Julius Meinl V.
Julius Lindbergh Meinl V. (* 9. Juli 1959 in Wien) ist ein seit August 2013 in Prag ansässiger Privatbankier mit britischer Staatsbürgerschaft.
Leben
Julius Meinl V. ist der Sohn von Julius Meinl IV. und seiner Frau Maria, Tochter des Kaufhaus-Miterben Paul Gerngroß. Nach dem Abschluss des Studiums der Bank- und Finanzwissenschaften an der Universität St. Gallen (HSG) im Jahre 1981 arbeitete Julius Meinl bei der Swiss Bank Corporation in London und bei Brown Brothers Harriman in New York. Er war der Erbe der Lebensmittelhandelskette Julius Meinl, die er bis auf den traditionsreichen Wiener Standort Meinl am Graben auflöste und den Handelsketten Billa, Spar und Delhaize verkaufte, die diese in ihre Konzerne eingliederten. Das Unternehmen Julius Meinl kaufte 1969 eine Bank und verschmolz sie 1979 mit ihrer Spar- und Kreditvereins-Genossenschaft zur Meinl Bank.[1] Julius Meinl V. übernahm 1983 als Vorstandsvorsitzender die Leitung der Meinl Bank. Von 1987 bis 28. Dezember 2007 war er Vorstandsvorsitzender der Bank und in dieser Funktion maßgeblich an der Expansion der Bank nach Mittel- und Osteuropa beteiligt.
Von Jänner 2014 bis 2017 war Julius Meinl, der eine jüdische Mutter und Großmutter aufweist, Präsident des EuroAsian Jewish Congress (EAJC), einer Teilorganisation des Jüdischen Weltkongresses (World Jewish Congress/WJC). Meinl sieht den Kampf gegen Antisemitismus als eine seiner Prioritäten an.[2][3] Als Präsident des EAJC ist Meinl auch im Steering Committee des WJC vertreten.[4] Im Oktober 2017 wurde er vom WJC zum Commissioner for Combating Antisemitism bestellt.[5]
Seit 2012 ist Julius Meinl V. mit Ariane Neuberger, vormals Chefin des Bank Austria Kunstforums, verheiratet.[6] Diese Heirat erfolgte nach der Scheidung 2009 von Franziska, genannt „Spängi“, Tochter des Werbegrafikers Hartwig Preuschl-Haldenburg, die vormals in einer Genfer Bank und als Fotomodell arbeitete. Sie heiratete 2015 Maximilian Prinz zu Fürstenberg, für den es auch die zweite Ehe war. Franziska verstarb 2016 im Alter von 53 Jahren und ist die Mutter von Julius VI., der am 3. Februar 1986 geboren wurde und im Londoner Bankgewerbe arbeitet. Rund zwei Monate vor dem Ableben seiner Mutter heiratete er am 2. Juli 2016 Olivia Christine Stolt-Nielsen Holten, eine Tochter der norwegischen Stolt-Nielsen-Dynastie. Zu diesem Anlass mieteten sie das Opernhaus Oslo an, das an diesem Tag ansonsten geschlossen blieb.[7][8]
Juristische Probleme seit 2007
Die Immobilienfondsgesellschaft Meinl European Land löste im Sommer 2007 heftiges Medieninteresse aus, als bekannt wurde, dass man mit den Einnahmen einer Kapitalerhöhung im Frühjahr hauptsächlich eigene Wertpapiere zurückgekauft hatte, ohne die Anleger darüber zu informieren, was gegen österreichisches Recht verstößt. Am 31. Dezember 2014 wurde gegen Julius Meinl V. und vier andere Organe der Meinl Bank Anklage wegen Untreue erhoben.[9]
Im April 2009 wurde er wegen des Verdachts auf schweren, gewerbsmäßigen Betrug, Untreue und „Provisionsschinderei“ in Wien verhaftet und in Untersuchungshaft genommen. Zwei Nächte später wurde er gegen eine Kautionszahlung von 100 Millionen Euro – österreichischer Rekord – wieder freigelassen.[10] Vier Jahre später wurden 90 Millionen zurückerstattet, da die Gesamtsumme als zu hoch eingeschätzt wurde. Der Rest der Kaution wurde 2016 aufgrund der unabsehbaren Länge des Verfahrens freigegeben.[11]
Das Vermögen der einst angesehenen Kaufmannsfamilie Meinl wurde 2008 auf 2 Milliarden Euro veranschlagt.[12]
Am 17. April 2015 wurde bekannt, dass das Oberlandesgericht Wien die Anklage gegen Julius Meinl und weitere Beschuldigte zurückgewiesen hatte.[13][14] Das Ermittlungsverfahren wurde damit wiedereröffnet.
