Hypercinnabarit
Hypercinnabarit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung HgS und damit chemisch gesehen Quecksilbersulfid.
Hypercinnabarit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer | |
IMA-Symbol |
Hcin[3] |
Andere Namen | |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfide und Sulfosalze |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
II/C.18-020[6] 2.CD.15b 02.08.08.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | hexagonal |
Kristallklasse; Symbol | nicht definiert[5] |
Gitterparameter | a = 7,01 Å; c = 14,13 Å[5] |
Formeleinheiten | Z = 12[5] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 3 (VHN25 = 51,5 kg/mm2)[7] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 7,43; berechnet: 7,54[7] |
Spaltbarkeit | fehlt[6] |
Bruch; Tenazität | schwach muschelig bis uneben[7] |
Farbe | schwarz mit violettem Schimmer; im polierten Zustand gräulich weiß[7] |
Strichfarbe | dunkelschwarzviolett[7] |
Transparenz | durchscheinend[7] |
Glanz | Diamantglanz[7] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 2,610[8] nε = 2,850[8] |
Doppelbrechung | δ = 0,240[8] |
Optischer Charakter | einachsig positiv |
Hypercinnabarit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt nur mikroskopisch kleine Kristalle von schwarzer Farbe mit einem Stich ins Violette. Seine Strichfarbe ist ebenfalls dunkelschwarzviolett.
Etymologie und Geschichte
Erstmals erwähnt wurde die Hochtemperaturmodifikation von Quecksilbersulfid 1965 durch Mikolaechuk und Dutchak und als Gamma-Quecksilbersulfid bezeichnet. Ihre Charakterisierung umfasste jedoch nur das Beugungsmuster. 1971 wurde diese Phase auch von Z. M. Protodyakonova, T. S. Timofeeva und V. P. Fedorchuk mit Röntgentechniken in einer Quecksilber-Antimon-Lagerstätte in Zentralasien (ehemalige UdSSR) identifiziert, die zudem eine vierte Form von Quecksilbersulfid zu enthalten schien.[9]
Als natürliche Mineralbildung wurde Hypercinnabarit 1978 in der „Mount Diablo Mine“ bei Clayton (Contra Costa County, Kalifornien) in den USA entdeckt. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch Robert W. Potter II und H. L. Barnes, die das Mineral in Bezug auf seine nahe Verwandtschaft mit Cinnabarit und Metacinnabarit benannten.[9]
Das Mineral ist von der International Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Mineralart anerkannt. Die von der Prüfungskommission vergebene interne Eingangs-Nummer ist allerdings nicht bekannt oder ging verloren. In der IMA-Datenbank findet sich nur die Status-Notiz IMA1977-D[1] und in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA wird Hypercinnabarit unter der Summenanerkennung „IMA 1977 s.p.“ (special procedure) geführt.[2]
Klassifikation
Da der Hypercinnabarit erst 1977 als eigenständiges Mineral anerkannt wurde, ist er in der ebenfalls letztmalig 1977 aktualisierten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz noch nicht verzeichnet.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/C.18-020. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort der Abteilung „Sulfide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : S,Se,Te ≈ 1 : 1“, wo Hypercinnabarit zusammen mit Cinnabarit die unbenannte Gruppe II/C.18 bildet.[6]
Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hypercinnabarit in die Abteilung der „Metallsulfide, M : S = 1 : 1 (und ähnliche)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Zinn (Sn), Blei (Pb), Quecksilber (Hg) usw.“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 2.CD.15b bildet.
Die im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Hypercinnabarit der Unterabteilung der „Sulfide einschließlich Seleniden und Telluriden mit der allgemeinen Zusammensetzung AmBnXp sowie dem Stoffmengenverhältnis (m+n):p=1:1“ zu. Dort findet er sich als einziges Mitglied der unbenannten Gruppe 02.08.08.
Kristallstruktur
Hypercinnabarit kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem in bisher nicht ermittelter Raumgruppe mit den Gitterparametern a = 7,01 Å und c = 14,13 Å sowie 12 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]
Modifikationen und Varietäten
Chemisch gesehen ist Hypercinnabarit die Hochtemperaturmodifikation von drei Modifikationen des Quecksilbersulfids (HgS). Die beiden anderen sind das trigonal kristallisierende Cinnabarit und das kubisch kristallisierende Metacinnabarit.
Bildung und Fundorte
Da Hypercinnabarit eng mit Metacinnabarit verwandt ist, bildet er sich wie dieses in Quecksilber-Lagerstätten, allerdings bei höheren Temperaturen, das heißt in tieferen Erdschichten.
Bisher sind für das Mineral außer seiner Typlokalität „Mount Diablo Mine“ in Kalifornien noch drei weitere Fundorte bekannt (Stand: 2023): Die „White Caps Mine“ bei Manhattan im Nye County des US-Bundesstaates Nevada, die Antimon (Sb)-Quecksilber-Lagerstätte von Chauwai (russisch: Чаувай) im Alai-Gebirge von Kirgisistan und die „Monarch Cinnabar Mine“ bei Gravelotte in der südafrikanischen Provinz Limpopo.[11]
Ein weiterer Fundort in einer Uran-Prospektion am Huron River zum Oberen See (engl. Lake Superior) in Michigan (USA) gilt bisher als fraglich bzw. unbestätigt.[12]
Siehe auch
Literatur
- Robert W. Potter, H. L. Barnes: Phase relations in the binary Hg-S. In: American Mineralogist. Band 63, 1978, S. 1143–1152 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 23. Juli 2023]).
Weblinks
- Hypercinnabarit. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung
- IMA Database of Mineral Properties – Hypercinnabar. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
Einzelnachweise
- IMA Database of Mineral Properties – Hypercinnabar. In: rruff.info. RRUFF Project (englisch).
- Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2023. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Mai 2023, abgerufen am 19. Juli 2023 (englisch).
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- Jim Ferraiolo, Jeffrey de Fourestier, Dorian Smith: Invalid unnamed minerals, update 2012-01. IMA Subcommittee on Unnamed Minerals, Januar 2012, abgerufen am 23. Juli 2023.
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 82.
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Hypercinnabar. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 48 kB; abgerufen am 19. Juli 2023]).
- Hypercinnabar. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 19. Juli 2023 (englisch).
- Robert W. Potter, H. L. Barnes: Phase relations in the binary Hg-S. In: American Mineralogist. Band 63, 1978, S. 1143–1152 (englisch, rruff.info [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 23. Juli 2023]).
- Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 19. Juli 2023 (englisch).
- Fundortliste für Hypercinnabarit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 19. Juli 2023.
- Hypercinnabar from Huron River Uranium prospect (Unnamed V prospect; MRDS – 10171055), Huron River, Baraga County, Michigan, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 24. Juli 2023.