Jacques Boucher de Perthes

Jacques Boucher de Crèvecoeur de Perthes [buˈʃe dəˈpɛʀt] (* 10. September 1788 in Rethel, Département Ardennes; † 5. August 1868 in Abbeville) war Zollinspektor und Kommandant über ein kleines Geschwader Schaluppen der Küstenwache.[1] Als einer der ersten Wissenschaftler vertrat er seit den 1840er Jahren ein eiszeitliches und irrtümlich sogar bis ins Tertiär reichendes Alter menschlicher Werkzeuge. Er wurde durch die Entdeckung „vorsintflutlicher“ Artefakte aus Feuerstein in den Kiesgruben Menchecourt-lès-Abbeville und Moulin Quignon bei Abbeville (Picardie, Nordfrankreich) bekannt, die ab etwa 1860 allgemein anerkannt wurden.

Jacques Boucher de Perthes

Archäologische Entdeckungen

1838 fand Boucher de Perthes in den Kiesen der Somme und bei der Ausbaggerung des Sommekanals altsteinzeitliche Faustkeile und jungsteinzeitliche Steinbeile sowie Knochen ausgestorbener Tiere. 1847 verwendete er zu deren Datierung erstmals die stratigraphische Position. Seine Veröffentlichungen von 1846 stießen jedoch auf Ablehnung, da nach der Katastrophentheorie, die Georges Cuvier 1769–1832 aufgestellt hatte, der Mensch erst nach der Sintflut und somit vor etwa 6000 Jahren erschaffen worden sei. Boucher de Perthes’ Publikationen darüber (zuerst 1847) enthalten allerdings sowohl Artefakte als auch unmodifizierte Kiesel.

Faustkeil von Menchecourt-lès-Abbeville, ausgestellt auf der Weltausstellung von 1867

Ein Umbruch bahnte sich 1855 ausgerechnet durch einen seiner Gegner an, den Geologen Marcel Jérôme Rigollot (1786–1854) aus dem nahen Amiens – der andere war Albert Gaudry. Seine 35-jährige Sammeltätigkeit in den Kiesgruben von Saint-Acheul, einem damaligen Vorort von Amiens (heute im Stadtgebiet) sollte Boucher de Perthes widerlegen. Doch die Feuersteingeräte, die er fand, überzeugten auch Rigollot von der Gleichzeitigkeit früher Menschen und ausgestorbener Tierarten. Ab 1858 kamen englische Wissenschaftler (darunter John Evans, Hugh Falconer und Joseph Prestwich) nach Abbeville und stellten sich nach der Besichtigung der Funde und Fundstellen auf seine Seite. Sie hatten, wie auch William Pengelly, bei sorgfältigen Ausgrabungen in der Kents Cavern ähnliche Funde gemacht, die in England das „vorsintflutliche“ Alter des Menschen und seine Koexistenz mit ausgestorbenen Tieren etablierten.

Nach dem Fundort Saint-Acheul benannte Gabriel de Mortillet später das Acheuléen.

Boucher de Perthes veröffentlichte auch Romane, Reisebücher, Tragödien, Bücher über Ökonomie und Philanthropie und war einer der Gründer der Société d’Émulation in Abbeville, in deren Abhandlungen er veröffentlichte. Er wurde zum Offizier der Ehrenlegion ernannt.

Das Musée Boucher-de-Perthes liegt in Abbeville.

Schriften (Auswahl)

Grab
Grab
Museum in Abbeville
Museum in Abbeville
  • Antiquités celtiques et antédiluviennes. Mémoire sur l’industrie primitive et les arts à leur origine. 3 Bände. Treuttel et Wurtz u. a., 1847–1857–1864, (Digitalisat Bd. 1, Digitalisat Bd. 2, Digitalisat Bd. 3).
  • De l’homme antédiluvien et de ses œuvres. Jung-Treuttel u. a., Paris 1860, (Digitalisat).

Literatur

  • Claudine Cohen, Jean-Jacques Hublin: Boucher de Perthes. 1788–1868. Les origines romantiques de la préhistoire. Belin, Paris 1989, ISBN 2-7011-1038-6.
Commons: Jacques Boucher de Crèvecœur de Perthes – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Boucher de Perthes: Les Masques : Biographie sans nom. Portraits de mes Connaissances dédiés á mes amis. Band 2. Jung-Treuttel u. a, Paris 1861, S. 487–493.
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