Im Februar 2018 wurden die Ermittlungen im Zusammenhang mit einer Ausschüttung einer Sachdividende in Höhe von rund 212 Millionen Euro eingestellt. Ermittlungen wegen Anlegerbetrugs im Zusammenhang mit gewerbsmäßigen schweren Betrugs zum Nachteil von Anlegern im Zusammenhang mit Zertifikaten der Meinl European Land, bei der viele Tausende Österreicher Geld verloren haben, gehen aber weiter. Der Vorwurf lautet, Anleger mit irreführender Werbung getäuscht zu haben.[15] Im Dezember 2018 erhob die Staatsanwaltschaft Wien gegen Meinl, Peter Weinzierl und eine weitere Person Anklage wegen Untreue zum Nachteil der Meinl Bank.[16] Gegen die Anklage erhob Meinl Einspruch.[17] Im November 2019 entschied das Oberlandesgerichts Wien, dass eine Untreue nicht vorliegt, und stellte somit das Verfahren ein.[18]
Weblinks
Einzelnachweise
- WELT: Kaffee und Geldgeschäfte. 28. Dezember 2007 (welt.de [abgerufen am 22. Juli 2019]).
- Eurasisch-jüdischer Kongress: Meinl neuer Präsident, Die Presse
- WirtschaftsBlatt: Julius Meinl ist neuer EAJC-Präsident (Memento vom 3. März 2014 im Internet Archive)
- World Jewish Congress: Steering Committee (Memento vom 3. März 2014 im Internet Archive)
- World Jewish Congress: World Jewish Congress. Abgerufen am 28. Oktober 2020 (englisch).
- Julius Meinl Neue Kunstfirma mit Neo Ehefrau. In: Tageszeitung Österreich. 12. August 2015, abgerufen am 31. Juli 2016.
- Tanja Fischl: Franziska Meinl ist tot, News, 27. September 2016
- Oslo’s Opera House Closes to Private Wedding Due to Financial Woes, broadwayworld.com, 8. Juli 2016
- Anklage gegen Meinl und vier weitere Personen, Der Standard, 1. Januar 2015
- WELT: Super-Kaution: Wiener Bankier Meinl wieder auf freiem Fuß. 3. April 2009 (welt.de [abgerufen am 22. Juli 2019]).
- Julius Meinl bekommt seine Kaution zurück - derStandard.at. Abgerufen am 11. Januar 2021 (österreichisches Deutsch).
- Julius Meinl aus U-Haft entlassen, Die Presse, 3. April 2009
- Staatsanwaltschaft scheitert mit Anklage gegen Meinl, Der Standard, 17. April 2015
- "Meinl-Anklage: Zurück an den Start", "DiePresse.com", 17. April 2015
- Justiz stellt Verfahren gegen Julius Meinl ein, Die Presse, 21. Februar 2018
- Anklage wegen Untreue gegen Meinl, ORF online, 18. Dezember 2018
- Julius Meinl duelliert sich erneut mit der Staatsanwaltschaft, Die Presse online, 10. Jänner 2019
- wien ORF at/Agenturen red: Personenschutz: Keine Anklage für Meinl. 29. November 2019, abgerufen am 28. Oktober 2020.