Jürgen Nöldner

Jürgen Nöldner (* 22. Februar 1941 in Berlin; † 21. November 2022 ebenda) war ein deutscher Fußballspieler sowie späterer Sportjournalist und Buchautor. Der offensive Mittelfeldspieler absolvierte zwischen 1960 und 1969 30 Partien für die DDR-A-Nationalmannschaft. Er schoss während seiner Länderspielkarriere insgesamt 16 Tore. Darunter war das schnellste DDR-Länderspieltor in der 1. Minute des WM-Qualifikationsspieles gegen Österreich am 31. Oktober 1965.

Jürgen Nöldner
Nöldner (rechts) beim Spiel Vorwärts Berlin
gegen Motor Jena im Frühjahr 1962
Personalia
Geburtstag 22. Februar 1941
Geburtsort Berlin, Deutsches Reich
Sterbedatum 21. November 2022
Sterbeort Berlin, Deutschland
Größe 176 cm
Position Mittelfeld
Junioren
Jahre Station
1949–0000 Sparta Lichtenberg
0000–1957 Turbine BEWAG Berlin
1957–1959 ASK Vorwärts Berlin
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1959–1973 ASK / FC Vorwärts Berlin /
FC Vorwärts Frankfurt/Oder
285 (88)
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1960–1962 DDR U-23 3 0(2)
1963–1967 DDR Olympia 11 0(4)
1961–1962 DDR B 3 0(0)
1960–1969 DDR 30 (16)
1 Angegeben sind nur Ligaspiele.

Herkunft

Nöldner wurde während der NS-Herrschaft im 2. Jahr des Zweiten Weltkrieges in der Reichshauptstadt Berlin geboren. Als er drei Jahre alt war, wurde sein Vater – der Widerstandskämpfer Erwin Nöldner, nach dem heute in Berlin-Rummelsburg der Nöldnerplatz und die Nöldnerstraße benannt sind – von den Nationalsozialisten hingerichtet.[1]

Sportliche Laufbahn

Jugend

Jürgen Nöldners Laufbahn begann bei Sparta Lichtenberg und Turbine BEWAG Berlin. Auch für die 15. Grundschule Berlin-Lichtenberg ging er auf Torejagd.[2] 1957 wurde er mit der Jugendmannschaft des ASK Vorwärts Berlin Meister und Pokalsieger der DDR. 1959 erreichte er mit Vorwärts auch im Juniorenbereich das Double aus Meisterschaft und Pokal. Danach wurde er in das Oberligakollektiv übernommen.

DDR-Oberliga

Für den ASK / FC Vorwärts Berlin sowie nach der Verlegung der Armeefußballer nach Frankfurt/Oder zum 1. August 1971 für den FC Vorwärts Frankfurt/Oder ging die „Kuppe“ genannte Offensivkraft in der höchsten Spielklasse des DDR-Fußballs erfolgreich auf Torejagd. Am Ende seiner Erstligakarriere hatte Nöldner von 1959 bis 1973 insgesamt 285 Einsätze in der Oberliga bestritten und dabei 88 Tore erzielt.[3] Damit gehört er zu den 30 erfolgreichsten Torschützen in der ostdeutschen Erstligahistorie.[4]

Zu seinem ersten Oberligaeinsatz kam Nöldner am 27. September 1959, dem 18. Spieltag der laufenden Saison. In dem Spiel beim SC Einheit Dresden erzielte er mit dem 3:1-Endstand für seine Mannschaft zugleich sein erstes Oberligator. Fünfmal wurde er mit der Mannschaft zwischen 1959 und 1969 DDR-Meister und einmal FDGB-Pokalsieger, wobei er im Finale 1970 mit seinem Tor zum 4:2 gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig in der 86. Minute die endgültige Entscheidung herbeiführte. Seine spielerischen Leistungen brachte ihm den Ruf eines „Puskás der DDR“ ein.[5]

Auswahleinsätze

Sein größter internationaler sportlicher Erfolg war der Gewinn der olympischen Bronzemedaille bei den Sommerspielen 1964 in Tokio mit der Olympiaauswahl der DDR, die unter gesamtdeutscher Flagge antrat. Neben dem im Finale fehlenden Klaus Urbanczyk sowie Otto Fräßdorf und dem viermal erfolgreichen Henning Frenzel gehörte er zu den tragenden Kräften des ostdeutschen Teams. In fünf der sechs Endrundenspiele wurde der Vorwärts-Akteur eingesetzt und erzielte zwei Tore. Das Turnier hätte er aufgrund eines Bandwurms und der daraus resultierenden Formkrise beinahe verpasst.[1] Insgesamt war er für die Olympiaauswahl elfmal (vier Treffer) am Ball.

