Inssan

Der Verein Inssan für kulturelle Interaktion e. V. wurde im Jahr 2001 in Berlin ins Leben gerufen[1] und formell am 25. Oktober 2002 als Verein gegründet.[2] Seit 1. Juli 2011 heißt der Verein nach Beschluss der Mitgliederversammlung „Inssan e. V.“.[3] Er verfolgt das Ziel, „die Entwicklung eines deutschsprachigen Islam zu fördern“.[1]

Verein

Mitglieder

Der Moscheeverein „Inssan“ (arabisch إنسان für „Mensch“) ist multiethnisch und hat nach eigenen Angaben Mitglieder aus Deutschland, Marokko, der Türkei, Bosnien, Ägypten, Jemen, Frankreich, Tunesien, Indien, Palästina, Jordanien, Russland und Algerien. Er hat etwa vierzig, zumeist studentische Mitglieder.[4] Zwei von vier Inssan-Vorstandsmitgliedern sind ehemalige Aktive der Muslimischen Jugend Deutschland (MJD).[5] Im Oktober 2004 gründete sich ein Beirat, dem unter anderen Barbara John angehört.[6] Die Geschäftsräume von Inssan liegen in der Gitschiner Straße in direkter Nachbarschaft zu MJD und Islamic Relief, mit denen Inssan auch in Projekten zusammenarbeitet.[7]

Aktivitäten

Zu den Aktivitäten von Inssan zählen unter anderem eine Kampagne gegen Zwangsehen[8], ein Wettbewerb „ISL’AMOUR“ um die schönsten muslimischen Heiratsgeschichten im Juli 2005[9], Vorträge mit der Katholischen Akademie zum Thema „Gewaltlosigkeit im Namen Gottes“ im Oktober 2004, die Umweltschutzaktion „Multikultur pro Natur“ 2004, ein Aktionstag gegen Leukämie, Fußballspiele Pfarrer gegen Imame 2006 und 2007 oder eine Nachbarschaftsaktion zum Zuckerfest 2006.[10] Auch an einem Fortbildungsprojekt für Berliner Imame möchte Inssan mitarbeiten.[11] Aufsehen erregte der Verein 2006 durch das „Inssan-Festival“, auf dem Pop-Muslim Sami Yusuf und die Ex-MTV-Moderatorin und muslimische Konvertitin Kristiane Backer auftraten.[12] Inssan ist Mitglied der Initiative Berliner Muslime (IBMUS)[13], die sich auch zum Kopftuchurteil oder zum Karikaturen-Streit öffentlich einsetzt.[14]

Inssan hat im August 2012 zusammen mit dem Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin (ADNB), das vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg getragen wird, das Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen gegründet[15]. Dies hat sich zum Ziel gesetzt, durch einen Empowerment-Ansatz „bei Betroffenen das Bewusstsein zu stärken, gleichberechtigte Bürger dieses Staates zu sein, und ihnen Handlungsoptionen im Falle von Diskriminierung aufzuzeigen.“[16] Im Februar 2012 erschien eine Broschüre des Netzwerks, die eine erste Bilanz zieht.[17][18] Die Projektleiterin des Netzwerks gegen Diskriminierung und Islamfeindlichkeit, Zeynep Çetin, kritisiert die Praxis des Landes Berlin scharf, auf Basis des Neutralitätsgesetzes Lehrerinnen, die mit religiösem Kopftuch unterrichten wollen, an Berufsschulen zu versetzen.[19]

Moscheebauprojekt

Neukölln

Das ursprünglich geplante Begegnungszentrum in Berlin-Neukölln sollte aus verschiedenen Einrichtungen wie einer Moschee, einer Akademie, einem Jugendklub, einem Frauenzentrum, einem gastronomischen Betrieb, einem Medienraum und einem Multifunktionssaal bestehen.[20] Die Baukosten von rund zehn Millionen Euro sollten durch Spenden von knapp 40 Moscheevereinen Berlins und potenziellen Spendern in Kuwait, Dubai und anderen Golfstaaten gedeckt werden.[21] Das Kultur- und Moscheezentrum soll auf einer Fläche von etwa 6.000 Quadratmetern auch eine Moschee für 1000 Gläubige unterbringen. Als Kaufbevollmächtigter des für das Begegnungszentrum vorgesehenen Grundstückes in der Pflügerstraße trat Ibrahim El-Zayat auf, dem die Unterstützung der islamistischen Muslimbruderschaft nachgesagt wird.[22] Im Juni 2007 scheiterte das Bauvorhaben endgültig vor dem Verwaltungsgericht. Die Richter befanden das Projekt für zu groß für ein Wohngebiet.[23] Das Grundstück wurde danach wieder zum Verkauf angeboten.

