Ichnovirus
Ichnovirus (IV) ist eine Gattung von Viren mit doppelsträngigem DNA-Genom. Als Wirte dienen parasitoide Wespen, die selbst Schmetterlinge (Lepidoptera) parasitieren. Seitens des International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) ist diese Gattung aktuell der Familie Polydnaviridae zugeordnet (Stand April 2020). Diese Familie ist jedoch möglicherweise paraphyletisch (s. u.), wobe die Ichnoviren von der Reisenviren-Familie Ascoviridae abstammen könnten (was dann die in der Box angegebene veränderte (mit ‚?‘ gekennzeichnete) Klassifizierung als Ascoviren bedeuten würde). Die Typusspezies ist Campoletis sonorensis ichnovirus.[2][3]
Ichnovirus | ||||||||
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Ichnovirus, Querschnitt | ||||||||
Systematik | ||||||||
Taxonomische Merkmale | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Ichnovirus | ||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||
IV | ||||||||
Links | ||||||||
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Aufbau
Die Viruspartikel (Virionen) der Gattung Ichnovirus sind behüllt und haben breite Ellipsoid-Geometrie. Das Genom ist segmentiert und ringförmig (zirkulär) bei einer Länge von etwa 6,0 bis 20 kb lang.[2]
Vermehrungszyklus
Die Replikation ist nuklear, d. h. geschieht im Zellkern der Wirtszelle. Die Transkriptionsmethode ist DNA-gestützt. Das Virus verlässt die Wirtszelle durch Kernporenexport (englisch nuclear pore export). Als Wirte dienen Echte Schlupfwespen (Familie Ichneumonidae) der beiden Unterfamilien Banchinae und Campopleginae (alias Porizontinae), diese Wespen sind selbst Parasitoide von Schmetterlingen (Ordnung Lepidoptera). Zumindest bei den Campopleginae werden die Viruspartikel nur in den Calyxzellen der Ovarien der Wespen gebildet. Die Wespe injiziert ein oder mehrere Eier zusammen mit einer Menge des Virus in ihren Wirt, die Schmetterlingsraupe (‚Koinjektion‘). Das Virus und die Wespe stehen in somit einer symbiotischen Beziehung: Die Expression viraler Gene verhindert, dass das Immunsystem der Raupe (also des Wespenwirts) das injizierte Wespenei abtötet, und verursacht weitere physiologische Veränderungen sowie Änderungen des Verhaltens. Diese führen die letztendlich zum Absterben der Schmetterlingsraupe. Der Übertragungsweg ist somit elterlich (von Wespenmüttern auf ihre Nachkommen) und das Ichnovirus fungiert als endogene viralen Vektor.[2][4]
Systematik
Innere Systematik
Mit Stand Februar 2019 sind vom International Committee on Taxonomy of Viruses (ICTV) besteht die Gattung Ichnovirus aus den folgenden Spezies:[5]
- Gattung Ichnovirus
- Spezies Campoletis aprilis ichnovirus
- Spezies Campoletis flavicincta ichnovirus
- Spezies Campoletis sonorensis ichnovirus (Typusspezies)
- Spezies Casinaria arjuna ichnovirus
- Spezies Casinaria forcipata ichnovirus
- Spezies Casinaria infesta ichnovirus
- Spezies Diadegma acronyctae ichnovirus
- Spezies Diadegma interruptum ichnovirus
- Spezies Diadegma terebrans ichnovirus
- Spezies Enytus montanus ichnovirus
- Spezies Eriborus terebrans ichnovirus
- Spezies Glypta fumiferanae ichnovirus
- Spezies Hyposoter annulipes ichnovirus
- Spezies Hyposoter exiguae ichnovirus
- Spezies Hyposoter fugitivus ichnovirus
- Spezies Hyposoter lymantriae ichnovirus
- Spezies Hyposoter pilosulus ichnovirus
- Spezies Hyposoter rivalis ichnovirus
- Spezies Olesicampe benefactor ichnovirus
- Spezies Olesicampe geniculatae ichnovirus
- Spezies Synetaeris tenuifemur ichnovirus
Äußere Systematik
Die IV weisen bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit den zu den Riesenviren gehörenden Ascoviren auf und haben sich vermutlich aus diesen entwickelt,[6]
Die beiden Virusgattungen Ichnovirus (IV) und Bracovirus in der Familie Polydnaviridae sind tatsächlich nicht phylogenetisch verwandt, was bedeutet, dass dieses Taxon möglicherweise überarbeitet werden muss.[7]
Einzelnachweise
- ICTV: ICTV Master Species List 2019.v1, New MSL including all taxa updates since the 2018b release, March 2020 (MSL #35)
- ViralZone: Polydnaviridae. ExPASy, abgerufen am 25. Juli 2019.
- ICTV: Virus Taxonomy: 2014 Release. Abgerufen am 25. Juli 2019.
- Elisabeth A. Herniou, Elisabeth Huguet, Julien Thézé, Annie Bézier, Georges Periquet, Jean-Michel Drezen (2013): When parasitic wasps hijacked viruses: genomic and functional evolution of polydnaviruses. Philosophical Transactions of the Royal Society Series B 368: 1626. doi:10.1098/rstb.2013.0051
- ICTV: Master Species List 2018b.v2 (MSL #34)
- B. A. Federici, D. K. Bideshi, Y. Tan, T. Spears, Y. Bigot: Ascoviruses: superb manipulators of apoptosis for viral replication and transmission. In: Current Topics in Microbiology and Immunology. Band 328, 2009, ISBN 978-3-540-68617-0, S. 171–196, doi:10.1007/978-3-540-68618-7_5, PMID 19216438.
- Dupuy C, Huguet E, Drezen JM: Unfolding the evolutionary story of polydnaviruses. In: Virus Res. 117. Jahrgang, Nr. 1, 2006, S. 81–89, doi:10.1016/j.virusres.2006.01.001, PMID 16460826.