Johanna Stachel
Johanna Barbara Stachel (* 3. Dezember 1954 in München) ist eine deutsche Kern- und Teilchenphysikerin sowie Hochschullehrerin für Experimentalphysik. Sie lehrt an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Im Forschungszentrum CERN in Genf erforscht sie in Experimenten mit dem Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider das „Quark-Gluon-Plasma“; zudem ist sie Sprecherin des BMBF-Forschungsschwerpunkts ALICE. Von 2012 bis 2014 war sie außerdem Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Forschungsschwerpunkte
Stachel konzentriert sich bei ihrer Forschung auf das Verständnis der Kollisionen von Atomkernen mit ultra-relativistischen Energien. Dies bedeutet, dass die Atome mit nahezu Lichtgeschwindigkeit kollidieren, und die Relativitätstheorie eine wichtige Rolle spielt. Als Teil des ALICE-Experiments am Large Hadron Collider am CERN in Genf studiert sie das Quark-Gluon-Plasma und forscht an der Entwicklung der Detektoren, die diese Experimente der Teilchenphysik möglich machen.[1]
Karriere
Johanna Stachel besuchte bis zum Abitur 1972 das Spohn-Gymnasium in Ravensburg,[2] studierte an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz bis 1978 Chemie und Physik und wurde dort 1982 mit der Arbeit Die neutronenreichen Rutheniumisotope, ein Übergangsgebiet zwischen sphärischen und asymmetrisch deformierten Kernen zur Dr. rer. nat. promoviert. Von 1983 bis 1996 war sie, zuletzt als Professorin, an der SUNY at Stony Brook im US-Bundesstaat New York und dem nahen Brookhaven National Laboratory tätig.
1996 folgte sie einem Ruf an die Universität Heidelberg. 2003–2005 wirkte sie als Dekanin der Fakultät für Physik und Astronomie der Universität Heidelberg. Bis 2012 hatte sie weiterhin das Amt der Vize-Dekanin inne und wirkte als Aufsichtsführende Redakteurin für Nuclear Physics A (Elsevier).
Seit 2000 ist sie Projektleiterin des Projekts „ALICE Transition Radiation Detector“ und sitzt außerdem im Vorstand des ALICE-Experiments.[1]
Für ihre zweijährige Amtszeit von 2012 bis 2014 als Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft nahm sie sich außerdem vor, für die Notwendigkeit der Grundlagenforschung zu werben und somit die Wertschätzung der Forschung zu fördern. Außerdem war es ihr ein Anliegen, den Physikunterricht in Schulen zu fördern.[3] Sie warnte in diesem Zusammenhang auch vor dem Mangel an Physiklehrern in deutschen Schulen.[4] Während ihrer Karriere hielt sie über 150 Vorträge bei internationalen Workshops und Konferenzen und wirkte bei über 100 Seminaren und Kolloquien mit.[1]
Ämter und Ehrenämter
Stachel war und ist Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Beiräten und Komitees.[5] Sie sitzt im Beirat der Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung und saß im Aufsichtsrat des Karlsruher Instituts für Technologie und im Universitätsrat der Universität Heidelberg.
2011 wurde Johanna Stachel für die Amtszeit 2012–2014 zur Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft gewählt.[6]
In der Funktionsperiode 2018 bis 2023 war sie Mitglied des Universitätsrates der Technischen Universität Wien.[7][8] Für die Funktionsperiode 2023 bis 2028 wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.[9]
Ehrungen
- 1986: Sloan Research Fellow
- 1988: Presidential Young Investigator Award
- 1997: American Physical Society, Fellow
- 1998: Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, außerordentliche Mitgliedschaft
- 1999: Bundesverdienstkreuz am Bande
- 2001: Lautenschläger-Forschungspreis
- 2012: Ordentliches Mitglied der Academia Europaea[10]
- 2014: Lise-Meitner-Preis
- 2014: Ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
- 2015: Mitglied der Leopoldina[11]
- 2019: Stern-Gerlach-Medaille[12]
- 2021: Bundesverdienstkreuz 1. Klasse[13]
- 2022: Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
Ehrenmitgliedschaft
Sie hat am 28. März 2014 beim Physikalischen Verein die Ehrenmitgliedschaft erhalten.[14] Sie ist gleichzeitig die erste Frau, die die Ehrenmitgliedschaft beim Physikalischen Verein verliehen bekam.
Weblinks
- Dirk Dubbers, Johanna Stachel, Ulrich Uwer: Energiewende Fakten, Missverständnisse, Lösungen – ein Kommentar aus der Physik
- Homepage an der Universität Heidelberg
- Veröffentlichungen bei arXiv.org
- Literatur von und über Johanna Stachel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Google-Scholar-Profil
Einzelnachweise
- Johanna Stachel: Prof. Johanna Stachel. Abgerufen am 8. März 2017.
- spohnline-Archiv: Ehemalige Spohnler in der Presse
- Johanna Stachel ist Einsteins Erbin. (tagesspiegel.de [abgerufen am 8. März 2017]).
- Heike Schmoll: Bildungspolitik: Problemfall Physiklehrer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 1. April 2014, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 8. März 2017]).
- ausführliche Liste siehe Lebenslauf auf ihrer Homepage
- Meldung der Universität Heidelberg
- derStandard.at: Uni-Räte sind jetzt fast komplett. Artikel vom 30. April 2018, abgerufen am 2. Mai 2018.
- Universitätsrat TU Wien (Memento vom 2. Mai 2018 im Internet Archive). Abgerufen am 3. Mai 2018.
- Neuer Universitätsrat der TU Wien konstituiert. In: tuwien.ac.at. 31. März 2023, abgerufen am 2. April 2023.
- Mitgliederverzeichnis: Johanna Stachel. Academia Europaea, abgerufen am 20. Juli 2017 (englisch, mit biographischen und anderen Informationen).
- Mitgliedseintrag von Prof. Dr. Johanna Stachel (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 11. Juni 2016.
- Preisträgerinnen und Preisträger. Abgerufen am 1. Februar 2019.
- Bundesverdienstkreuz für Prof. Dr. Johanna Stachel auf baden-wuerttemberg.de, 3. Dezember 2021, abgerufen am 24. April 2022.
- Physikerin Stachel geehrt: Da urknallten die Sektkorken. Archiviert vom am 13. April 2014; abgerufen am 11. April 2014.