Hoheneiche (Wehretal)

Hoheneiche ist ein Ortsteil der Gemeinde Wehretal im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis.

Hoheneiche
Gemeinde Wehretal
Koordinaten: 51° 8′ N,  58′ O
Höhe: 190 (182–236) m ü. NHN
Fläche: 3,87 km²[1]
Einwohner: 629 (31. Dez. 2013)[2]
Bevölkerungsdichte: 163 Einwohner/km²
Eingemeindung: 31. Dezember 1971
Postleitzahl: 37287
Vorwahl: 05658

Geographische Lage

Der Ort liegt im Tal der Sontra. Östlich des Ortskerns verläuft die Bahnstrecke Bebra–Göttingen. Die Bundesstraßen 7, 27 und 452 treffen sich in Ortsnähe.

Geschichte

St. Martinskirche in Hoheneiche
Baumbachsches Haus

Ortsgeschichte

Ein im päpstlichen Archiv aufbewahrter Zeugenbericht von 1233 über die erste Wunderheilung eines aus Hoheneiche gebürtigen Mädchen Adelhaidi, das am 19. November 1231 am gerade angelegten Grab der heiligen Elisabeth von Thüringen von ihren Leiden genesen war, gilt als Ersterwähnung des Ortes.[3] Der Ort wurde 1264 wieder erwähnt, als Hoheneiche von Thüringen an die neu entstandene Landgrafschaft Hessen kam. Die zunächst im romanischen Baustil errichtete Kapelle St. Martin wurde um 1300 zur Kirche erweitert und erhielt einen Chorturm. Im Dreißigjährigen Krieg fiel das Gotteshaus, neben weiteren Gebäuden im Ort, im Jahre 1637 einem Brand zum Opfer, den kroatische Truppen während eines Überfalls entfacht hatten. Beim Wiederaufbau entschloss man sich, den Turm mit einem Fachwerkgeschoss aufzustocken.

Im Jahr 1577 wurde in Hoheneiche die Missgeburt von Hoheneiche, ein weithin bekanntes missgebildetes Kind, geboren. Der Renaissance-Künstler Dietmar Merluan fertigte einen Holzschnitt von dem Kind an.

Der adlige Ort im Besitz der Herren von Boyneburg kam 1654 zum landgräflichen Amt Bischhausen.[1]

Am 21. August 1801 reiste Johann Wolfgang von Goethe durch Hoheneiche und zeichnete die Kirche.

Von 1807 bis 1813 war der Ort Teil des Kantons Reichensachsen im napoleonischen Königreich Westphalen. Damals führte die Handelsstraße von Leipzig nach Holland mitten durch das Dorf. Ab 1821 gehörte der Ort zum Kreis Eschwege.

NS-Zeit

Die 1869 in Köln von Abraham Rollmann und Abraham Rose gegründeten TRUMPF-Strumpffabriken Rollmann & Rose errichtete in den 1890er Jahren eine neue Fabrikationsstätte für die manuelle Herstellung von Strümpfen und Socken in Hoheneiche. Unter Firmenleitung der Familie Kaufmann wurden in den 1920er Jahren Buntmuster-Maschinen aufgestellt und der Betrieb wurde in Deutschland zu einem Markennamen für Strumpfwaren. Der Betrieb wurde 1938 arisiert und in den Besitz der Firma Krummbein aus dem Eichsfeld überführt.[4] Dass von freiwilligem Verkauf keine Rede sein konnte, geht zum einen daraus hervor, dass Bertha Kaufmann, die Witwe des Besitzers Daniel Kaufmann, schon 1937 gemeinsam mit ihrem Sohn Ernst und seiner Familie nach Holland und ihr Sohn Friedrich 1938 in die USA emigrierten.[5] Nach Internierung im Durchgangslager Westerbork wurde Ernst Kaufmann und seine Familie am 5. April 1944 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und von dort aus am 18. Mai 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz gebracht. Am 31. Januar 1945 wurde er für tot erklärt. Zum anderen erhielt Friedrich Kaufmann 1949 den Besitz der Firma wieder zugesprochen.[6]

Über den Kirchenkampf und die schlechten Erfahrungen, die der in der Gemeinde recht beliebte Pfarrer Kurt Reuber damals machte, der durch seine Stalingradmadonna bekannt wurde, berichtet der Ortshistoriker Bernhard Hermann Roth unter anderem, dass er, als seine Argumente nichts halfen, die Vertrauensfrage stellen musste, um zu verhindern, dass ein Vertreter der Deutschen Christen in Hoheneiche eine "reichskirchliche Feierstunde" abhielt.[7]

