW) (seit 1925: Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen (VEW)), Freiligrathstraße / Wielandstraße
  • 1913–1916: Oberrealschule II, genannt „Bismarck-Schule“, Königsallee 79 / Arnikastraße
  • 1914–1917: evangelische Volksschule mit Hilfsschule, genannt „Drusenberg-Schule“, Drusenbergstraße 31 / Marschnerstraße

In Spandau und Berlin

Seine Amtszeit als Stadtbaurat in Spandau fällt in eine Zeit, in der das Bauwesen fast völlig zum Erliegen gekommen war; in der Literatur werden ihm der 1920 fertiggestellte „Sportplatz Hakenfelde“ und die Erweiterung des Friedhofs „In den Kisseln“ zugeschrieben.

Als Direktor der Märkischen Heimstätten-Gesellschaft hat Elkart verschiedene Siedlungen und Bebauungspläne in und um Berlin entworfen.

In Hannover

In Hannover entstanden unter seiner Mitwirkung unter anderem:

  • 1927: „Stadtbad Küchengartenplatz“ (heute: Theater am Küchengarten (TAK)) in Linden-Mitte (unter Denkmalschutz)
  • 1927–1929: Mehrfamilienwohnhaus-Bebauung am De-Haën-Platz (List)
  • 1928: Neubauten auf dem Stadtfriedhof Stöcken (unter Denkmalschutz)
  • 1928: Magazingebäude der Städtischen Bühnen (Südstadt)
  • vor 1930: eigenes Wohnhaus in Kleefeld, Liebermannstraße 8 (unter Denkmalschutz)
  • 1929–1931: Volksschule (spätere „Heinrich-Heine-Schule“) in der Südstadt, Altenbekener Damm 20 (unter Denkmalschutz)
  • 1929–1931: Stadtbibliothek in der Südstadt, Hildesheimer Straße 12 (unter Denkmalschutz)
  • um 1930: Mädchen-Berufsschule „Anna-Siemsen-Schule“ in der Nordstadt, Im Moore 38 (unter Denkmalschutz)
  • das Volksbad in Hannover-List
  • 1927 bis 1930: vier Bauten (von insgesamt 19)[9] für die Lungenheilstätte „Heidehaus“; dabei Modernisierung der älteren Bauten und 1930 ein Laborneubau[10]

Schriften

Die Arbeiten von Karl Elkart wurden dargestellt in:[1]

  • Hannover. Die Großstadt im Grünen. 1927
  • Karl Elkart (Hrsg.): Neues Bauen in Hannover. Hannover 1929.
  • Zehn Jahre Aufbau. 1935.
  • Neues Schaffen. 1937.
  • Hannover. (…). In: Jahrbuch der Geographischen Gesellschaft. 1941.

Außerdem in:

  • Rudolf Stegemann (Hrsg.) / Karl Elkart et al. (Bearb.): Vom wirtschaftlichen Bauen. Entwicklung und Ziele der Wohnungs- und Siedlungspolitik in Deutschland und Österreich. Laube, Dresden 1937.

Straßenumbenennungen

Anfang 2015 in der Südstadt von Hannover umbenannt: Hilde-Schneider-Allee statt Elkartallee

Nach Karl Elkart war in Hannover 1960 die Elkartallee benannt worden. Nachdem der Historiker Rüdiger Fleiter 2006 eine Dissertation zur Verfolgungspolitik der hannoverschen Stadtverwaltung veröffentlicht hatte, begann eine öffentliche und kontroverse Diskussion um eine Umbenennung dieser Straße, auch durch politische Parteien.[11][12] Ein Verfahren zur Umbenennung der Elkartallee in Hilde-Schneider-Allee setzten im Februar 2010 die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Stadtbezirksrat Südstadt-Bult in Gang.[13] Am 5. Januar 2015 erfolgte die offizielle Umbenennung der Elkartallee in Hilde-Schneider-Allee mit der Enthüllung des neuen Straßenschildes durch Hannovers Ersten Bürgermeister Thomas Hermann und Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne.[14] Im Berliner Bezirk Spandau beschloss das Bezirksamt im August 2021 die Umbenennung des 1960 dort benannten Elkartweg[15] in Erna-Koschwitz-Weg, was 2022 umgesetzt wurde.

