John Amen

John Harlan Amen (* 15. September 1898 in Exeter, NH; † 10. März 1960 in New York City) war ein US-amerikanischer Staatsanwalt, der beim Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess die Vernehmungen der Angeklagten und Zeugen leitete.

John Amen während des Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozesses

Leben und Werk

John Amen heiratete am 25. Juli 1926 die verwitwete Marion Cleveland (1895–1977), jüngste Tochter von Präsident Grover Cleveland. Aus ihrer ersten Ehe mit William Stanley Dell brachte sie eine Tochter mit. 1928 wurde er zum Special Assistant des U.S. Attorney im Staat New York ernannt, und hatte dort bis 1942 die Verantwortung für die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. Er setzte als erster Antitrust-Gesetze zur Bekämpfung der Mafia und von anderen Banden ein.[1] Er war in diesem Amt unter dem Spitznamen Racket-Buster (Banden-Zerstörer) bekannt.[2]

Während des Zweiten Weltkriegs wurde er zum Head of the Interrogation Division der United Nations War Crimes Commission berufen und trug den Rang eines U.S. Colonel. Sein direkter Vorgesetzter war Robert H. Jackson. Amen leitete die Vernehmungen der Angeklagten und Zeugen im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher und trat bei wichtigen Zeugen selbst als Vernehmer der Anklage im Prozess auf, so z. B. bei der Zeugenaussage von Otto Ohlendorf am 3. Januar 1946.[3] Einer von Amens Mitarbeitern war der Chefdolmetscher Richard Sonnenfeldt, der ihn bei seinen eigenen Vernehmungen von Deutschen, deren Sprache er nicht beherrschte, begleitete.[4] Während der Vernehmung von Hermann Göring setzte Amen eine für ihn typische Vernehmungstaktik ein: Er stellte Göring fast ausschließlich Fragen zu Taten, für die der Anklage bereits Beweisdokumente vorlagen. Göring stritt alles unter Eid ab. Erst danach konfrontierte Amen ihn mit den von Göring selbst unterschriebenen Befehlen, deren Existenz Göring vorher noch bestritten hatte. Bei der Präsentation der Beweise im Gerichtsverfahren zitierte Amen dann zusätzlich zu den Dokumenten die Protokolle der Vernehmungen mit Görings Lügen. Zwar konnte Göring als Angeklagter nicht wegen Falschaussage belangt werden, aber seine Glaubwürdigkeit im Prozess wurde stark beschädigt.[5]

Zusammen mit seinem ehemaligen Assistenten im Staatsanwaltsbüro, Herman L. Weisman (1904–1999)[6] und einem dritten Partner gründete er nach dem Krieg die Kanzlei Amen Weisman & Butler in New York, nach dem Tode von Amen wurde daraus Finley Kumble, eine der größten amerikanischen Anwaltskanzleien der 1980er Jahre.[7] John Harlan Amen starb im Roosevelt Hospital in Manhattan.[2] Er ist zusammen mit seiner Frau im Princeton Cemetery in New Jersey begraben.[8] Ein 1951 geführtes Oral History Interview mit Amen wird von der Columbia University aufbewahrt.[9]

Literatur

  • Michael Salter: Nazi war crimes, US intelligence and selective prosecution at Nuremberg. Routledge, London 2007, ISBN 190438580X.
  • Richard Sonnenfeldt: Witness to Nuremberg. Arcade Publishing, New York 2006, ISBN 1-559-70816-6.

Einzelnachweise

  1. Sandra L. Quinn-Musgrove, Sanford Kanter: America's royalty: all the presidents' children. Greenwood Publishing Group, 1995, ISBN 0313295352, S. 134–135.
  2. John Harlan Amen Dies at 61 – Won Fame as a Racket-Buster and Led Inquiry Into Brooklyn Corruption, was a Counsel at Nuremberg. In: New York Times vom 11. März 1960, S. 25. (Nachruf)
  3. Trial of the Major War Criminals before the International Military Tribunal, Vol. IV, S. 311–355. (Band 4 der Blue Series)
  4. Richard Sonnenfeldt: Witness to Nuremberg. New York 2006, S. 11.
  5. Richard Sonnenfeldt: Witness to Nuremberg. New York 2006, S. 18–22.
  6. Eric Pace: Herman Weisman, 95, Leader in Zionist Groups. In: New York Times vom 13. März 1999.
  7. Kim Isaac Eisler: Shark Tank: Greed, Politics, and the Collapse of Finley Kumble, One of America's Largest Law Firms. Beard Books, 2004, ISBN 1587982382, S. 20.
  8. John Amen in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 2. September 2017 (englisch).
  9. John Harlan Amen: Reminiscences of John Harlan Amen: oral history, 1951. In: „Oral History Research Office Collection“, Columbia University, Katalog-Nr. NXCP86-A115.
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