Mit der A-Nationalelf konnte sich Nöldner nicht für eine WM- oder EM-Endrunde qualifizieren. In 30 beziehungsweise nach FIFA-Lesart 29 Länderspielen traf er 16-mal ins gegnerische Tor.[6] Nur fünf Spieler waren erfolgreicher im DDR-Auswahldress.[7]

Berufliche Laufbahn

Jürgen Nöldner (Bildmitte) im Jahr 1987

Nach Beendigung der sportlichen Laufbahn 1973 arbeitete Jürgen Nöldner als Sportjournalist, zunächst beim Deutschen Sportecho. Später wechselte er zur fuwo – Die neue Fußballwoche.[1] Beim Verbandsorgan des DFV war der Ex-Nationalspieler in Nachfolge von Klaus Schlegel, zunächst ab Ende 1984 auf Interimsbasis, von 1985 bis 1990 als Chefredakteur tätig. Innerhalb seiner Tätigkeit für den Sportverlag Berlin, in dem fuwo und Sportecho erschienen, war er 1986 und 1988 auch an den WM- und EM-Büchern des Hauses beteiligt. Nach der Wende ging er zum Kicker Sportmagazin. Dessen in Berlin ansässige Nordost-Redaktion leitete er nach der Pensionierung Horst Friedemanns ab 1997 bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben im Sommer 2006. Im Alter von 81 Jahren starb Nöldner in seiner Heimatstadt Berlin.[8]

Trivia

Der Linksfuß erzielte das schnellste Tor der ostdeutschen Länderspielgeschichte – ausnahmsweise mit dem rechten Fuß.[5] Im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am 31. Oktober 1965 gelang dem Vorwärts-Akteur in der 1. Minute der 1:0-Siegtreffer.

Nöldner hatte in der NVA den Dienstgrad eines Hauptmanns[9] und war Mitglied der SED.[10]

1963 kürten die Oberligatrainer ihn in einer Umfrage der Zeitung Deutsches Sportecho zum besten halblinken Stürmer der abgelaufenen Spielzeit.

Im Jahre 1966 wurde Nöldner in der DDR zum Fußballer des Jahres gewählt.

Im Vorfeld des 40. Geburtstages der DDR wurde er an der Seite von Manfred Kaiser, Günter Schröter und Dieter Erler ins Mittelfeld des „Allstar-Teams ‚DDR 40‘“ gewählt, das im Mai 1989 beim Fußballfest des DFV in Ost-Berlin vorgestellt wurde. Unter den Einzelspielern hatte der frühere Vorwärts-Akteur bei der Umfrage nach dem „Fußballer DDR 40“ den 10. Rang belegt.

Literatur

  • Bernd Rohr, Günter Simon: Fussball-Lexikon. Verlag Copress, München 1991, ISBN 3-7679-0330-X, Seite 264.
  • Bernd Rohr, Günter Simon: Fussball-Lexikon. Verlag Copress, München 1993, ISBN 3-7679-0410-1, Seite 286.
  • Andreas Baingo, Michael Hohlfeld: Fußball-Auswahlspieler der DDR. Das Lexikon. Sportverlag Berlin, Berlin 2000, ISBN 3-328-00875-6, Seite 125/126.
  • Michael Horn, Gottfried Weise: Das große Lexikon des DDR-Fußballs. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004, ISBN 3-89602-536-8, Seite 254/255.
  • Lorenz Knierim, Hardy Grüne: Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs. Spielerlexikon 1890-1963. AGON Sportverlag, Kassel 2006, ISBN 3-89784-148-7, Seite 278.
  • Hanns Leske: Die DDR-Oberligaspieler. Ein Lexikon. AGON Sportverlag, Kassel 2014, ISBN 978-3-89784-392-9, Seite 356/357.

Einzelnachweise

  1. Steffen Rohr: Tschüss, „Kuppe.“ In: kicker Sportmagazin. 24. November 2022, Seite 31.
  2. Steffen Rohr: „Ich bin nirgends falsch abgebogen“: Jürgen „Kuppe“ Nöldner wird 80! kicker.de, 23. Februar 2021, abgerufen am 25. November 2022.
  3. Matthias Arnhold: Jürgen Nöldner – Matches in Oberliga. RSSSF.org, 28. März 2012, abgerufen am 20. Januar 2020 (englisch).
  4. Sorin Arotaritei and Matthias Arnhold: East Germany – Topscorers. RSSSF.org, 29. Mai 2019, abgerufen am 20. Januar 2020 (englisch).
  5. Steffen Rohr: Jürgen Nöldner: „Ich hab' nicht jedem gepasst.“ kicker.de, 18. Dezember 2020, abgerufen am 25. November 2022.
  6. Matthias Arnhold: Jürgen Nöldner – Goals in International Matches. RSSSF.org, 16. Januar 2020, abgerufen am 20. Januar 2020 (englisch).
  7. Matthias Arnhold: Goalscoring for East Germany National Team (according to former GDR Federation). RSSSF.org, 10. Januar 2020, abgerufen am 20. Januar 2020 (englisch).
  8. Steffen Rohr: Als Fußballer begnadet, als Mensch bescheiden: Zum Tod von Jürgen Nöldner. kicker.de, 21. November 2022, abgerufen am 25. November 2022.
  9. Berliner Zeitung, 29. März 1973, Seite 7.
  10. Neue Zeit, 18. Dezember 1989, Seite 8.
Commons: Jürgen Nöldner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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