Kajak

Ein Kajak (Inuktitut: ᖃᔭᖅ, grönländisch qajaq, Plural qaannat)[1] ist ein Paddelboot mit Ursprung in der Arktis und bezeichnet einen Bootstyp, der mittels Doppelpaddel angetrieben wird und dessen Insassen in Fahrtrichtung sitzen.[2] Von der Sitzposition Langsitz aus werden die Oberschenkel seitlich im Rumpf verspreizt. Kajaks und Kanadier (kniend mit Stechpaddel) bilden die beiden wesentlichen Untergruppen von Kanus.

Inuit im Fellkajak mit Harpune auf Seehundjagd

Ursprung

Kajak von 1605/06 in der Lübecker Schiffergesellschaft

Das Kajak wurde von den Eskimos als schnelles, wendiges Boot für die Jagd entwickelt.[3] Sie bauten einen Rahmen aus Holz und Knochen, der mit Tierfellen bespannt wurde. Vor allem in Grönland wird die traditionelle Kajakbauweise noch immer angewendet, wobei die Haut heute meist aus imprägniertem Textil in robuster Leinwandbindung besteht. Zum Kajakfahren trugen die Eskimos während der kalten Jahreszeit spezielle Kajakhandschuhe mit zwei Daumen.

Die Bauweise der Kajaks unterliegt regionalen Unterschieden; in Alaska eher kurz und breit, in Grönland eher lang und schmal. Das Kajak ist traditionell ein geschlossenes Männerboot, das oben offene Frauenboot ist das Umiak. Ähnliche Boote, nämlich die Baidarkas, wurden auf den Aleuten verwendet. Eine Erfindung der Eskimos ist auch die als Eskimorolle (auch: Kenterrolle) bekannte Technik, sich beim Kentern schnell und ohne Aussteigen mit einem Paddelschlag wieder aufzurichten.

Eines der ältesten vollständig erhaltenen Kajaks befindet sich in der Schiffergesellschaft in Lübeck. Es wurde Anfang des 17. Jahrhunderts im Nordatlantik geborgen.[4]

Moderne Kajaks

Entwicklung und Verbreitung in Europa

Anfang des 19. Jahrhunderts wurden vereinzelt „Grönländer“ in Deutschland verwendet. 1860 wurde in Breslau der erste Grönländer-Club gegründet. 1866 veröffentlichte der Schotte John MacGregor A Thousand Miles in the Rob Roy Canoe on Rivers and Lakes of Europe. Vor der Erfindung des Faltbootes breitete sich das Kajak hauptsächlich in Nord- und Mitteldeutschland zum Paddeln auf Seen aus. Der Rücktransport war gegen die stärkere Strömung auf Flüssen schwierig. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war die Blütezeit der Faltboote (faltbare Kajaks aus Holz- oder Metallgerüst, mit imprägniertem Stoff bespannt). Mit der zunehmenden Motorisierung nahm ihre Notwendigkeit ab, wenngleich das Faltboot besonders bei Bahn- und Fernreisen nach wie vor Vorteile hat.

Design

Moderne Kajaks sind meist aus Polyethylen, ABS, GFK, CFK, aramidfaserverstärktem Kunststoff oder Holz gefertigt.[5] Bei Schlauchkajaks sind Kautschuk oder PVC die gängigsten Materialien. Es existieren verschiedene Typen für unterschiedliche Anwendungen und Kanusportarten, die sich in ihrer Konstruktion stark unterscheiden können (geschlossen, offen oder Sit-on-Top; Verhältnis von Länge und Breite, Form des Rumpfes). Sie sind meist für ein bis zwei Personen, im Rennsport für bis zu vier Personen ausgelegt.

Typen (Auswahl)

Wanderkajak

Wander- oder Tourenkajaks sind meist zwischen 3,50 und 5,50 Meter lang und variieren in der Breite von 50 bis 85 Zentimeter. Wanderkajaks sind als Einer, und sehr beliebt als Zweier im Standardangebot der Hersteller zu finden; ein Kind findet auch noch in vielen K2-Kajaks Platz, einige Kajaks sind speziell mit 2+1 Sitzen ausgestattet. Wanderkajaks bieten vor und hinter dem Paddler meist viel Stauraum.

