Johann Czermak (Pilot)

Leben

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges

Johann Czermak wuchs auf als Sohn des Besitzers des in Ising gelegenen dortigen Schlossgutes, Leopold Czermak,[2] einem Major[1] und späterem Bezirksführer des Bundes Bayern und Reich.[3]

Wenige Tage nach Beginn des Ersten Weltkrieges unterbrach Czermak sein Studium und trat am 6. August 1914 als Kriegsfreiwilliger des Deutschen Heeres in die Kraftfahr-Ersatzabteilung ein, wo er ab dem 14. Mai 1915 als Kraftfahrer bei der Feldflieger-Abteilung 2 b (FFA 2 b) eingesetzt wurde. Am 21. Oktober des Jahres begann er in der Fliegerersatzabteilung (Fea) auf dem Flugplatz Schleißheim seine Ausbildung als Flugzeugführer. Am 30. Juli 1916 wurde ihm das Flugzeugführerabzeichen verliehen, am 30. September 1916 wurde er zum Leutnant der Reserve befördert.[1]

Nach weiteren Stationen wurde Czermak am 1. Mai 1917 zunächst als Kampfeinsitzer-Flugzeugführer eingesetzt.[1] Im Juli des Jahres wurde er Mitglied des von Manfred von Richthofen kommandierten Jagdgeschwaders 1 und konnte – wie Richthofens Adjutant Karl Bodenschatz aufzeichnete und in seiner patriotischen Schrift Jagd in Flanderns Himmel publizierte – schon am 28. Juli 1917 seinen ersten „Sieg“ beim belgischen Meulebeke verzeichnen.[4]

Vom 15. November 1917 bis 26. November 1917 war Czermak stellvertretender Führer der Jagdstaffel 6.[5] Später war Czermak unter anderem ab dem 10. Januar 1918 als Führer der Jagdstaffel 32 (Jasta 32) eingesetzt.[1] Gegen Kriegsende war er für kurze Zeit Mitglied der Jagdstaffel (Jasta) 11.[2]

In der Weimarer Republik

Frühe Luftbildfotografie aus dem Protokollbuch der Traunsteiner akademischen Studiengenossenschaft, zum Jahr 1920 handschriftlich untertitelt „Traunstein aus dem Flugzeug. Aufnahme v. (Graf = gestrichen) Czermak, Ising

Infolge der Restriktionen des Vertrages von Versailles trug Czermak in der Weimarer Republik seinen Dienstgrad als Leutnant lediglich a. D. Dennoch war der ehemalige Jagdflieger laut dem im Stadtarchiv Traunstein vorliegenden Gästebuch der Familie Czermak schon zu Beginn der Weimarer Republik und spätestens erstmals am 25. oder 26. April 1920 als „Hans [mit] Dolli Schuster und Leutnant Rudolf Stark im Flugzeug“ unterwegs, während weitere Flüge Anfang Mai des Jahres notiert wurden. Aus dieser Zeit stammen mutmaßlich die später als Ansichtskarten vervielfältigten Luftbildaufnahmen, die Hans Czermak oder einer seiner Mitflieger von Traunstein fertigten. Eine im Gästebuch eingefügte Luftbildaufnahme ist handschriftlich untertitelt „Traunstein aus dem Flugzeug. Aufnahme v. (Graf = gestrichen) Czermak, Ising.“[2]

Die fünf Czermak zugeschriebenen Aufnahmen aus dem Flugzeug stellen nach früheren Ballonaufnahmen aus dem Jahr 1913 die ältesten bekannten Luftbildfotografien der Stadt Traunstein dar. Die Bilder dienten später als Vorlage für die Ansichtskarten der Flugphoto-Verlagsgesellschaft mit Sitz in München und wurden noch mindestens bis 1935 postalisch verwendet.[2]

