Isoalliin

Isoalliin ist ein schwefelhaltiger Inhaltsstoff der Speisezwiebel (Allium cepa), auf den der typische Geruch und die Tränenreizung, z. B. beim Aufschneiden einer Zwiebel, zurückzuführen sind. Es handelt sich dabei um das Doppelbindungsisomer des im Knoblauch (Allium sativum) vorhandenen Alliins. Obwohl strukturell dem Alliin sehr ähnlich, reagiert Isoalliin völlig anders. Für Fressfeinde im Tierreich und auch für Krankheitserreger der Pflanzen dürfte es sich um einen Abwehrstoff handeln.

Strukturformel
Struktur von Isoalliin
Allgemeines
Name Isoalliin
Andere Namen
  • trans-(+)-S-(1-Propenyl)-L-cysteinsulfoxid
  • S-(1-Propenyl)-L-Cysteinsulfoxid
  • 3-(1-Propenylsulfinyl)alanin
  • (E,2R,3R)-3-(1-Propenylsulfinyl)alanin
Summenformel C6H11NO3S
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 16718-23-3
PubChem 5281112
ChemSpider 4444557
Wikidata Q1674385
Eigenschaften
Molare Masse 177,22 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

153 °C[1]

Löslichkeit

löslich in Ethanol, Wasser und Aceton[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Reaktion von Isoalliin und Folgeprodukte

In der Zwiebel ist Isoalliin stabil und nicht tränenreizend, kommt jedoch bei Verletzungen, beispielsweise durch Fraß von Schädlingen oder bei Aufarbeitung für Speisen, unmittelbar mit dem Enzym Alliinase in Kontakt und reagiert zu diversen, ihrerseits wieder sehr reaktionsfreudigen Verbindungen ab, siehe Schema unten. Durch niedrige Temperaturen kann diese Startreaktion verhindert werden; daher gelingt die Isolierung von Isoalliin nur durch Extraktion aus der Zwiebel bei Temperaturen unter 0 °C, z. B. in Ethanol. Da das Molekül zwei chirale Zentren (am Schwefelatom und am Kohlenstoffatom mit der Aminogruppe) hat, gibt es vier Stereoisomere von Isoalliin. Nur das eine oben genannte kommt in der Zwiebel vor und kann von Alliinase abgebaut werden.

Allicin, ein Inhaltsstoff, der aus Knoblauch gewonnen werden kann

Wird die Zwiebel verletzt, entsteht aus Isoalliin im ersten Schritt durch Abspaltung des Alaninfragmentes mittels der Alliinase und dem Enzym Co-Faktor Pyridoxalphosphat die 1-Propensulfensäure, welche durch tautomere Wasserstoffumlagerung zu dem so genannten tränenreizenden Faktor (engl. lacrimatory factor, LF), dem Propanthial-S-oxid in zwei isomeren Formen (syn– und anti-) wird, wobei die syn-Form das Hauptprodukt darstellt. Daher wird Isoalliin selbst im Englischen auch als lacrimatory precursor (häufig auch lachrymatory p.) bezeichnet. Das abgespaltene Alaninbruchstück zerfällt in Pyruvat und Ammoniak. Der tränenreizende Faktor selbst ist sehr reaktiv, kann zu Propionaldehyd, Schwefelsäure und Schwefelwasserstoff hydrolysieren, aber auch Cycloadditionen mit sich selbst zu Vier- und Fünfringverbindungen eingehen. Bei den höheren Temperaturen der Wasserdampfdestillation bei 100 °C und natürlich auch beim Kochen oder Braten bildet sich neben Propionaldehyd auch Dipropyldisulfid. Letzteres stellt die gesättigte und reduzierte (Sauerstoff-freie) Form des Allicins dar, welches aus dem Knoblauch extrahiert werden kann. Hier wird deutlich, wie nah die Zwiebelgewächse A. sativum und A. cepa auch „chemisch“ miteinander verwandt sind.

Vorkommen

Speisezwiebeln

Alliin und Isoalliin schließen sich innerhalb der Alliumarten weitgehend aus. Beide Stoffe lösen den kokumi-Geschmack aus. Knoblauchsorten enthalten gar kein oder sehr wenig Isoalliin. Umgekehrt gilt das gleiche für Alliin in vielen anderen essbaren Zwiebel- und Lauchgewächsen. Der Gehalt von Isoalliin in verschiedenen Zwiebelpflanzen variiert zwischen etwa 100 und 900 mg/kg (ppm) Frischware. Zwiebelarten, in denen Isoalliin in signifikanten Mengen nachgewiesen wurden:

  • Altaizwiebel (A. altaicum)
  • Goldseezwiebel (A. altyncolicum)
  • Schalotte (A. ascalonicum)
  • Speisezwiebel (A. cepa in versch. Sorten)
  • Nickender Lauch (A. nutans)
  • Porree (A. porrum)
  • Schnittlauch (A. schoenoprasum)
  • Winterzwiebel, Winterhecke (A. fistulosum)

Alliin-haltige Alliumarten, die kein oder sehr geringe Mengen Isoalliin enthalten:

Einzelnachweise

  1. Datenbank Naturprodukte CD-ROM ver 15:1, 1982–2007, Chapman&Hall.
  2. Eric Block: Die Chemie von Zwiebel und Knoblauch. Spektrum der Wissenschaft, 05/1985, S. 66–71.
  3. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.

Literatur

  • Eric Block: Garlic and Other Alliums: The Lore and the Science. Royal Society of Chemistry, Cambridge 2010, ISBN 978-0-85404-190-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Eric Block: Die Organoschwefelchemie der Gattung Allium und ihre Bedeutung für die organische Chemie des Schwefels. Angewandte Chemie, 1992, 104, S. 1158–1203, doi:10.1002/ange.19921040906.
  • Eric Block: Die Chemie von Zwiebel und Knoblauch. Spektrum der Wissenschaft, 05/1985, S. 66–71.
  • Roman Kubec, Markéta Svobodová, Jan Velíšek: S-Alk(en)ylcysteine Sulfoxides in Some Allium Species. Identification of a New Flavor Precursor:  S-Ethylcysteine Sulfoxide (Ethiin). In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. 48, 2000, S. 428, doi:10.1021/jf990938f.
  • Meriel G. Jones, Jill Hughes, Angela Tregova, Jonothan Milne, A. Brian Tomsett, Hamish A. Collin: Biosynthesis of the flavour precursors of onion and garlic; Journal of Experimental Botany, Volume 55, Issue 404, August 2004, S. 1903–1918, doi:10.1093/jxb/erh138.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.