Johann Friedrich Raeder

Johann Friedrich Raeder (* 4. Mai 1815 in Elberfeld (heute Stadtteil von Wuppertal); † 4. März 1872 ebenda) war ein deutscher Kaufmann und Kirchenlieddichter.

Leben

Johann Friedrich Raeder war zunächst Angestellter in einem Handelshaus und wurde später selbständiger Kaufmann. Er gründete und leitete den örtlichen Handwerkergesangverein. Er wurde bekannt durch das von ihm 1845 gedichtete Lied „Harre, meine Seele“, das in vielen evangelischen Gesangbüchern sowie verschiedenen Liederbüchern kirchlicher Gemeinschaften und Freikirchen enthalten ist. Das Lied hatte ursprünglich nur zwei Strophen (eine dritte Strophe wurde später durch Carl Brockhaus (* 1822; † 1899) hinzugefügt) und nimmt einen Bibelvers aus den Psalmen auf („Harre des HERRN! Sei getrost und unverzagt und harre des HERRN!“, Psalm 27, 13–14; ähnlich Ps. 42,6: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist“).

Der Anlass für dieses Lied war allerdings kein kirchlicher: Durch ein Risikogeschäft im Indigo-Handel war Raeder wirtschaftlich angeschlagen. Er fand so die Kraft zum Durchhalten und sah es selbst als Wunder, dass die im Voraus bezahlten Handelsgüter eintrafen und ihm der Ruin erspart blieb.

Veröffentlichung

Das Raedersche Lied wurde von César Malan vertont und bald darauf in das Deutsche Evangelische Kirchen-Gesangbuch (nach 1853 in den einzelnen Landeskirchen zu unterschiedlichen Erscheinungsjahren und in unterschiedlichem Umfang herausgegeben) aufgenommen, dort allerdings nicht in den Stammteil, sondern in die verschiedenen Anhänge (z. B.: Evangelisches Gesangbuch für Ost- und Westpreußen, Königsberg in Pr., 1897, Abschnitt VI: Geistliche Volkslieder, Nr. 583) und ebenfalls in das Evangelische Militärgesangbuch (Anhang Nr. 13). Auch im Allgemeinen evangelischen Gesangbuch (AEG ab 1906, später DEG ab 1915), das bis 1950 in Gebrauch war, fand das Lied seinen Platz im Anhang. Das Evangelische Kirchengesangbuch (EKG, 1950 bis 1993) verzeichnete das Lied genauso wenig im Stammteil, der Text war im Anhang Lieder für besondere Zeiten und Anlässe unter „Liedgebete“ abgedruckt; einige Landeskirchen nahmen es jedoch in die Lieder des Regionalteils des EKG auf. Im aktuellen Evangelischen Gesangbuch (EG) ist das Lied ebenfalls nicht im Stammteil vertreten, jedoch in 10 der 14 Regionalausgaben. Durch Auswanderer wurde das Lied u. a. auch in den USA bekannt und fand dort Aufnahme in die American Lutheran Hymnals.

Nachwirkung

Das in persönlicher Not geschriebene Lied hat sich seit seiner Entstehung bis in die jüngste Zeit großer Popularität in christlichen Kreisen erfreut; heute hat es einen häufigen Platz bei Beerdigungen.[1] Auch soll es z. B. eines der Lieblingslieder Albert Schweitzers gewesen sein.[2] Nach Mitteilung des Gefängnisseelsorgers trat der 1946 wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilte Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel seinen letzten Gang mit Raeders Lied auf den Lippen an; Keitel hatte im Gefängnis zum Glauben an Christus gefunden.[3]

Literatur

  • Harre, meine Seele (Liedtext mit Noten).
  • Allgemeines evangelisches Gesangbuch. Einheitliches Kirchen- und Schulgesangbuch für das evangelische Deutschland, Berlin 1906, Anhang: Geistliche Lieder Nr. 13 (entspricht Nr. 383 der durchlaufenden Nummerierung).
  • Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe Baden/Elsass/Lothringen, Bayern/Thüringen, Hessen-Nassau, Kurhessen-Waldeck, Niedersachsen/Bremen, Nordelbien, Oldenburg, Österreich, Pfalz, Württemberg; unter: Beigaben zur Liederkunde. Die Dichter und Komponisten.
  • Carl Bertheau: Raeder, Johann Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 27, Duncker & Humblot, Leipzig 1888, S. 122.
  • Walter Schulz: Reichssänger. Schlüssel zum deutschen Reichsliederbuch. Ott, Gotha 1930 (mit Bild).

Einzelnachweise

  1. Christian Stäblein: Predigt über Markus 4,35-41 und das Lied Harre, meine Seele (Singt Jubilate 140) im Gottesdienst im Berliner Dom. 10. Februar 2019, abgerufen am 10. Mai 2021.
  2. Die Zeit (Hrsg.): Albert Schweitzer. In Lambarene vollendete sich seine charismatische Diakonie. 10. September 1965 (zeit.de).
  3. Tim Townsend: Letzte Begegnungen unter dem Galgen. ein amerikanischer Militärseelsorger erlebt die Nürnberger Prozesse. SCM-Verlag, Holzgerlingen 2014, ISBN 978-3-7751-5634-9, S. 300.
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