Ignaz Gridl

Ignaz Gridl (* 31. Juli 1825; † 26. Juni 1890) war Kaiserlicher Rat, k.u.k. Hoflieferant (k. und k. Hofschlosser und Eisenconstructeur) während der österreich-ungarischen Doppelmonarchie.[1] Er war Begründer der nach ihm benannten Stahlbaufirma Ig. Gridl, welche sein gleichnamiger Sohn bis zu dessen Tode 1933 weiter führte. Im Jahr 1934 wurde die Firma Ig. Gridl von Waagner-Biro übernommen.

Ignaz Gridl (verkleidet in einem historischen Kostüm für den Makart-Festzug, 1879)
Fabrik Ig. Gridl an der Esterhazygasse in Wien
Werbung von Ig. Gridl mit dem Palmenhaus in Schönbrunn
Zeichen von Ignaz Gridl am Schönbrunner Palmenhaus

Firmengeschichte

Der gelernte Schlosser Ignaz Gridl gründete 1862 sein Unternehmen als erstes dieser Art in Österreich. In dieser Zeit verbreitete sich auch in Österreich der Einsatz von Stahlbau als technisches und architektonisches Bauelement.

Die ursprüngliche Betriebsstätte des Unternehmens befand sich in Wien-Mariahilf, Esterházygasse 4. Hier wurden Eisenkonstruktionen sowohl nach vorgelegtem Zeichnungen als auch auf Verlangen nach eigenen Entwürfen und Berechnungen ausgeführt. Diese Innovation innerhalb Wiens fand bald in Fachkreisen Anklang und durch die im Zuge der Wiener Stadterweiterung erfolgende Bautätigkeit erblühte das Unternehmen. Bald verlegte man den Betriebsort in die ausgedehnteren Werkstätten und Lagerräume in den V. Bezirk (Margareten), auf den Bacherplatz 3 und in die Siebenbrunnengasse 28.

Mit der Verwendung des Eisens für Brückenkonstruktionen wurde Gridl eines der ersten, besteingerichteten und leistungsfähigsten Unternehmen Österreichs auf diesem Gebiet.

Eine besondere Spezialität der Firma bildete der Bau eiserner Gewächshäuser für öffentliche Institute, hochgestellte Persönlichkeiten, Gartenliebhaber und Gärtnereien. Trotz scharfer ausländischer Konkurrenz gelang es im Jahre 1881, den Auftrag zum Bau des Palmenhauses im botanischen Garten von Schönbrunn bei Wien zu erhalten. 1887–1888 wurden die Gewächshäuser des Botanischen Gartens in Graz errichtet.[2]

Die Zahl der Theaterbrandkatastrophen zwang zu einer weitgehenden Beseitigung des Holzes sowohl im Zuschauerraum als auch auf der Bühne, so dass die Firma auch auf diesem Gebiet innovativ bei der Schaffung von Eisenkonstruktionen für von Theatertechnik und -architektur wirkte. Eine glänzende Probe für deren Leistungsfähigkeit bot das neue k.k. Hofburgtheather in Wien, sowohl hinsichtlich der Eisenkonstruktion für Zuschauerraum und Ventilation, als auch der Bühneneinrichtung und der -maschinerien. Dasselbe galt für das Volkstheater und das Kaiser-Jubiläumstheater in Wien, sowie das Lustspieltheater Vígszínház in Budapest und zahlreiche andere neu ausgeführte Schauspiel- und Opernhäuser, wie zum Beispiel die Grazer Oper, die Wiener Volksoper, das Nationaltheater in Christiania (heute: Oslo), das Opernhaus Odessa oder das Kroatische Nationaltheater in Zagreb.