Poldikajak

Das Poldikajak ist ein Kajak mit konkaver Form im Unterschiff. Der Unterschiffsquerschnitt ist ein bisschen breiter und der Kajak damit stabiler. Die Wasserströmung unter dem Boot dank der Konkavform stabilisiert die Fahrtrichtung. Das Boot wird geradläufiger, weil alle Paddelkräfte in die Fahrtrichtung umgewandelt werden, was wiederum die Geschwindigkeit des Bootes begünstigt. Die beim Paddelboot übliche „Zickzack“-Fahrt wird minimiert.

Spielboot (Rodeoboot)

Spiel- oder auch Rodeoboote genannte Kajaks sind Boote zum „Spielen“, die beim Playboating eingesetzt werden. Sie sind besonders kurz (max. 2,00 Meter) und wendig, haben meist im Raum des Cockpits das größte Volumen, damit das Kerzen (Senkrechtstellen des Boots) und damit verbundene Figuren erleichtert werden. Meistens wird auf einer Welle oder einer Walze gespielt. Spielbootfahren im Wettkampf wird Kanu-Freestyle genannt, darin werden auch Welt- und Europameisterschaften, sowie Weltcups ausgetragen.

Rennkajak

Rennkajaks oder -boote sind extra für den Leistungssport entwickelte Boote. Sie sind besonders schmal. Die Festlegung für die Länge beträgt maximal 5,20 Meter für einen Einerkajak K1. Moderne Boote sind aus Carbon und wiegen mindestens 12 Kilogramm. Im Kanurennsport werden Welt-, Europa- und deutsche sowie regionale und lokale Meisterschaften ausgetragen, und es wird an Weltcups und Olympischen Sommerspielen teilgenommen[6].

Gängige Ausrüstung

Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände sind Doppelpaddel, Schwimmweste und passendes Schuhwerk, das nicht beim Schwimmen behindert und ausreichend Schutz vor Verletzungen beim Aussteigen bietet (z. B. Wassersportschuhe oder Füßlinge). Paddler tragen spezielle Bekleidungen, die geeignet sind, sich komfortabler zu bewegen mit spezieller Funktionsunterwäsche und Paddeljacken und -hosen. Um das Kajak unsinkbar zu machen, gehören zur Ausrüstung Auftriebskörper, falls das Boot nicht durch Schotten unterteilt ist. Das Eindringen von Wasser in den Bootskörper kann durch eine Spritzdecke aus Nylon oder Neopren vermindert werden, wenn der Fahrer ausreichend mit der Bedienung vertraut ist, um beim Kentern aussteigen zu können. Viele See- und Tourenkajaks und alle Rennkajaks sind mit einem Steuer versehen, um das Boot auf Kurs zu halten. Dieses besteht aus einer Steuerflosse im Heck (entweder unter dem Heck oder hinten am Heck) und wird über einen Seilzug mit den Füßen bedient. Dieses Steuerblatt kann einziehbar sein, damit in stark verkrauteten Gewässern das Vorwärtskommen nicht behindert wird, es in flachen Gewässern nicht zur Grundberührung kommt und es dabei ggf. keinen Schaden nimmt. Besonders in Wanderkajaks, die genug Stauraum bieten, wird gerade bei längeren Touren Wechselkleidung und z. T. auch Campingbedarf mitgenommen. Es wird möglichst alles wasserdicht verpackt.

Risiken

Ein Kajak ist ein instabiles Paddelboot, das konstruktionsbedingt sehr schnell zum Umkippen neigt. Hindernisse im Wasser oder Unaufmerksamkeit können im Sekundenbruchteil zum Kentern führen. Dies geschieht oft ohne Vorwarnzeit und ist nicht ungefährlich. Vor allem bei niedrigen Wassertemperaturen kann das sehr schnell zum Überlebenskampf führen.[7][8] Es droht beim Eintauchen in kaltes Wasser der Eintauchreflex und ein Kälteschock.[9] Dies ist mit einem massiven Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks verbunden, es droht die Gefahr eines Herzstillstandes.[10][11] Die Prognose einen Herzstillstand zu überleben, ist schlecht. Immer wieder kommt es zu Unfällen, auch mit tödlichem Ausgang.[12][13][14][15][16]