Charlottenburg

Seit 2007 gab es Pläne, in der Charlottenburger Keplerstraße unweit des Mierendorffplatzes eine Moschee mit Kuppel und Minarett für 700 Gläubige zu bauen.[24][25] Der Bauantrag sollte im August 2007 gestellt werden und der Baubeginn war für 2009 geplant. Mit 4800 Quadratmetern Nutzungsfläche ist das Bauvorhaben halb so groß wie die in der Pflügerstraße geplante Anlage.[4] Auch für das neue Projekt sollten ein Drittel der Spenden in Deutschland gesammelt werden, der Rest sollte über Sponsoren aus arabischen Ländern finanziert werden.[23] Im Februar 2008 hatte der Bezirk eine Einschätzung von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zu dem Verein Inssan angefordert, der antwortete, dass es keine Sicherheitsbedenken gegenüber dem Verein gebe. Auch ein vom Bezirksamt angefordertes Verkehrsgutachten des Fördervereins für die Moschee war positiv.[26] Im April 2008 teilte der Baustadtrat dem Verein Inssan mit, dass er aus baurechtlichen Gründen keinen Bauvorbescheid erteilen könne, da Räume zur religiösen oder sozialen Nutzung im Bebauungsplan für das Gewerbegebiet um den Mierendorffplatz nicht vorgesehen seien. Andere halten diese Gründe für vorgeschoben. Die Entscheidung sei eine politische und auf Druck des Berliner Landesverbandes der CDU und ihres „Arbeitskreises Moscheebauten“ erfolgt.[27]

Kritik

Stefanie Vogelsang, Baustadträtin von Neukölln, sieht kritisch die Kontakte des Vereins zur Islamischen Gemeinschaft in Deutschland (IGD) und zu deren Präsidenten Ibrahim El-Zayat, der 2002 das 360.000 Euro teure Baugrundstück in Neukölln für Inssan kaufte. „Ein Verein, der lediglich vierzig hauptsächlich studentische Mitglieder hat, hätte diesen Betrag kaum selbst bezahlen können.“[23] Sie sorgt sich um die inhaltliche Unabhängigkeit des Kulturzentrums gegenüber seinen finanziellen Förderern: „Nennen Sie mir irgendjemanden, geben Sie mir irgendjemanden, der mir 15–20 Millionen schenkt und dafür keine Bedingungen an mich hat, zu dem gehe ich auch sofort.“[22] Der Berliner Verfassungsschutz bestätigte auf Anfrage der Berliner Morgenpost, dass es bei Inssan Anhaltspunkte für personelle und organisatorische Verbindungen zur vom Verfassungsschutz beobachteten Islamischen Gemeinschaft in Deutschland, der mitgliederstärksten Organisation der Muslimbruderschaft in Deutschland, gibt.[28]

Die Bürgerinitiative „Menschen am Mierendorffplatz“ erhebt den Vorwurf, Inssan sei im November 2002 gezielt als Arm der Muslimbruderschaft gegründet worden, da nach dem 11. September 2001 andere, den Muslimbrüdern nahestehende Organisationen wie die IGD in Verruf geraten waren. Das Moscheebauprojekt in Neukölln sei von der IGD geplant und über den „Europe Trust“ der Föderation Islamischer Organisationen in Europa (FIOE) finanziert worden, noch bevor Inssan gegründet wurde. Für eine Zugehörigkeit zur Bewegung der Muslimbruderschaft spreche auch die von Inssan-Mitgliedern angekündigte Kooperation mit Yusuf al-Qaradawi und die Identität der Großspender von FIOE und Inssan.[29]