Die bauliche Entwicklung Wiens mit ihren Monumentalbauten boten der Firma Gelegenheit einer weiteren erfolgreichen Etablierung. Von den Eisenkonstruktionen, alle nach eigenen Entwürfen und Berechnungen ausgeführt, seien erwähnt: die k.k. Universitäts-Sternwarte mit den Drehkuppeln, das Musikvereinsgebäude, Dächer und Türme für das neue Rathaus (Decken, Dächer, Kuppeln, Oberlichten, u. v. a.) für die beiden Hofmuseen (Naturhistorisches und Kunsthistorisches Museum), für den Justizpalast und dem Reichsratsgebäude, für die k.k. Universität (in dieser auch die konstruktive Einrichtung der Bibliotheksäle), für das k.k. Hoftheater-Kulissendepot, für die k.k. Hoftheater selbst, für das k.k. Jagdschloss zu Lainz, für den Neubau der k.k. Hofburg, für die Wiener Stadtbahn und die städtischen Gaswerke. Ferner seien genannt Konstruktionen für Geschäftshäuser einiger Kreditinstitute, wie den Wiener Giro- und Kassen-Verein,[3] die K.k. privilegierte Allgemeine Verkehrsbank,[4] die Bodencreditanstalt u. a., für Markthallen, Warenhäuser und viele Prachtbauten privater effektuierter Arbeiten.

Auch an Lieferungen für Kriegszwecke war das Etablissement maßgeblich beteiligt und genoss mit dem Bau von bombensicheren Decken und Unterständen, Konstruktionen für befestigte Plätze, Konstruktionen für Schießversuche, großen eisernen Pontons, Scheibenständern und dergleichen ein hohes Ansehen in militärischen Kreisen.

Auch in der österreichischen Provinz und im Ausland, namentlich in den Balkanländern, waren die Leistungen der Firma geschätzt, nachdem eine große Anzahl von Bauten für öffentliche und Fabrikszwecke, darunter Kasernen, Strafhäuser, Bahnhofshallen, Bahnsteigdächer, Maschinenhäuser, Rathäuser, Kirchen, Schulen und Theater, sowie Gebäude für Geldinstitute und Private mit Konstruktionen für die verschiedenartigsten Zwecke versehen wurden, und verdiente namentlich die Kolonnaden im Kurort Marienbad in Böhmen sowohl in dekorativer wie in konstruktiver Richtung als ein hervorragendes Bauwerk angeführt zu werden. Das Unternehmen war in der späten zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an mehreren Großprojekten des Brücken- und Eisenbahnbaus beteiligt war. Darunter befanden sich unter anderem die Brückenbauwerke für die Lokalbahn Schwechat–Mannersdorf und die Lokalbahn Bisenz–Gaya (beide im Jahre 1883) sowie der Makartsteg über die Salzach in Salzburg und die Donaubrücke bei Stein-Mauthern.[5][6] Die Kremser Eisenbahnbrücke über die Donau bei Krems-Stein wurde im Jahre 1889 errichtet,[7] eine von zahlreichen von kleinen und größeren Straßenbrücken die von Ig. Gridl in dieser Epoche erbaut wurden.

Für diese Verdienste erhielt Ignaz Gridl den k.u.k. Hoflieferantentitel. Seine Fabrik nannte sich nun k.u.k. Hof-Eisenconstructions-Werkstätte, Brückenbau-Anstalt und Schlosserei. Ignaz Gridl sen. verstarb im Jahr 1890 und wurde in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof, Gruppe 2, Gruft 1 beigesetzt. Seine Witwe und seine drei Söhne führten den Betrieb fort.[8]

Ignaz Gridl junior

Ignaz Gridl junior (* 24. Dezember 1867; † 13. Oktober 1933) war Sohn und Nachfolger von Ignaz Gridl sen. Er selbst war Ingenieur und führte die Geschäfte seines Vaters erfolgreich weiter. In seiner Zeit wurden die Wiener Gasometer errichtet.[9] Das Etablissement, das um 1900 außer dem Beamtenpersonal 500 bis 600 Mitarbeiter beschäftigte, umfasste ein Firmenareal von 14.400 Quadratmetern, auf dem sich das Maschinen- und Kesselhaus, die Schmiede, Richterei, Schlosserei, die große Halle für den Brückenbau, die Dreherei und Maschinenschlosserei, Magazine und Gebäude des technischen und administrativen Dienstes erheben. Elektrisch beleuchtet, und für den elektrischen Betrieb eingerichtet, war die Fabrik mit den neuesten und besten Maschinen, mit Dampfhämmern, Kaltsägen, Pressen usw., welche die größte Kraftentfaltung zugelassen haben, ausgestattet, um den, sowohl hinsichtlich Qualität als auch Lieferzeit, hohen Anforderungen gerecht zu werden.

