Julian Hessenthaler

Julian Hessenthaler (* 15. November 1980[1] in Wien[2]) ist ein österreichischer Staatsbürger, der durch die Organisation des Videos bekannt wurde, das die Ibiza-Affäre auslöste. Die Affäre führte im Mai 2019 zum Bruch der österreichischen Bundesregierung.

Julian Hessenthaler (2023)

Leben

Hessenthaler besuchte ein Gymnasium bis zur letzten Klassenstufe, legte jedoch die Matura nicht ab. Anschließend nahm er Gelegenheitsjobs in der Gastronomie wahr. Später war er als Sicherheitsberater tätig. 2015 gründete er eine eigene Sicherheitsberatungsfirma in München.[3] Seit 2023 ist er für eine Immobilientreuhänderin tätig.[4] Im September 2023 wurde bekannt, dass über das Vermögen Julian Hessenthaler ein Insolvenzverfahren verhängt wurde. Die Privatinsolvenz wurde damit begründet, dass dieser aufgrund des Strafverfahrens Verbindlichkeiten aufbauen musste, die infolge der Strafhaft nicht mehr bedient werden konnten. Die Gläubiger sollen offene Forderungen in der Höhe von insgesamt 207.000 Euro geltend gemacht haben.[5]

Ibiza-Affäre

Die Ibiza-Affäre führte im Mai 2019 zum Bruch der Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ. Auslöser der Affäre war die Veröffentlichung eines von Hessenthaler produzierten Videos in den deutschen Online-Medien Süddeutsche.de und Spiegel Online. Das Video enthüllt heimlich aufgenommene Szenen der FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus. Die im Juli 2017, wenige Monate vor der Nationalratswahl, gedrehten Aufnahmen dokumentieren ein Treffen der zwei Politiker mit einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen in einer Villa auf der spanischen Insel Ibiza. Darin zeigen beide ihre Bereitschaft zur Korruption, Umgehung der Gesetze zur Parteienfinanzierung sowie zur verdeckten Übernahme der Kontrolle über parteiunabhängige Medien.

Vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Nationalrats sagt Hessenthaler am 8. April 2021 aus, dass er die Videoaufnahmen gemacht habe, da die Vorwürfe und eine Anzeige des ehemaligen Leibwächters von Strache, Ribarich, nicht zu Ermittlungen geführt hätten. Staatliche Stellen hätten „bewusst weggesehen“. Hessenthaler habe „für eine bildlich-objektive und unwiderlegliche Dokumentation“ sorgen wollen. Er selber habe das Video nicht verkauft und nicht versucht, jemanden zu erpressen.[6]

Strafverfahren

Am 10. Dezember 2020 wurde er als mutmaßlicher Drahtzieher des Videos in Berlin festgenommen, nachdem er ein Jahr lang untergetaucht war. Die österreichische Justiz legte ihm illegale Herstellung von Ton- und Filmaufnahmen sowie Kokainhandel zur Last.[7] Hessenthaler war bereits wegen Kokain-Besitzes vorbestraft. Seine Verhaftung ordnete das Amtsgericht Tiergarten jedoch nicht wegen des Vorwurfs der Herstellung oder Verbreitung des Videos an, da dieses nach spanischem Recht nicht illegal war, sondern lediglich wegen der Vorwürfe des Drogenhandels und der (versuchten) Erpressung von Strache mit dem Video.[8] Am 2. März 2021 entschied das Kammergericht Berlin, dass er nach Österreich ausgeliefert werden darf, und Hessenthaler wurde am 9. März 2021 an das Landesgericht für Strafsachen Wien überstellt[9][10].

Gegen Hessenthaler wurde ab 8. September 2021 am Landesgericht St. Pölten die Hauptverhandlung im Strafverfahren unter anderem wegen des Verdachts des Drogenhandels geführt. Hessenthaler bestritt die Vorwürfe, und der Prozess wurde aber nicht nur von Hessenthalers Anwalt Johannes Eisenberg, sondern auch in der Öffentlichkeit mit dem Ibiza-Video in Verbindung gebracht, beispielsweise von Amnesty international Österreich.[11] Im März 2022 wurde Hessenthaler zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, die Nichtigkeitsbeschwerde seines Anwalts wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.[12] Im März 2023 wurde Hessenthaler aus dem Gefängnis entlassen, seit April 2023 trägt er auch keine elektronische Fußfessel mehr.[13]

Trivia

2021 wurde Die Ibiza Affäre als vierteiliger Politthriller von Sky verfilmt. Hessenthaler wurde dabei von Nicholas Ofczarek dargestellt.[14]

Commons: Julian Hessenthaler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Julian Hessenthaler: Der Mann hinter dem Video der Ibiza-Affäre. In: correctiv.org. 16. April 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  2. Wolfgang Rössler: Julian Hessenthaler: Der Drahtzieher des Ibiza-Videos vor Gericht. In: nzz.ch. 19. März 2022, abgerufen am 8. August 2023.
  3. Ibiza-Affäre: Der Macher des Videos Julian Hessenthaler - Jung & Naiv: Folge 638 auf YouTube, 25. April 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  4. Ibiza-Video-Macher tauchte am Staffelsee unter. In: merkur.de. 26. Mai 2023, abgerufen am 8. August 2023.
  5. 13 09 2023 Um 14:48: „Ibiza-Detektiv“ Hessenthaler ist insolvent. 13. September 2023, abgerufen am 13. September 2023.
  6. Kommuniqué des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Untersuchungsausschuss) (1/US XXVII.GP), Veröffentlichung des wörtlichen Protokolls über die öffentliche Befragung der Auskunftsperson Julian Hessenthaler in der 43. Sitzung vom 8. April 2021
  7. Mutmaßlicher Drahtzieher des Ibiza-Videos in Berlin festgenommen. In: Tagesspiegel. 11. Dezember 2020, abgerufen am 9. März 2021.
  8. Presseerklärung seines Verteidigers vom 14. Dezember 2020; dies schlösse es – sofern er nicht zustimmt – aus, dass ihm zur Videoherstellung oder -verbreitung der Prozess gemacht wird.
  9. tagesschau.de: „Ibiza-Video“: Mutmaßlicher Drahtzieher wird ausgeliefert. Abgerufen am 3. März 2021.
  10. „Ibiza“-Drahtzieher Julian H. nach Österreich ausgeliefert. In: orf.at. 9. März 2021, abgerufen am 9. März 2021.
  11. Julian H.: Strafverfolgung darf nicht zur Einschränkung der Meinungsfreiheit führen. Amnesty International Österreich, abgerufen am 26. Februar 2022.
  12. Oberster Gerichtshof wies Nichtigkeitsbeschwerde von Julian Hessenthaler zurück. In: derstandard.de. 18. Oktober 2022, abgerufen am 8. August 2023.
  13. "Ibiza-Detektiv" Julian Hessenthaler inszeniert sich im Theater als Volksheld - #557 - FALTER.at. Abgerufen am 25. April 2023.
  14. Lust und Ofczarek in Serie „Ibiza Affäre“. In: ORF.at. 22. April 2021, abgerufen am 22. April 2021.
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