Irina Alexandrowna Antonowa
Irina Alexandrowna Antonowa (russisch Ирина Александровна Антонова; * 20. März 1922 in Moskau; † 30. November 2020 ebenda[1]) war eine russische Kunsthistorikerin. Von 1961 bis 2013 war sie Direktorin und ab 2013 Präsidentin des Moskauer Puschkin-Museums.
Leben
Irina Antonowa studierte an der Lomonossow-Universität Moskau unter Boris Wipper und machte 1945 ihren Abschluss. Daneben wurde sie während des Zweiten Weltkriegs als Krankenschwester ausgebildet und arbeitete im Krankenhaus. Danach fing sie als Angestellte im Puschkin-Museum zu arbeiten an. Dort wurde sie beim Ausladen der aus Deutschland ankommenden Beutekunst eingesetzt. So half sie auch beim Auspacken und Inventarisieren des Priamosschatzes und der Sammlung der Dresdener Gemäldegalerie Alter Meister.[2] Letztere wurde restauriert und am 3. Juni 1956 nach Dresden zurückgegeben.
1961 wurde Antonowa von Nikita Chruschtschow zur Direktorin des Museums berufen. In dieser Position begründete sie 1981 das Musikfestival Swjatoslaw Richter’s December Nights, das jährlich abgehalten wird. Antonowa hielt die Existenz des Goldes von Troja und anderer „Trophäenkunst“ in ihrem Museum lange Zeit geheim und reagierte wütend auf betreffende Veröffentlichungen Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre. Sie lehnte die Rückgabe der Kulturschätze ab und sprach in diesem Zusammenhang davon, dass es keine Ansprüche mehr gebe.[3] In einer auf 3sat und im ZDF ausgestrahlten Fernsehdokumentation mit dem Titel Die verlorenen Schätze der Museumsinsel gab Irina Antonowa auf die Frage, warum sie so lange zu den Beutekunstdepots geschwiegen habe, die Antwort: „Ihr Journalisten habt mich doch nicht ein einziges Mal gefragt!“[4] Trotz ihrer rigiden Haltung zur Rückführung der Kulturgüter machte sie viele der Objekte in Ausstellungen wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Am 1. Juli 2013 gab sie das Direktorenamt an Marina Loschak ab und übernahm den neu geschaffenen Posten der Präsidentin des Puschkin-Museums.[5]
Nach Expertenmeinung beeinflusste sie die Kulturpolitik der Parteiführung nicht nur nach innen, sondern auch in den auswärtigen Beziehungen.[6]
Antonowa war mit dem Kunsthistoriker Jewsei Iossifowitsch Rotenberg verheiratet. Sie starb im Alter von 98 Jahren in Moskau während der COVID-19-Pandemie in Russland an den Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion.[7]
Auszeichnungen
- Verdienstorden für das Vaterland III. Klasse (1997)
- Verdienstorden für das Vaterland II. Klasse (2002)
- Verdienstorden für das Vaterland I. Klasse (2007)
- Verdienstorden für das Vaterland IV. Klasse (2012)
- Orden der Oktoberrevolution
- Orden des Roten Banners der Arbeit
- Ordre des Arts et des Lettres
- Komtur der Ehrenlegion
- Verdienstorden der Italienischen Republik (2000)
Weblinks
- Cicero-Interview mit Irina Antonowa 2007
- Spiegel-Interview mit Irina Antonowa 2012
- monopol. Magazin für Kunst und Leben: "Hüterin der Beutekunst". Kunstwissenschaftlerin Irina Antonowa in Moskau gestorben
- Spiegel Kultur vom 1. Dezember 2020: Zum Tod von Irina Antonowa. Die Kämpferin, von Christian Esch
Einzelnachweise
- Раскрыты подробности смерти президента Пушкинского музея Ирины Антоновой (russisch)
- Konstantin Akinscha, Grigori Koslow: Beutekunst. Auf Schatzsuche in russischen Geheimdepots. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1995. Seite 333
- Interview mit Martin Roth vom 30. August 2007 im Deutschlandradio, Abruf am 17. März 2007 auf dradio.de
- Besprechung der Dokumentation auf welt.de, Abruf am 17. März 2008
- Meldung über die Ernennung Irina Antonowas zur Präsidentin des Puschkin-Museums (russisch)
- Der Kalte Krieg im Interesse des Museums: Die Ausstellungspolitik der Direktorin des Puschkin-Museums Irina Antonova dhi.moskau.org, abgerufen am 27. Dezember 2021.
- Irina Antonowa: Die Zarin der russischen Museumswelt ist tot, berliner-zeitung.de, abgerufen am 4. Dezember 2020