Literatur

  • Elkart, Karl. In: Walther Killy (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 1. Auflage. Band 3: Ebinger–Gierke. K. G. Saur, München 1996, ISBN 3-598-23163-6, S. 89.
  • Elkart, Karl. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 2: E–J. E. A. Seemann, Leipzig 1955, S. 30 (Textarchiv – Internet Archive Leseprobe). / Band 5. E. A. Seemann, Leipzig 1961, S. 456. (Nachtrag mit Angabe des Todesdatums)
  • Elkart, Karl. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 32, Saur, München u. a. 2002, ISBN 3-598-22772-8, S. 275 f.
  • Catalogus Professorum 1831–1981. Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der Universität Hannover. Hannover 2006, S. 103.
  • Werner Durth, Niels Gutschow: Träume in Trümmern. 2 Bände, Braunschweig 1988, S. 762.
  • Robert Volz: Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft. Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Band 1: A–K. Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, DNB 453960286, S. 387.
  • Alexander Dorner: 100 Jahre Bauen in Hannover. Zur Jahrhundertfeier der TH Hannover. Edler & Krische, Hannover 1931.
  • Paul Trommsdorff: Der Lehrkörper der Technischen Hochschule Hannover 1831–1931. Hannover 1931, S. 101.
  • Architektenkammer Niedersachsen (Hrsg.): Architektur in Hannover seit 1900. Georg D. W. Callwey, München 1981.
  • Werner Durth: Deutsche Architekten. Biographische Verflechtungen 1900–1970. Friedr. Vieweg & Sohn, Braunschweig 1986.
  • Bund Deutscher Architekten, Kreisgruppe Bochum (Hrsg.): Bauen in Bochum. Schürmann & Klagges, Bochum 1986.
  • Alfons Schmidt: Hauptstadtplanung in Hannover seit 1945. (= Schriften des Institutes für Bau- und Kunstgeschichte, Band 9.) Hannover 1995, ISBN 3-931585-06-9.
  • Martin Wörner, Ulrich Hägele, Sabine Kirchhof (Hrsg.): Architekturführer Hannover. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-496-01210-2.
  • Martin zur Nedden: Moderne und Traditionalismus. Der Wiederaufbau der Stadt Bochum aus heutiger Sicht. In: Jürgen Mittag, Ingrid Wölk (Hrsg.): Bochum und das Ruhrgebiet. Großstadtbildung im 20. Jahrhundert. Klartext, Essen 2005, ISBN 3-89861-459-X, S. 281–297.

zur NS-Verstrickung:

  • Rüdiger Fleiter: Stadtbaurat Karl Elkart und seine Beteiligung an der NS-Verfolgungspolitik. In: Hannoversche Geschichtsblätter, Neue Folge, Band 60 (2006), S. 315 ff.
  • Rüdiger Fleiter: Stadtverwaltung im Dritten Reich. Verfolgungspolitik auf kommunaler Ebene am Beispiel Hannovers. (= Hannoversche Studien, Schriftenreihe des Stadtarchivs Hannover, Band 10.) (zugleich Dissertation, Universität Hannover, 2005 – unter dem Titel Die Mitwirkung der hannoverschen Stadtverwaltung an der NS-Verfolgungspolitik.) Hahn, Hannover 2006, ISBN 3-7752-4960-5.
  • Joachim Perels: Ein Machtträger der NS-Diktatur als Namensgeber in der Nachkriegsdemokratie. Probleme einer Umbenennung der Elkartallee in Hannover. In: Kritische Justiz, 41. Jahrgang 2008, S. 95–100.
  • Karl-Heinz Bannasch: Karl Elkart, Stadtrat in Spandau. Architekt mit brauner Vergangenheit. In: Berliner Abendblatt, 21. August 2010.
  • Karl-Heinz Bannasch: Unsere schöne Stadt – Karl Elkart – Stadtrat in Spandau. In: KlarSicht, Verbraucherschutzjournal für Berlin und Brandenburg, 01/2017, S. 23–26.
  • Helmut Knocke: Elkart, Karl. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 107 f. (books.google.de).
Commons: Karl Elkart – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Helmut Knocke: Elkart, Karl. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 158 f.
  2. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/7681431
  3. Joachim Perels: Ein Machtträger der NS-Diktatur als Namensgeber in der Nachkriegsdemokratie. Probleme einer Umbenennung der Elkartallee in Hannover. In: Kritische Justiz. 41. Jahrgang 2008, S. 95.
  4. Perels 2008, S. 97, zit. Fleitner, S. 139 ff.
  5. Bild (Ausgabe Hannover) vom 26. Januar 2006, S. 6.
  6. Monatshefte für Baukunst und Städtebau. 9, 1940, S. 227.
  7. Quelle: Hannoversches Biographisches Lexikon (s. Literatur, Abschnitt „außerdem online“)
  8. Stadtgartenwirtschaft in Bochum. In: Deutsche Konkurrenzen, Heft 327 (1912).
  9. Wolfgang Neß, Ilse Rüttgerodt-Riechmann, Gerd Weiß (Bearb.): Städtisches Krankenhaus „Heidehaus“ (Am Leineufer 70). In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland / Baudenkmale in Niedersachsen / Stadt Hannover. Teil 2, Band 10.2, Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Veröffentlichungen des Instituts für Denkmalpflege, hrsg. von Hans-Herbert Möller, Friedrich Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbh, Braunschweig 1985, ISBN 3-528-06208-8, S. 69.
  10. Rainer Kasties M. A.: Heidehaus. In: Stadtlexikon Hannover. S. 278 f.
  11. spd-suedstadt-bult.de Zeichen setzen für die Menschenwürde.
  12. Keine Umbenennung der Elkartallee. (Memento vom 9. Januar 2015 im Internet Archive)
  13. spd-suedstadt-bult.de (Memento vom 9. Januar 2015 im Internet Archive; PDF) Antragstext zur Umbenennung der Elkartallee in Hilde-Schneider-Allee.
  14. Hannover-Südstadt / Umbenennung der Elkartallee (Memento vom 8. Januar 2015 im Internet Archive) hannover.de, 5. Januar 2015.
  15. Elkartweg. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
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