Johnston-Atoll

Das Johnston-Atoll (alter Name Cornwallis Island) ist ein Atoll im nördlichen Pazifik, 1150 km südwestlich von Hawaii gelegen. Die Inselgruppe gehört politisch zu den Vereinigten Staaten und wird von diesen als sogenanntes „nichtinkorporiertes Territorium“ zu den United States Minor Outlying Islands gezählt.

Johnston-Atoll
Satellitenbild des Johnston-Atolls
Satellitenbild des Johnston-Atolls
Satellitenbild des Johnston-Atolls
Gewässer Pazifischer Ozean
Geographische Lage 16° 44′ N, 169° 32′ W
Karte von Johnston-Atoll
Karte von Johnston-Atoll
Anzahl der Inseln 4
Hauptinsel Johnston Island
Landfläche 2,67 km²
Lagunenfläche 130 km²
Einwohner unbewohnt
Karte des Johnston-Atolls
Karte des Johnston-Atolls
Karte des Johnston-Atolls
Vorlage:Infobox Atoll/Wartung/HoeheFehlt

Geographie

Die 2,67 km² große Inselgruppe besteht aus den beiden stark durch den Menschen veränderten Inseln Johnston Island und Sand Island sowie den zwei künstlichen Inseln Akau im Norden und Hikina im Osten. Den Inseln ist im Nordwesten ein Korallenriff vorgelagert. Die Fläche der Lagune beträgt 130 km².[1]

Auf dem Atoll gibt es keine natürlichen Süßwasserquellen.[2] Die Hauptinsel Johnston Island zählte bis 2004 noch etwa 317 Einwohner, hauptsächlich US-Militärs, ist heute jedoch unbewohnt.

Luftbildaufnahme des Johnston Atoll und Sand Island

Das Atoll liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel, die höchste Stelle ragt nur fünf Meter aus dem Wasser empor.

Das Klima ist das ganze Jahr über heiß, trocken und windig, wobei Nordost-Passate vorherrschen.

Im 19. Jahrhundert wurden die umfangreichen Guano­ablagerungen abgebaut, die man als Dünger verwendete.[3]

Geschichte

Inbesitznahme

Das Johnston-Atoll wurde am 2. September 1796 von Kapitän Joseph Pierpoint auf der amerikanischen Brigg Sally entdeckt und 1807 von dem britischen Schiffskapitän Charles James Johnston von der HMS Cornwallis wieder gesichtet, der die Insel Cornwallis Island nannte. Am 19. März 1858 wurden die Inseln unter Berufung auf den Guano Islands Act für die USA in Besitz genommen, aber bereits am 27. Juli 1858 vom hawaiischen König Kamehameha IV. annektiert. 1898 wurde die Inselgruppe erneut ein Teil der USA, die sie von 1958 bis 1975 als Raketenstartplatz nutzten, wobei sich die Abschussrampe bei 16° 44′ 15″ N, 169° 31′ 26″ W befand.[4]

Waffentests und Kampfstofflager

Die Aurora des Atomtests Starfish Prime
Die JACADS-Anlage zum Entsorgen chemischer Kampfstoffe

Von der Johnstoninsel wurden auch Raketen für hochatmosphärische Tests von Wasserstoffbomben gestartet. So startete am 1. August 1958 im Rahmen der Operation Hardtack eine Redstone-Rakete mit einem 3,8-Megatonnen-Sprengkopf zum Zweck eines Kernwaffentests in 77,8 km Höhe. Weitere Raketen für hochatmosphärische Atombombentests wurden von der Johnstoninsel am 12. August 1958 in eine Höhe von 43 km und am 9. Juli 1962 im Rahmen der Operation Starfish Prime (als Teil der Operation Dominic) gestartet, wobei der auftretende EMP zahlreiche elektrische und elektronische Geräte auf Oʻahu (Hawaii) störte.[5]

Dieser Start hätte schon am 20. Juni 1962 durchgeführt werden sollen, doch explodierte damals die Rakete in einer Höhe von 10 km. Hierbei wurde die benachbarte Sand Island mit Plutonium kontaminiert. Bei einem Startversuch am 26. Juli 1962 explodierte die Rakete mit dem Atomsprengkopf auf der Abschussrampe, wodurch diese zerstört und das umliegende Areal mit Plutonium kontaminiert wurde. Dies führte zu einer fast vierteljährigen Pause der Experimente. Diese wurden am 16. Oktober 1962 wiederaufgenommen, wobei es abermals zu einem Fehlschlag kam. Die Rakete vom Typ Thor DSV-2E explodierte in einer Höhe von 10 km, wobei auf der Johnstoninsel auch etwas radioaktiver Niederschlag niederging.[6]

Weitere Raketen zum Zweck hochatmosphärischer Atombombentests wurden gestartet:

DatumStartraketeSprengkopfExplosionshöhe
20. Oktober 1962Strypi60 kT147 km
26. Oktober 1962Thor DSV-2E300 kT50 km
1. November 1962Thor DSV-2E300 kT98 km
4. November 1962Nike Herculeseinige kT21 km

Nachdem keine oberirdischen Kernwaffentests mehr möglich waren, wurden von der Johnstoninsel bis 1975 zahlreiche Forschungsraketen (auch für die zivile Forschung) in Höhen von bis zu 1148 km gestartet.