Das Tragen einer Rettungsweste ist in jedem Fall zu empfehlen.[17]

Um die Risiken zu minimieren sollte in kontrollierter Umgebung (wie zum Beispiel in einem Hallenbad) in einem Kajakverein unter Aufsicht das Umkippen und Kentern geübt werden.[18]

Sprachliche Besonderheiten

Im Deutschen werden Kajaks zu den Kanus (Oberbegriff) gezählt, und es existiert im Gegensatz zu anderen Sprachen außer dem Kompositum Kajakfahrer kein spezieller Ausdruck für den Sportler in einem Kajak. (Im englischen Sprachraum heißt der Fahrer kayaker, auf Französisch kayakiste.) Außerdem existiert kein eigenes Verb zu „Kajak“, weshalb die Tätigkeit als „Kajakfahren“ oder „Paddeln“ bezeichnet wird (anders im Englischen: to kayak).

Das Wort Kajak ist ein Palindrom.

Siehe auch

Von der Seehundjagd heimkehrende Grönländer (um 1905)

Einzelnachweise

  1. Kajak, der oder das. Duden, abgerufen am 17. Februar 2022.
  2. Was ist der Unterschied zwischen Kanu und Kayak? Einfach erklärt. 17. Oktober 2018, abgerufen am 17. Februar 2022.
  3. Frank Zeilner: Kanusport - Wettkampf Freizeitsport. ISBN 978-3-902540-41-6, S. 18.
  4. Siehe Werner Neugebauer: „Der Grönländer“ – ein Eskimo-Kajak im Hause der Schiffergesellschaft zu Lübeck. In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft zu Lübeck. Band 55, 1982, S. 199–230. Es wurde 2002 vermessen, so dass es heute eine Anzahl Replicas davon gibt.
  5. Olaf Kühndel: Die Geschichte des Kajak. Abgerufen am 17. Februar 2022.
  6. Deutscher Kanu-Verband (Hrsg.): Wettkampfregeln für den Kanu-Rennsport. 2019, S. 12.
  7. Paddelrisiko Kälte. Abgerufen am 9. November 2023.
  8. Unterkühlung - Schleswiger Kanu-Club Haithabu e. V. – Schleswiger Kanu-Club Haithabu - Kanusport an der Schlei. Abgerufen am 9. November 2023.
  9. Was passiert, wenn man beim paddeln kentert? | Ole auf hro1.de. Abgerufen am 9. November 2023 (deutsch).
  10. Rudern bei tiefen Temperaturen. In: Rudertechnik und Bootstechnik. Abgerufen am 9. November 2023.
  11. Christian Tillmanns: Sturz ins Wasser: Plötzlicher Herztod. 3. Januar 2021, abgerufen am 9. November 2023.
  12. Bernd Schildwach: Kanuunfälle im Jahr 2020. Deutscher Kanu-Verband, März 2021, abgerufen am 9. November 2023.
  13. Kajakfahrer in Oberbayern tödlich verunglückt. 4. Oktober 2022, abgerufen am 9. November 2023.
  14. Kajakunfall: Kripo ermittelt nach Tod eines Elfjährigen. 22. Mai 2023, abgerufen am 9. November 2023.
  15. Dahme: Berliner Top-Manager stirbt bei Kajak-Ausflug. 4. August 2023, abgerufen am 9. November 2023 (deutsch).
  16. HCS-Content GmbH Germany: Tödlicher Bootsunfall: Kajak kentert auf Werra: Frau stirbt in Klinik - inSüdthüringen. Abgerufen am 9. November 2023.
  17. Was gibt es für Risiken beim Kanufahren? - KRUMOS Kanuvermietung. Abgerufen am 9. November 2023.
  18. Udo Beier: Unterwasserausstieg nach Kenterung 4 Fehler, die es zu vermeiden gilt. Deutscher Kanu-Verband, abgerufen am 9. November 2023.
Commons: Kayak – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kajak – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Kajakfahrer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks: Wikibuch zum Thema Kajak – Lern- und Lehrmaterialien
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