Kanton Gartow
Der Kanton Gartow (auch Canton Gartow) war eine Verwaltungseinheit im Königreich Westphalen. Er wurde 1810 nach der Einverleibung des Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg in das Königreich Westphalen gebildet und dem Distrikt Salzwedel im Departement der Nieder-Elbe zugewiesen. Schon im März 1811 wurde das Departement der Nieder-Elbe aufgelöst und kam größtenteils an die neu geschaffenen französischen hanseatischen Departements. Der Distrikt Salzwedel kam (wieder) zum Departement der Elbe. Kantonshauptort (chef lieu) war Gartow im Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen). Nach Auflösung des Königreichs Westphalens im Oktober/November 1813 wurde die vorherige Verwaltungsgliederung wiederhergestellt.
Geschichte
Mit Dekret vom 18. August 1807 rief Kaiser Napoleon das Königreich Westphalen ins Leben. Der erste und einzige König Hieronymus Napoleon (Jérôme Bonaparte), Bruder Napoleons erhielt aber erst am 1. Dezember 1807 die volle Souveränität über sein Königreich.[2] Preußen musste 1807 im Frieden von Tilsit neben anderen Landesteilen auch die Altmark und das Herzogtum Magdeburg abtreten, die dem neuen Königreich zugeschlagen wurden. Aus diesen Gebieten wurde das Departement der Elbe gebildet, sich in vier Distrikte (Magdeburg, Neuhaldensleben, Stendal und Salzwedel) gliederte.
1810 annektierte das Königreich Westphalen das bisherige Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Aus diesen Gebieten wurde drei neue Departements gebildet, das Departement der Nieder-Elbe, das Nord-Departement (später Departement der Elbe- und Weser-Mündung genannt) und das Departement der Aller. Der Distrikt Salzwedel des Departement der Elbe wurde formal aufgelöst und im Departement der Nieder-Elbe ein neuer Distrikt Salzwedel gebildet. Im Norden wurden die Kantone Bretsch und Pollitz an den Distrikt Stendal abgegeben. Im Süden kamen die Kantone Mieste, Gardelegen (Stadt), Gardelegen (Land) und Zichtau an den Distrikt Neuhaldensleben. Dafür erhielt der Distrikt fünf neu aus Gebieten des Kurfürstentum Lüneburg gebildete Kantone, Quickborn, Lüchow, Gartow, Wittingen und Wustrow
Der im Jahre 1810 gebildete Kanton Gartow wurde im Wesentlichen aus dem Amt Gartow gebildet. Im Süden kamen noch drei Dörfer vom Amt Lüchow hinzu. Im Osten wurde das Amt Schnackenburg hinzu genommen. Nach der Division territoriale relative aux trois départements formés des anciennes provinces hanovriennes ..., das dem Königlichen Dekret vom 15. Juli 1810 beigeheftet war, bestand der Kanton Gartow aus folgenden Städten, Dörfern und Gehöften (Originalschreibweisen, wenn abweichend von der heutigen Schreibweise in kursiv):[3]
- Gartow, chef-lieu mit Quarnstedt, Dorf
- Groß Breese (Grosenbreese), Dorf, mit Lanze (Lantze), Dorf und Nemitz, Dorf
- Tobringen (Tobrüngen), Dorf, mit Vasenthien (Vasenthin), Dorf
- Trebel, Dorf mit Klautze (Clautze), Dorf und Marleben, Dorf
- Liepe mit Dünsche, Dorf und Pannecke, Dorf
- Gedelitz mit Gorleben, Dorf und Poelitz, isoliertes Haus (nicht lokalisiert)
- Meetschow, Dorf mit Laasche, Dorf, Vietze, Dorf und Brünkendorf (Brunkendorff), Dorf
- Restorf (Restorff), Dorf, mit Pevestorf (Pevestorff), Dorf
- Lomitz, Dorf, mit Prezelle, Dorf und Werrel, Vorwerk (nicht lokalisiert)
- Nienwalde (Niendorff, bis 1936 Niendorf bei Gartow)), Dorf, mit Rucksmoor (Bucksmoor), Vorwerk
- Holtorf (Holtorff, Dorf mit Kapern (Capern), Dorf
- Schnackenburg (Schnakenburg), Stadt mit Gummern, Dorf
Nach dem Werk Statistisches Repertorium über das Königreich Westphalen von Johann Georg Heinrich Hassel hatte der Kanton Gartow 1811 eine Fläche von 3,79 Quadratmeilen und zählte 6091 Einwohner.[4] Nach dem Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Westphalen von 1811 wurden der Kanton Gartow und der Kanton Quickborn zusammen verwaltet. Maire war Ludwig Heinrich Philipp von Ramdohr.[5] Die Bevölkerungszahl der beiden Kantone wurde mit 10.574 angegeben.[6][7]
Zum 3. Dezember 1812 wurde die Gemeinde Meetschow aufgelöst. Sie wurde mit dem Gemeindeteil Laasche der Gemeinde Gedelitz zugeordnet. Die Gemeindeteile Vieze und Brünkendorf wurden mit der Gemeinde Restorf vereinigt.[8]
Nach der Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 löste sich das Königreich Westphalen auf. Das Gebiet kam wieder zum Nachfolgestaat des Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, dem Königreich Hannover. Ab 1814 wurde die vorherige Verwaltungsgliederung (Amt Gartow) wiederhergestellt.
Einzelnachweise
- Special-Atlas Des Königreichs Westphalen: bestehend aus acht Departements- und einer General-Charte: 7: Charte von dem Departemente Der Elbe des Königreichs Westphalen: Auf Höchsten königlichen Befehl entworfen und herausgegeben. Verlag des geographischen Instituts, Weimar 1812 UrMEL Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek
- Königliches Decret vom 7ten December 1807, wodurch die Publikation der Constitution des Königreichs Westphalen verordnet wird. Constitution vom 15. November 1807. Bulletin des lois du Royaume de Westphalie, Band 1, S. 57–241, Cassel/Kassel 1810. Online bei Google Books S. 9.
- Division territoriale relative aux trois départements formés des anciennes provinces hanovriennes, et a la réunion de quelques autres parties. Tableau géneral à annexer au décret royal du 15 juillet 1810, inséré au Bulletin No. 26 de ladite année. 88 S. (separate Zählung) In: Bulletin des lois du Royaume de Westphalie, Band 6, Cassel/Kassel, 1810 Online bei Google Books (S. 46–49)
- Johann Georg Heinrich Hassel: Statistisches Repertorium über das Königreich Westphalen. Friedrich Vieweg, Braunschweig 1813, Online bei Google Books, S. 9.
- Stephan Freiherr von Welck: Franzosenzeit im Hannoverschen Wendland (1803–1813): eine mikro-historische Studie zum Alltagsleben auf dem Lande zwischen Besatzungslasten und Sozialreformen. 333 S., Hahnsche Buchhandlung, Hannover, 2008
- Hof- und Staats-Handbuch des Königreichs Westphalen. 352 + Register X Seiten, Gebrüder Hahn, Hannover 1811 Online bei Google Books (S. 157)
- Königlich Westphälischer Hof- und Staats-Kalender auf das Jahr 1812. 462 S., Königliche Buchdruckerei, Cassel/Kassel 1812 Online bei Google Books (S. 216/17).
- Gesetz-Bülletin. Nr. 43. Königliches Decret vom 3ten December 1812. Bulletin des lois du Royaume de Westphalie, Band 2, S. 503. Online bei Google Books