Einzelnachweise

  1. Inssan – Über uns – Geschichte. Issan e.V., archiviert vom Original am 11. November 2013; abgerufen am 9. Oktober 2018.
  2. Eintragungsdatum 7. Januar 2003 im Vereinsregister Berlin (Charlottenburg) VR 22161, laut vorläufigem Bescheid vom 17. Januar 2003 des Finanzamtes Berlin als gemeinnützig anerkannt
  3. Vereinsregister Berlin (Charlottenburg)
  4. Baustadtrat für Moschee. In Charlottenburg ticken die Uhren anders. Hier ist das möglich, worum in Neukölln seit Jahren gestritten wird: eine Moschee des Vereins Inssan. In: Tagesspiegel. 18. Juli 2007 (Online).
  5. Inssan: Vorstand Imran Sagir und Lale Ucan
  6. Inssan: Beirat
  7. Bspw. war Islamic Relief 2006 Hauptsponsor des Inssan-Festivals @1@2Vorlage:Toter Link/www.berliner-festplatz.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  8. Die u. a. von dem umstrittenen islamischen Schweizer Gelehrten Tariq Ramadan mitgetragene und europaweit angelegte Kampagne findet tw. Widerspruch in „säkularen“ muslimischen Kreisen. Deutlich hat sie etwa die deutsche Autorin Necla Kelek in der FAZ („Freiheit jenseits der Gesetze?“, Juli 2008) kritisiert als u. a. „ein Versuch, die inzwischen selbstbewusster gewordenen muslimischen Mädchen einzufangen und muslimisch zu beraten, damit sie nicht mehr zu staatlichen Beratungsstellen oder in Frauenhäuser flüchten und damit Allah verlorengehen“Muslimische Zwangsheirat – Freiheit jenseits der Gesetze?
  9. Inssan: Fatima Grimm aus Hamburg hat die Reise nach Paris gewonnen für die Geschichte „Wie man sich eine Stiefmutter angelt“, weil hier einmal ein Kind seinen verwitweten Vater verkuppelte
  10. siehe Inssan-Webseite und Handlungsfelder der Zusammenarbeit mit islamischen Vereinen im Stadtteil (Memento vom 27. November 2009 im Internet Archive; PDF; 330 kB) Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales Berlin ISBN 9783938352205
  11. Zwei Dutzend Imame drücken wieder die Schulbank. Einmaliges Fortbildungsprojekt startet im nächsten Jahr Marlies Emmerich, Berliner Zeitung 27. Juli 2007
  12. Inssan-Festival in Berlin. Pop und Politik im Sinne des Propheten., Qantara, 13. September 2006
  13. Initiative Berliner Muslime (IBMUS) Mitglieder: Deutschsprachiger Muslimkreis Berlin e. V. (DMK-Berlin), Die islamische Gemeinschaft in Berlin e. V. (Al-Nur Moschee), Inssan e. V., Interkulturelles Zentrum für Dialog und Bildung e. V., Islami Tahrik e. V. (Bilal-Moschee Wedding), Islamisches Kulturzentrum e. V. (Islamski Kulturni Centar u Berlinu, IKC-Berlin), Islamisches Kultur- u. Erziehungszentrum e. V. (IKEZ-Berlin), Muslimische Jugend in Deutschland e. V. (MJD)
  14. Demonstration gegen ein Kopftuchverbot in Berlin (Memento vom 26. August 2005 im Internet Archive) 17. Januar 2004, IBMUS Erklärung zum Karikaturen-Streit wurde mit einer Unterschriftenliste zum Protest gegen die umstrittenen Karikaturen am 6. Februar 2006 den Botschaften Dänemarks und Norwegens übergeben taz
  15. http://www.berlin.de/sen/ias/presse/archiv/20101208.1035.322167.html Pressemitteilung vom 8. Dezember 2010
  16. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 6. Januar 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/netzwerkdiskriminierung.inssan.de Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen
  17. http://www.islamische-zeitung.de/?id=15505 Artikel in der Islamischen Zeitung
  18. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 13. August 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/netzwerkdiskriminierung.inssan.de Broschüre des Netzwerks gegen Diskriminierung von Muslimen
  19. Die Welt, Ates will im Kampf gegen das Kopftuch bis nach Karlsruhe ziehen, 16. April 2018
  20. Inssan e. V. – Das Begegnungszentrum
  21. Noch ein Moscheenstreit. Der Verein Inssan stellt einen Bauantrag, der Bezirk Neukölln wittert Islamismus., Tagesspiegel am 30. Juli 2006
  22. Friedliche Fassade – Die Hintermänner des Islamischen Kulturzentrums Neukölln (Memento des Originals vom 30. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rbb-online.de, Rundfunk Berlin-Brandenburg am 23. August 2006
  23. „Kontraproduktiv für die Integration“, Junge Freiheit am 19. Oktober 2007
  24. Nein zur Inssan-Moschee in Charlottenburg!, Pro Deutschland am 6. August 2007
  25. Eine Moschee für Charlottenburg? In: Tagesspiegel. 14. Dezember 2007 (Online).
  26. Eine Moschee für Charlottenburg Der Tagesspiegel, 1. April 2008
  27. Claudia Keller: Rätselraten um Moschee Tagesspiegel vom 15. April 2008
  28. Berliner Morgenpost, Bürgerinitiative stellt sich gegen Moschee, 15. April 2008
  29. Claudia Keller: Charlottenburger Moscheeprojekt im Zwielicht. In: Tagesspiegel. 16. April 2008 (Online)., Eine Moschee für Charlottenburg? In: Tagesspiegel. 14. Dezember 2007 (Online). Eine Position von Ian Johnson
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