Isotopenfraktionierung
Als Isotopenfraktionierung bezeichnet man die Verschiebung der Häufigkeit der Isotope eines Elements, hervorgerufen durch physikalisch/chemische Prozesse. Fraktionierung ist thermodynamisch und damit temperaturabhängig.
Überblick
Der Fraktionierungsfaktor errechnet sich als Verhältnis der Isotope zweier Proben Rx und Ry, beispielsweise für Sauerstoffisotope in Wasser:
Es gibt noch weitere Werte, die als Maß des Gleichgewichtsgrades verwendet werden: die Separation oder Isotopendifferenz (), der Anreicherungsfaktor (E), sowie der Wert . Alle diese Werte geben das Verhältnis von Isotopenkonzentrationen an. Für geringe Abweichungen von der Referenz können alle Werte verwendet werden. Die Separation und der Anreicherungsfaktor sind allerdings Annäherungen, das heißt, bei großen Abweichungen von der Referenz sollten die anderen Werte verwendet werden.[1]
Unterschieden werden massenabhängige und massenunabhängige Isotopenfraktionierung.
Bei der massenabhängigen Isotopenfraktionierung ist die Änderung des Häufigkeits-Verhältnisses zweier Isotope desselben Elements abhängig (in erster Näherung linear) von der Massendifferenz der Isotope. Dies ist z. B. bei kinematischen Prozessen wie der Diffusion der Fall. So diffundieren etwa leichtere Isotope schneller durch eine poröse Membran aus einem gegebenen Volumen heraus als schwerere Isotope desselben Elements. In einem Dreiisotopendiagramm liegen Proben, welche eine gemeinsame Herkunft, aber unterschiedlich starke massenabhängige Isotopenfraktionierung erfahren haben, auf einer Fraktionierungslinie.
Bei der selteneren massenunabhängigen Isotopenfraktionierung kann die Häufigkeit eines oder mehrerer Isotope eines Elements unabhängig von der Masse gegenüber den anderen Isotopen verändert sein. Massenunabhängige Isotopenfraktionierung kommt bei einigen photochemischen Prozessen in der oberen Atmosphäre vor. So haben M. H. Thiemens und I. E. Heidenreich massenunabhängige Isotopenfraktionierung bei der Ozonbildung demonstriert.[2]
Anwendungen
Technisch bedeutend ist die Isotopenfraktionierung z. B. bei der Uran-Anreicherung. Die Untersuchung der Isotopenfraktionierung spielt außerdem eine Rolle in der Forensik, so etwa bei der Untersuchung der Herkunft und Reinheit von Nahrungsinhaltsstoffen oder der Doping-Kontrolle im Sport.[3]
Der Nachweis von Isotopenfraktionierung wird darüber hinaus im Umweltbereich in der Analyse der Herkunft (Verursachersuche) und der Abbauvorgänge (Natürliche Attenuation) in kontaminiertem Grundwasser verwendet.[4] In den Geowissenschaften wird die Si-Isotopenfraktionierung weiterhin als Werkzeug für die Rekonstruktion biogeochemischer Stoffkreisläufe in der Erdgeschichte eingesetzt. Diese Methode gehört zu den sogenannten „nicht-traditionellen“ stabilen Isotopensystemen (Mg, Ca, Si, Ti, Cr, Fe, Cu, Zn, Mo, Tl).
Isotopenuntersuchungen wie beispielsweise Δ18O oder Δ13C gehören zu den wichtigsten Verfahren der Paläoklimatologie. Mit ihnen lassen sich z. B. Durchschnittstemperaturen rekonstruieren, aber auch umfangreiche Kohlenstoff-Einträge in die Umwelt nachweisen, die organischen Ursprungs waren.
Auch in der Archäologie haben sich Verfahren entwickelt, die mit Isotopenuntersuchungen Aussagen über Herkunft (bzw. Migration und Mobilität) mit Sauerstoffisotopenanalyse und/oder Strontiumisotopenanalyse[5] und Ernährung mit Kohlenstoffisotopenanalyse (C4-Pflanzen-basierte oder C3-Pflanzen-basierte Ernährung, Einfluss von lakustriner oder mariner Ernährung) und/oder Stickstoffisotopenanalyse (Verfolgung der Trophiestufe: herbi-, omni- und carnivore, sowie marine Ernährungsweise)[6] treffen.
Literatur
- Mikrobiologische NA-Untersuchungsmethoden: fachliche Grundlagen für die Anwendung von Methoden zur Erfassung des natürlichen mikrobiellen Schadstoffabbaus im Aquifer. DECHEMA, Frankfurt a. M. 2007, ISBN 978-3-89746-086-7, Kapitel A7: Substratspezifische Isotopenfraktionierung. (PDF (Memento vom 17. Dezember 2008 im Internet Archive)).
- Environmental Protection Agency (EPA): A Guide for Assessing Biodegradation and Source Identification of Organic Groundwater Contaminants Using Compound Specific Isotope Analysis (CSIA). (Memento vom 2. April 2010 im Internet Archive), Report A/600/R-08/148, Dezember 2008 (pdf; 3,7 MB)
Einzelnachweise
- Ian Douglas Clark und Peter Fritz: Environmental isotopes in hydrogeology. CRC Press, 1997, ISBN 978-1-56670-249-2, S. 31.
- J. E. Heidenreich III, M. H. Thiemens: A non-mass-dependent isotope effect in the production of ozone from molecular oxygen. Journal of Chemical Physics, Bd. 78, Nr. 2, S. 892–895, 1983, doi:10.1063/1.444791.
- A Guide for Assessing Biodegradation and Source Identification of Organic Groundwater Contaminants Using Compound Specific Isotope Analysis (CSIA). (Memento vom 2. April 2010 im Internet Archive) Environmental Protection Agency (EPA), Report A/600/R-08/148, Dezember 2008. S. 1.
- Isotopenfraktionierung. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, abgerufen am 19. August 2017.
- Claudia Gerling: A Multi-Isotopic Approach to the Reconstruction of Prehistoric Mobility and Economic Patterns in the West Eurasian Steppes 3500 to 300 BC. (PDF) Gerd Graßhoff and Michael Meyer, communicated by Wolfram Schier, 22. August 2014, abgerufen am 11. Februar 2017 (englisch).
- H. P. Schwarcz, M. J. Schoeninger: Stable Isotopes of Carbon and Nitrogen as Tracers for Paleo-Diet Reconstruction. In: Handbook of Environmental Isotope Geochemistry (= Advances in Isotope Geochemistry). Springer Berlin Heidelberg, 2012, ISBN 978-3-642-10636-1, S. 725–742, doi:10.1007/978-3-642-10637-8_34.