Internetpranger

Als Internetpranger (auch: Digitaler Pranger, Virtueller Pranger oder Online-Pranger) wird ein moderner Pranger im Internet bezeichnet.

Im Kontext von Veröffentlichungen von Straftäter-Dateien wird auch von Internetprangern gesprochen.[1] So sprach sich 2010 die Deutsche Polizeigewerkschaft für einen „Internet-Pranger für Triebtäter“ aus. Auf der Webseite der Polizei einsehbar sollten „der Name, ein Foto, Wohnort, Straße und die Hausnummer des Gewaltverbrechers“ sein.[2]

Muslimfeindliche Portale wie Madrasa of Time – Time of Counterdjihad,[3] Politically Incorrect[3] und Nürnberg 2.0[4] werden in der Literatur als Internetpranger bezeichnet. Letzteres bietet Steckbriefe über missliebige Personen an.[5] Umstritten ist in diesem Zusammenhang die von der Heinrich-Böll-Stiftung ins Leben gerufene Seite Agent*In. Die Seite führte sogenannte antifeministische Organisationen und Personen auf.[6] Nach überwiegend negativer Kritik wurde die Seite wieder vom Netz genommen.[7][8]

Für die freie Wirtschaft ist eine Publikation von Verstößen gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch eine Art Internetpranger, da nach Lutz Bertling „erhebliche finanzielle Einbußen bis hin zur Existenzgefährdung“ möglich seien.[9]

Literatur

  • Stephan Beukelmann: Der Internetpranger. NJW-Spezial 2011, 504.
  • Bijan Moini: Staatliche Warnungen vor entlassenen Straftätern. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer umstrittenen Präventivmaßnahme (= Schriften zum öffentlichen Recht. Bd. 1247). Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-14123-4.
  • Winfried Hassemer: „Internetpranger“. Kommunikative und rechtliche Vernunft. In: Uwe Hellmann, Christian Schröder (Hrsg.): Festschrift für Hans Achenbach. Müller, Heidelberg u. a. 2011, ISBN 978-3-8114-5428-6, S. 107–116.
  • Lukas Ströbel: Persönlichkeitsschutz von Straftätern im Internet. Neue Formen der Prangerwirkung (= Schriften zum Medien- und Informationsrecht. Band 17). Nomos, Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-2991-3.

Einzelnachweise

  1. Mareike Fröhling: Der moderne Pranger. Von den Ehrenstrafen des Mittelalters bis zur Prangerwirkung der medialen Berichterstattung im heutigen Strafverfahren. Tectum-Verlag, Marburg 2014, ISBN 978-3-8288-3380-7, S. 158.
  2. Zit. n. Hans-Dieter Schwind: Kriminologie. Eine praxisorientierte Einführung mit Beispielen (= Grundlagen). 22., neubearbeitete und ergänzte Auflage, Kriminalistik, Heidelberg u. a. 2013, ISBN 978-3-7832-0809-2, Rn. 63.
  3. Klaus J. Bade: Kritik und Gewalt. Sarrazin-Debatte, "Islamkritik" und Terror in der Einwanderungsgessellschaft (= Positionen). Wochenschau-Verlag, Schwalbach 2013, ISBN 978-3-89974-893-2, o. S.
  4. Patrick Gensing: Polemik, Islamfeindlichkeit und Radikalismus – Über das öffentliche Klima im Internet, das Fremdenhass erzeugt. In: Michael Haller (Hrsg.): Rechtsterrorismus in den Medien. Der Mörder Breivik in Norwegen und die Terrorzelle NSU in Deutschland – wie die Journalisten damit umgingen und was sie voneinander lernen können (= Medien. Bd. 32). Lit, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-643-12297-1, S. 61–70, hier: 65.
  5. Friedmann Eißler: Zivilcourage und aktive Toleranz – Auseinandersetzung mit extremistischen Einstellungen. In: Volker Meißner, Martin Affolderbach, Hamideh Mohagheghi, Andreas Renz (Hrsg.): Handbuch christlich-islamischer Dialog. Grundlagen – Themen – Praxis – Akteure (= Schriftenreihe der Georges-Anawati-Stiftung. Nr. 12). Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 2014, ISBN 978-3-451-33337-8, S. 345–351, hier: S. 349.
  6. "Gender raus" und "Agent*in" erschienen | Heinrich-Böll-Stiftung. In: Heinrich-Böll-Stiftung. (boell.de [abgerufen am 11. August 2017]).
  7. Website „Agentin.org“: Antifeminismus-Pranger vom Netz genommen – vorübergehend – WELT. Abgerufen am 11. August 2017.
  8. Stellungnahme des Vorstands zum endgültigen Ausstieg aus dem Wiki „Agent*in“. Gunda-Werner-Institut, 4. November 2017, abgerufen am 9. November 2017.
  9. Lutz Bertling: Erlaubt-Verboten. In Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung. 13. Auflage, Behr, Hamburg 2013, ISBN 978-3-95468-021-4, S. 388.
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