Die Insel diente ab 1971 als Lager für chemische Kampfstoffe wie Sarin und Agent Orange. Ende der 1980er Jahre wurde auf der Insel eine Anlage, das Johnston Atoll Chemical Agent Disposal System (JACADS), für die Verbrennung chemischer Kampfstoffe errichtet und nach Abschluss der Maßnahmen 2003 wieder demontiert.[7][8] Anfang der 1990er Jahre wurden im Atoll außerdem im Zuge der Aktion Lindwurm zuvor in der Pfalz gelagerte Chemiewaffen vernichtet.

Naturschutzentwicklung

Ende 2003 wurden die Inseln vom Militär geräumt und die Verwaltung zum 1. Januar 2004 dem U.S. Fish & Wildlife Service übertragen. Dieser schuf das Naturschutzgebiet Johnston Atoll National Wildlife Refuge und gliederte es in den Pacific Remote Islands National Wildlife Refuge Complex ein.

2005 wurde das Atoll von der General Services Administration (GSA) zum Verkauf angeboten, das Angebot jedoch aufgrund eines Environmental Impact Statements[9] zurückgezogen.

Seit 2005 ist der Johnston Atoll Airport (ICAO-Code PJON) außer Betrieb und kann nur noch für außerplanmäßige Notlandungen genutzt werden.

Seit dem 6. Januar 2009 bildet das Naturschutzgebiet des Johnston-Atolls gemeinsam mit sechs weiteren US-amerikanischen Inseln im Pazifik das Pacific Remote Islands Marine National Monument.[10]

Literatur

  • Ralph Gerard Ward (Hrsg.): American activities in the central Pacific, 1790–1870. A history, geography and ethnography pertaining to American involvement and Americans in the Pacific taken from contemporary newspapers, etc. Band 3: Gaferut to Kwajalein. Gregg Press, Ridgewood, New Jersey 1967 (englisch).
Commons: Johnston-Atoll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikimedia-Atlas: Johnston-Atoll – geographische und historische Karten

Einzelnachweise

  1. Richard W. Grigg, Charles Birkeland (Hrsg.): Status of Coral Reefs in the Pacific. Sea Grant College Program, School of Ocean and Earth Science and Technology, University of Hawaii, Juni 1997, Table 6: Summary data on miscellaneous islands and coral reefs of the Central Pacific (Nauru, Tokelau, Tuvalu, and U.S. Line and Marshall Is.), S. 12 (englisch, online in der National Sea Grant Library der University of Rhode Island [PDF; 8,3 MB]).
  2. CIA World Factbook: United States Pacific Island Wildlife Refuges: Johnston Atoll. Abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
  3. Weltatlas und Länderlexikon, Tandem-Verlag GmbH.
  4. Johnston Island. In: Jane’s Oceania Home Page. Jane Resture, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. September 2016; abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.janeresture.com
  5. Operation Dominic. In: nuclearweaponarchive.org. Abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
  6. Johnston Island – Liste aller Raketenstarts in der Encyclopedia Astronautica, abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
  7. Keith Schneider: U.S. plan to burn chemical weapons stirs public fear. In: The New York Times. 29. April 1991, abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
  8. Gregg K. Kakesako: Johnston Atoll: The end of an era. In: Honolulu Star-Bulletin. Oahu Publications Inc., 6. November 2003, abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
  9. William L. Robinson (Hrsg.): Draft Programmatic Environmental Impact Statement. Towards an Ecosystem Approach for the Western Pacific Region: From Species-based Fishery Management Plans to Place-based Fishery Ecosystem Plans. National Marine Fisheries Service, Honolulu 27. Oktober 2005 (englisch, online, (Memento vom 2. Oktober 2006 im Internet Archive) Memento vom 2. Oktober 2006 im Internet Archive [PDF; 227 kB; abgerufen am 3. Juni 2017]).
  10. U.S. Unincorporated Possessions. Johnston Atoll. In: World Statesmen.org. Abgerufen am 3. Juni 2017 (englisch).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.