Am Bau der Neuen Alpenbahnen der k.k. Staatsbahnen war Gridl durch die Lieferung und Montage von Brückentragwerken, z. B. für die Tauernbahn, beteiligt.[10] Auch eiserne Aussichtswarten, wie z. B. die Matraswarte am Schöpfl wurden von dem Unternehmen konstruiert und errichtet. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden mit weiteren technologischen Entwicklungen wie Stromversorgung und den Rundfunk ab 1920 Strommaste für Fernlinien und ab 1925 Sendemaste für die RAVAG (Radio Wien) gebaut.[11] Im selben Jahr arbeitete man am Neubau der Steyregger Donaubrücke der Österreichischen Bundesbahnen.[12] 1933, kurz vor dem Ende der Firma, wurde einer der beiden Sendemasten des Senders Bisamberg von Ignaz Gridl jun. errichtet und die Fundamente und Gegengewichte der Masten berechnet.[11] Bei vielen Aufträgen in der Zwischenkriegszeit erfolgte die Aufteilung der Baulose paritätisch an Gridl und den Konkurrenten Waagner-Biró.

Übernahme Waagner-Biró

Ein Jahr nach dem Tod von Ignaz Gridl jun. erwarb 1934 der Konkurrent Waagner-Biró die Firma Ig. Gridl und fusionierte sie. Einer der Söhne des Hauses wurde dafür Vorstandsmitglied im Unternehmen.[13]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Ignaz Gridl, in: Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs 1898. Band 6. Weiss, Wien 1898, S. 90–91.
  2. Margit Stadlober, KFU Graz: Historische Gewächshäuser des Botanischen Gartens. Denkmal-Steiermark, 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Juni 2013; abgerufen am 20. Februar 2010.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.denkmal-steiermark.at
  3. Geschäftshaus des Wiener Giro- und Kassen-Verein in der Rockhgasse 4, Wien 1, siehe Bauten von Emil von Förster
  4. Siehe Bank für Tirol und Vorarlberg.
  5. 150 Jahre Erfahrung im Brückenbau. Waagner-Biro Stahlbau AG, archiviert vom Original am 29. August 2005; abgerufen am 5. Oktober 2009.
  6. http://www.waagner-biro.com/de/unternehmen/geschichte-meilensteine
  7. Manfred Wehdorn, Ute Georgeacopol-Winischhofer: Baudenkmäler der Technik und Industrie in Österreich. Band 1: Wien - Niederösterreich - Burgenland. Böhlau, Wien 1984, S. 239. (Ansicht in Google Bücher.)
  8. Ignaz Gridl, K.u.k. Hof-Eisenconstructions-Werkstätte, Brückenbau-Anstalt und Schlosserei im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  9. Caroline Jäger: Österreichische Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts. NWV, Neuer Wissenschaftlicher Verlag, Wien 2005, ISBN 3-7083-0263-X.
  10. ANNO, Der Bautechniker, 1907-02-01, Seite 6. Abgerufen am 19. August 2021.
  11. ANNO, Radio Wien, 1933-05-26, Seite 68. Abgerufen am 19. August 2021.
  12. ANNO, Salzburger Chronik für Stadt und Land, 1925-09-16, Seite 4. Abgerufen am 19. August 2021.
  13. 03 02 2012 Um 18:22: Ignaz Gridl: Ein Schlossermeister aus Wien . . . 3. Februar 2012, abgerufen am 19. August 2021.

Literatur

  • Manfred Wehdorn, Franz Baltzarek, Renate Wagner-Rieger, Ute Georgeacopol: Die Bautechnik der Wiener Ringstraße: mit einem Katalog technischer Bauten und Anlagen in der Ringstraßenzone (= Die Wiener Ringstraße. Bild einer Epoche; die Erweiterung der inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 11). Steiner, Wiesbaden 1979, ISBN 3-515-02482-4.
  • Markus Baumgartner, Alfred Fogarassy (Hrsg.); Nora Schoeller (Fotos), Markus Wörgötter (Gestaltung): Ignaz Gridl. Eisenkonstruktionen. Ingenieurbaukunst und Innovation im späten 19. Jahrhundert. Brandstätter, Wien 2011, ISBN 978-3-85033-576-8.
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