Hans Czermak war der Schwager des Freikorps- und späteren NSDAP-Mitgliedes Max Neunzert. Zudem war Czermak in den durch den Personenkreis um den späteren SA-Mann Hans Schweighart verübten Fememord an dem Dienstmädchen Maria Sandmayer verwickelt,[6] die ein Waffenlager der Einwohnerwehr anzeigen wollte und anschließend am 6. Oktober 1920 erdrosselt im Forstenrieder Park bei München aufgefunden wurde.[7]

Im unmittelbaren Kontext dazu steht Schloss Ising: Der Stammsitz der Czermaks diente zeitweilig als eines der wichtigsten Waffenlager Bayerns – und Hans Czermak war – ebenso wie sein Schwager Neunzert – in Waffengeschäften tätig.[3]

Czermak selbst starb am 10. Februar 1928,[2] unverheiratet,[1] im Alter von nur 31 Jahren.[2]

Literatur

  • Horst G. W. Nusser: Konservative Wehrverbände in Bayern, Preussen und Österreich : 1918–1933 (= Moderne Geschichte, Bd. 1), zugleich Dissertation 1973 an der Universität München, Hauptband, München: Nusser, 1990, ISBN 978-3-88091-249-6 und ISBN 3-88091-249-1, S. 138 u.ö.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
Commons: Johann Czermak (Offizier, 1896) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Harald Potempa: 10. Jan. – 23. Juli 1918, in ders.: Die Königlich-Bayerische Fliegertruppe 1914–1918 ( = Europäische Hochschulschriften, Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, Bd. 727), zugleich Dissertation 1995 an der Universität München, Frankfurt am Main; Berlin; Bern; New York; Paris; Wien: Lang, 1997, ISBN 978-3-631-30508-9 und ISBN 3-631-30508-7, S. 577; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. Franz Haselbeck: Ein Zufallsfund / Alte Luftaufnahme im Protokollbuch der »Traunsteiner akademischen Studiengenossenschaft«, digitalisierte Artikel auf der Seite des Traunsteiner Tagblatts, Jahrgang 2013 Nummer 27 vom 6. Juli 2013, zuletzt abgerufen am 15. August 2018
  3. Carlos Collado Seidel: In geheimer Mission für Hitler und die Bayerische Staatsregierung. Der politische Abenteurer Max Neunzert zwischen Fememorden, Hitler-Putsch und Berlin-Krise, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 50 (2002), Heft 2, S. 201–236; als PDF-Dokument von der Seite des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ)
  4. Karl Bodenschatz: Jagd in Flanderns Himmel. Aus den 16 Kampfmonaten des Jagdgeschwaders Freiherr von Richthofen. Nach den Aufzeichnungen Karl Bodenschatz. Eingeleitet von Hermann Göring, mit einem Anhang: Kriegstagebuch des Jagdgeschwaders 1, 213 Seiten mit 95 Abbildungen auf Tafeln, 4 Faksimiles im Text und 2 Kartenskizzen, München: Knorr & Hirth, 1935; in der englischen Übersetzung von Jan Hayzlett: Hunting with Richthofen Jagd in Flanderns Himmel: The Bodenschatz Diaries: Sixteen Months of Battle with JG Freiherr von Richthofen No. 1, second Edition, London: Grub Street, The Basement, 1996, ISBN 1-898697-97-3, p. 30, 140; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  5. Over the Front (in englischer Sprache), Volume 3, edited by League of World War I Aviation Historians, 1988, p. 10, 17; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  6. Ulrike Claudia Hofmann: „Verräter verfallen der Feme!“ Fememorde in Bayern in den zwanziger Jahren, zugleich Dissertation 1998/99 an der Universität Bamberg, Köln; Weimar; Wien: Böhlau, 2000, ISBN 978-3-412-15299-4, passim; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  7. Ulrike Claudia Hofmann: Fememorde, publiziert am 15. Mai 2006 auf der Seite des Historischen Lexikon Bayerns
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