Horst Egon Berkowitz
Horst Egon Berkowitz (* 16. Januar 1898 in Königsberg; † 13. Februar 1983 in Hannover) war ein deutscher Rechtsanwalt und Mäzen. Der Holocaust-Überlebende engagierte sich schon im April 1945 für den Wiederaufbau des Justizwesens in Deutschland.[1]
Leben
Familie
Horst Egon Berkowitz war der Sohn des Kaufmanns David Berkowitz[2] und dessen Ehefrau Ernestine[1] aus jüdischer Familie[2] sowie der Bruder von Harald[2] und Gerhard Berkowitz;[1] er wuchs in Hannover auf.
Werdegang
Horst Berkowitz besuchte[1] ebenso wie sein Bruder Harald,[2] die Leibnizschule und legte dort 1914 sein Notabitur ab. Er meldete sich sechzehnjährig als Freiwilliger für den Ersten Weltkrieg. Dort wurde er am 16. November 1915 bei Chemin des Dames schwer verwundet, er verlor ein Auge, Teile des Gehörs und erlitt eine Gehbehinderung. Dafür wurde er mit dem Goldenen Verwundetenabzeichen ausgezeichnet.[1]
Nach Aufenthalt in einem Lazarett begann Berkowitz im Juni 1916 sein Jurastudium an der Universität Göttingen und promovierte mit der Dissertation Ein Beitrag zur Interessenverteilung, zum Interessenkonflikte und zum Interessenausgleiche in der Lebensversicherung dort im Jahr 1919.[3] Im März 1922 bestand Berkowitz das Assessorexamen und ließ sich am 26. April 1922 mit 24 Jahren als Rechtsanwalt und Juniorpartner in einer Dreiersozietät in Hannover nieder[4], nahm ab 1928 auch die Funktion eines Notars wahr.[1]
Nach der Machtergreifung 1933 blieb Berkowitz anfangs – aufgrund seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg – noch vom Berufsverbot für jüdische Juristen verschont, doch 1935 entzogen ihm die Nationalsozialisten sein Notariat. Seine beiden Sozien trennten sich bereits im Juni 1933 von ihm. Am Tag nach der sogenannten „Reichskristallnacht“ wurde er am 10. November 1938 schließlich verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Da er Träger des Goldenen Verwundetenabzeichens war, durfte er Buchenwald nach kurzer Zeit jedoch wieder verlassen. Dort arbeitete er zunächst als sogenannter „Konsulent“, als Rechtsvertreter in jüdischen Angelegenheiten. Im Dezember 1940 wurde er trotz seiner schweren Verwundungen arbeitsverpflichtet und musste sich täglich im KZ Ahlem melden.
Unterdessen wurden Berkowitz’ Bruder Gerhard und die Mutter Ernestine in den Jahren 1941/42 deportiert.[1], die Mutter starb 1943 im Ghetto Theresienstadt an Hungertyphus.
Unmittelbar nach der Befreiung vom Nationalsozialismus – in Hannover – setzte sich Berkowitz schon im April 1945 für den Neubeginn des Justizwesens ein und wurde noch im selben Monat durch die britische Militärregierung wieder als Rechtsanwalt und Notar zugelassen. In den Wiederaufbaujahren arbeitete er außerdem im Wiederaufbau-Ausschuss der Stadt mit.[1] Berkowitz gehörte zu den Gründungsmitgliedern des wieder gegründeten Rechtsanwaltsvereins Hannover, in dessen Vorstand er bis 1973 saß.
Berkowitz schenkte 1978[3]
- seine wertvolle Münzsammlung der Stadt Hannover,[3] und
- eine bedeutende Briefmarkensammlung dem Staat Israel.[3]
Horst Egon Berkowitz wurde auf dem Jüdischen Friedhof Bothfeld bestattet.[3]
Ehrungen
- Erster Weltkrieg: Goldenes Verwundetenabzeichen[3]
- 1961: Bundesverdienstkreuz Erster Klasse[3]
- 1963: Niedersächsisches Verdienstkreuz Erster Klasse[3]
- 1976: Stadtplakette Hannover[3]
- 1979: Ehrenmitglied des Deutschen Anwaltsvereins[3]
Literatur
- „Reichskristallnacht“ in Hannover. Eine Ausstellung zur 40. Wiederkehr des 9. November 1938, hrsg. vom Historischen Museum Hannover, 1978, S. 125–130
- Helmut Zimmermann: Münzkabinett der Stadt Hannover. Sammlung Dr. Horst Berkowitz, 1979
- Ulrich Beer: Versehrt, verfolgt, versöhnt: Horst Berkowitz, ein jüdisches Anwaltsleben, Essen: Juristischer Fachbuchverlag Essen, 1979
- Ulrich Beer: Dr. Horst Berkowitz. Ein jüdisches Anwaltsleben, Tübingen: Klöpfer und Meyer, 2004, ISBN 3-937667-05-9; Leseprobe
- Horst Göppinger: Juristen jüdischer Abstammung im „Dritten Reich“. Entrechtung und Verfolgung, 2., völlig neubearb. Aufl., München: Beck, 1979, ISBN 3-406-33902-6, S. 328
- Gerhard Fieberg (Konzeption und Text): Im Namen des deutschen Volkes. Justiz und Nationalsozialismus, Katalog zur Ausstellung des Bundesministers der Justiz, hrsg. vom Bundesminister der Justiz, Köln: Verlag Wissenschaft und Politik, 1989, ISBN 3-8046-8731-8, S. 130–132
- Hans Joachim Brand: Vergangenes heute. Historisches und Persönliches aus der Rechtsanwaltskammer Celle, 2000, S. 124–131
- Projekt Erinnerungskultur: Am Gedenkort für die 1938 zerstörte Neue Synagoge, Rote Reihe, Hannover, Horst Berkowitz berichtete … , Auszug aus Dokumente und Texte, Hannover 2012 auf der Seite hannover.de, zuletzt abgerufen am 27. November 2021
- Deniz Ellenberg: Dr. Horst Egon Berkowitz. Ein jüdischer Rechtsanwalt in Hannover, [Hannover, 2012] Facharbeit auf der Seite https://docplayer.org/12342886-Dr-horst-berkowitz-ein-juedischer-rechtsanwalt-in-hannover-deniz-ellenberg.html, als PDF-Dokument zuletzt abgerufen am 19. April 2019
- Peter Schulze: BERKOWITZ, (2) Horst Egon. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 52f.; online über Google-Bücher
- Peter Schulze: Berkowitz, (2) Horst Egon. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 62f.
- Hans-Jürgen Rabe: Hans Berkowitz †. In: Anwaltsblatt 1983, S. 158.
Weblinks
- Gerhard Simon: Horst Berkowitz, ein deutsches Schicksal, hrsg. von der Motivgruppe Deutsche Geschichte e.V. („Philatelistische Arbeitsgemeinschaft im Bund Deutscher Philatelisten (BDPh) und im Verband Philatelistischer Arbeitsgemeinschaften (VPhA) mit der Fachstelle Thematische Philatelie“), zuletzt abgerufen am 20. September 2013
Einzelnachweise
- Peter Schulze: BERKOWITZ, (2) ... (siehe Literatur)
- Peter Schulze: Berkowitz, (1) Harald. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 52.
- Peter Schulze: Berkowitz, (2), Horst Egon (siehe Literatur)
- Ulrich Beer, Horst Berkowitz. Essen 1979, Seite 48