Iwi

Ein Iwi [ˈiwi] („Stamm“) ist die größte soziale und politische Einheit in der Gesellschaft der Māori.

Stammesgebiete der Māori

Dass Iwi im allgemeinen Sprachgebrauch mit „Stamm“ bzw. im Englischen mit „tribe“ übersetzt wird, führt oft zu der Annahme, dass ein Iwi in politischer und soziologischer Hinsicht der Kern einer maorischen Gesellschaft gewesen ist. Doch ein Iwi war früher eine lose und flexible Verbindung.[1]

Weitere Bedeutungen

In der Sprache der Māori hat das Wort Iwi noch weitere Bedeutungen. Neben Stamm, Nation, Nationalität, Ethnische Gruppe oder Verwandtschaftsgruppe, wird Iwi noch für Knochen oder Macht und Stärke verwendet.[2]

Stammesbildung und Zusammensetzung

Ein Iwi (Stamm), zu dem mehrere Hapū gehörten, ist früher durch Clan-Bildung entstanden; der Stamm führt sich zumeist auf die Abstammung von einem Waka (Kanu) zurück, mit dem ihre Ahnen von dem mythischen Hawaiki, den polynesischen Inseln aus nach Neuseeland gekommen waren. Durch Heirat und Stammesfehden hat sich die Struktur und Ausdehnung der Iwi über die Jahrhunderte hinweg verändert. Ebenso bildeten sich einige Stämme neu oder vermischten sich mit bestehenden Stämmen.

Ein Iwi besteht aus mehreren Hapū. Das Hapū war die wichtigste politische Einheit in der voreuropäischen Gesellschaft der Māori. Es konnte zwischen hundert und mehreren hundert Personen groß sein und mehrere Whānau (Großfamilien) umfassen. Die Mitglieder eines Hapū kontrollierten einen fest definierten Teil des Stammesgebietes und hatten idealerweise Zugang zum Meer oder Seen, zu Flüssen und zu Wäldern.[3]

Das Territorium eines Iwi wird als Rohe bezeichnet.

Māori legen großen Wert auf ihre Iwi-Abstammung und sind stolz, dass sie ihre Genealogie kennen. Wenn sie sich jemandem vorstellen, gehört ihre Herkunft zu den ersten Dingen, die sie erwähnen.

Politischer Einfluss

Trotz der Wanderungen innerhalb Neuseelands und der Heirat mit Nicht-Māori im Laufe der Jahrhunderte, existieren die meisten Iwi noch und besitzen einen gewissen politischen Einfluss. So wurden 1867 bereits die ersten Māori Electorates in Neuseeland eingeführt, spezielle Wahlkreise, die nur für Māori zur Verfügung stehen und aus denen direkt gewählte Kandidaten ins Parlament entsandt werden können. Die Anzahl Electorates wurden von anfänglich vier in zwei Schritten schließlich im Jahr 2002 auf sieben erhöht.[4]

Über die vielen zurückliegenden Jahrzehnte haben sich die verschiedenen Iwi organisiert, treuhänderische Organisationen (Trusts), Gesellschaften und Firmen gegründet und sich politische organisiert, auch und gerade um Ländereien und andere Vermögenswerte zurückzugewinnen, die ihnen in den Jahren seit der Unterzeichnung des Treaty of Waitangi im Jahr 1840 genommen wurden. So wurden seit Einrichtung des Waitangi Tribunal im Jahr 1975 zahlreiche Eingaben der Iwi an das Tribunal gemacht. Eines der bemerkenswertesten Beispiele von Abfindungen für erlittenes Unrecht stellte der Ngāi Tahu Claim, zu dem 1998 Recht gesprochen wurde, dar. Dem Stamm wurden neben den 170 Millionen NZ$ Entschädigung auch die Rückgabe ihres heiligen Berges Aoraki/Mount Cook zugesprochen.[5]

Doch die Klage mit einer weitaus größeren politischen Dimension war die, der Foreshore-and-Seabed-Kontroverse, die im Jahr 2004 sogar zur Gründung einer neuen Partei führte, der Māori Party. In dieser Angelegenheit, die sogar zu einem eigenen Gesetz führte, reklamierten verschiedene Iwi den Besitz und das Nutzungsrecht der Küste von dem Bereich zwischen Hoch- und Niedrigwasser und der See.[6]

Bezug zu Iwi in der Literatur

Die Māori-Schriftstellerin Keri Hulme hat in ihrem Roman The Bone People (Die Knochenmenschen, deutsche Ausgabe: Unter dem Tagmond) die doppelte Bedeutung von Knochen und Volksstamm (Iwi) folgendermaßen beschrieben:

„Nach einer Reise oder langen Abwesenheit wird das nach Hause kommen ‚zurück zu den Knochen gehen‘ genannt, im wörtlichen Sinn zurück, wo die Knochen der Vorfahren begraben sind.“

Keri Hulme: Unter dem Tagmond

Andere Gesellschaften verwenden hierfür das Wort „Wurzel“.

Bekannte Iwi (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Toon van Meijl: Conflicts of Redistributen in Contemporary Maori Society: Leadership and the Tainui Settlement. In: University of Auckland (Hrsg.): The Journal of the Polynesian Society. Volume 112 No. 3. Auckland 2003, S. 260–279 (englisch, Online [PDF; 177 kB; abgerufen am 31. März 2016]).

Einzelnachweise

  1. Meijl: Conflicts of Redistribution in Contemporary Maori Society: Leadership and the Tainui Settlement. 2003, S. 261.
  2. Iwi. Māori Dictionary, abgerufen am 3. April 2016 (englisch).
  3. Rāwiri Taonui: Tribal organisation - The significance of iwi and hapū. Te Ara - the Encyclopedia of New Zealand, 22. September 2012, abgerufen am 31. März 2016 (englisch).
  4. Māori and the Vote. Election New Zealand, archiviert vom Original am 8. Februar 2013; abgerufen am 3. April 2016 (englisch, Originalwebseite nicht mehr verfügbar).
  5. The Treaty in practiceThe Ngāi Tahu claim. In: New Zealand History. Ministry for Culture & Heritage, 7. Juli 2014, abgerufen am 3. April 2016 (englisch).
  6. Report on the Crown's Foreshore and Seabedpolicy. In: Waitangi Tribunal (Hrsg.): Waitangi Tribunal Report. Wai 1071. Wellington 2004, ISBN 1-86956-272-0 (englisch).
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