Justizanstalt Hirtenberg
Die Justizanstalt Hirtenberg ist eine Strafvollzugsanstalt in Hirtenberg in Niederösterreich. Konzipiert ist die Justizanstalt für die Unterbringung von Straftätern, die eine Haftstrafe mit einer Gesamtdauer von über 18 Monaten bis zu 6 Jahren zu verbüßen haben. Damit ist das Gefängnis in Hirtenberg zuständig für den Vollzug von Freiheitsstrafen für mittelschwere bis leichte Straftaten. Entsprechend liegt auch der Schwerpunkt der Anstalt im Arbeitsdienst und der Resozialisierung der Gefangenen.
Gemeinsam mit einer Außenstelle in Münchendorf (Außenstelle Münchendorf I, nicht zu verwechseln mit der Außenstelle Münchendorf II, die der Justizanstalt Wien-Favoriten zugehörig ist), in der bis zu 48 Häftlinge im gelockerten Vollzug untergebracht werden können, verfügt die Justizanstalt über eine Kapazität von 423 Haftplätzen, von denen am Stichtag 30. August 2007 419 belegt waren. Die Anstalt gehört damit zu den größeren Justizanstalten in Österreich und ist mit einer Auslastung von 99,05 % etwa durchschnittlich belegt.
Geschichte
Die Liegenschaft der Justizanstalt Hirtenberg, im Ursprung ein Eisenhammer, wurde ab 1839/40 für den Industriellen Eduard von Schickh zu einem Sommerwohnsitz bietenden Schlösschen umgebaut[Anm. 1] und befand sich von 1842 bis 1852 im Eigentum von Henriette Fürstin von Odescalchi geb. Gräfin Zichy-Ferraris (1800–1852),[Anm. 2] einer Schwägerin Fürst Metternichs, deren Sohn und Erbe Prinz Viktor von Odescalchi (1833–1880) sie 1854 dem k.k. Staatsärar verkaufte. Noch im selben Jahr wurde das Haus in eine (bis ca. 1875 bestehende) Fabrik zur Produktion von Schießbaumwolle umgewandelt und um diverse Baulichkeiten erweitert. Am 17. Dezember 1879 stellte das Reichskriegsministerium das nach seiner gewerblichen Nutzung renovierte Schlösschen dem K.u.k. Officierstöchter-Erziehungs-Institut Hernals als Ferienheim für dessen Zöglinge zur Verfügung.[1]
Bis 1918 war hier das 1898 von Fischau, Niederösterreich, abgewanderte k.u.k. Officierswaiseninstitut untergebracht.[2] Die Anlage wurde in jenen Jahren um das heute noch genutzte repräsentative Hauptgebäude ergänzt, und das Schlösschen im Park fand nur noch Verwendung als Isolierspital für Zöglinge. (Nach Abtragung 1972 wurde an seiner Stelle ein Zellentrakt der Justizanstalt erbaut.)[1]
Im Jahr 1920 entstand auf dem Gelände ein Staatswaisenhaus, welches aber bereits 1929 in eine Bundesanstalt für erziehungsbedürftige Mädchen umgewandelt wurde. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich wurde diese Bundesanstalt 1938 in ein Anhaltelager für Frauen umgebaut.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden in dem Gebäude russische Besatzungssoldaten untergebracht, in den Jahren von 1957 bis 1962 auch jugendliche Ungarnflüchtlinge.
Ab 1962 wurde das Gebäude erstmals als Gefängnis genutzt. Es diente als eine Außenstelle der Gefangenenhäuser I und II in Wien. Erst am 1. Januar 1974 wurde die Justizanstalt Hirtenberg zu einer selbstständigen Strafvollzugseinrichtung. Noch im selben Jahr wurde ihr die Außenstelle Münchendorf (I) als organisatorische Außenstelle angegliedert.
Im Dezember 2006 wurde eine eigene Betriebsfeuerwehr gegründet, um die schwierige Situation eingesperrter Personen im Brandfall besser handhaben zu können.
Weblinks
- Webauftritt der Justizanstalt Hirtenberg im Justizressort.
- Homepage des Bundesministeriums für Justiz
Einzelnachweise
- Fritz Hanauska: 2. Der herrschaftliche Eisenhammer (vor 1700). In: —: Heimatbuch der Marktgemeinde Hirtenberg. Marktgemeinde Hirtenberg, Hirtenberg 1980, OBV, S. 182 f.
- Kleine Chronik. (…) Das Erziehungs-Institut für Officierssöhne. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 12519/1899, 1. Juli 1899, S. 5, Mitte rechts. (online bei ANNO).
Anmerkungen
- Das von Architekt Amédée Demarteau (1809–1877) auf bereits bestehenden Fundamenten errichtete zweigeschoßige Landhaus hatte beeindruckende Außenmaße: Länge 46,5 m, Tiefe 10,4 m. – Siehe: Amédée Demarteau: Gemeinnützige Nachrichten (…) Ueber den Nutzen und die Anwendung enger Rauchschlünde, oder der sogenannten Russischen Rauchfänge, und einige Verbesserungen in ihrem Baue. In: Oesterreichisch-Kaiserliche privilegirte Wiener Zeitung, Nr. 35/1841, 4. Februar 1841, S. 263 f. (online bei ANNO). sowie Demarteau, Amédé. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007.
- Henriette von Odescalchi verstarb am 12. Dezember 1852 in diesem Haus. – Siehe: Konvokationen. (…) Aufforderung an die Verlassenschaftsgläubiger Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin Henriette v(on) Odescalchi. In: Amtsblatt zur Wiener Zeitung, Nr. 43/1853, 19. Februar 1853, S. 233, Mitte unten. (online bei ANNO).