Nachkriegszeit

Mit 650 Beschäftigten war Rollmann & Rose in den 1960er Jahren größter Arbeitgeber im Ort. Es gab Zweigwerke in Grebendorf und Eschwege. Wegen Namensähnlichkeit zur Miederwaren-Marke Triumph International kam es 1968 zu einem Prozess vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf, den die Hoheneicher Firma gewann.[8]

Zum 1. Februar 1971 fusionierten im Zuge der Gebietsreform in Hessen die bis dahin selbständigen Gemeinden Oetmannshausen und Hoheneiche zur neuen Gemeinde Hoheneiche.[9] Diese neue Gemeinde Hoheneiche kam am 31. Dezember 1971 zur Gemeinde Wehretal.[10] Für die Ortsteile Hoheneiche und Oetmannshausen (seit 28. Januar 1976) wurde je ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[11]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Hoheneiche angehört(e):[1][12]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Hoheneiche 618 Einwohner. Darunter waren 3 (0,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 102 Einwohner unter 18 Jahren, 213 zwischen 18 und 49, 150 zwischen 50 und 64 und 150 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 276 Haushalten. Davon waren 75 Singlehaushalte, 99 Paare ohne Kinder und 81 Paare mit Kindern, sowie 21 Alleinerziehende und krinr Wohngemeinschaften. In 72 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 174 Haushaltungen lebten keine Senioren/-innen.[15]

Einwohnerentwicklung

  • 1585: 50 Haushaltungen[1]
  • nach 1648: noch circa 30 Einwohner (Kriegsverwüstung)[1]
  • 1747: 46 Haushaltungen[1]
Hoheneiche: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2013
Jahr  Einwohner
1834
 
399
1840
 
406
1846
 
422
1852
 
424
1858
 
423
1864
 
378
1871
 
312
1875
 
370
1885
 
363
1895
 
352
1905
 
417
1910
 
435
1925
 
472
1939
 
504
1946
 
744
1950
 
740
1956
 
735
1961
 
768
1967
 
820
1970
 
828
1980
 
?
1990
 
?
2000
 
?
2011
 
618
2013
 
629
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: bis 1970[1]; Gemeinde Wehretal[2]; Zensus 2011[15]

Historische Religionszugehörigkeit

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
 1885:354 evangelische (= 97,52 %), 9 katholische (= 2,48 %) Einwohner
 1961:620 evangelische (= 80,73 %), 123 katholische (= 16,02 %) Einwohner

Kultur

Infrastruktur

Literatur

  • Festausschuss (Hrsg.): 750 Jahre Hoheneiche 1233–1983. Festschrift zum Historischen Heimatfest vom 18. bis 22. 8. 1983. Wehretal-Hoheneiche 1983, S. 208.
  • Bernhard Hermann Roth: Anger, Fachwerkhäuser und Kirche in Hoheneiche. Ein imposantes Ensemble für den Maler Wilhelm Schott. In: Werratalverein Eschwege (Hrsg.): Das Werraland. 60. Jg., Heft 4. Eschwege 2008, S. 88–90.
  • Literatur über Hoheneiche nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Hoheneiche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung von Justiz (Justizamt Bischhausen) und Verwaltung.
  3. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs.
  4. Am 31. Dezember 1971 als Ortsbezirk zur Gemeinde Wehretal.

Einzelnachweise

  1. Hoheneiche, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Geodatenzentrum: Hoheneiche, abgerufen im Februar 2016.
  3. Bernhard Hermann Roth: Wunderheilung nach drei Tagen. In: Werratalverein Eschwege (Hrsg.): Das Werraland. 59. Jg., Heft 2. Eschwege 2008, S. 4142.
  4. Barbara Becker-Jákli: Der Jüdische Friedhof Köln-Bocklemünd. 1. Auflage. Emons Verlag, Köln 2016, ISBN 978-3-95451-889-0, S. 8889.
  5. 1942 war sie mit ihrer Familie in Naarden, in der Ostadelaan 39 gemeldet. Später wurde Bertha Kaufmann im Durchgangslager Westerbork inhaftiert. Dort verstarb sie am 18. April 1943 an Entkräftung und wurde am 19. April eingeäschert.
  6. Bernhard Hermann Roth: Hoheneiche zur Zeit des Nationalsozialismus, S. 3. Dort heißt es dazu weiter: "In der 12-seitigen gedruckten Jubiläumsschrift aus dem Jahre 1979 "110 Jahre Rollmann und Rose" liest man über die NS-Epoche kein Wort."
  7. Bernhard Hermann Roth: Hoheneiche zur Zeit des Nationalsozialismus, S. 8
  8. Freude am Swing (Die Geschichte der Strumpfhose). In: Der Spiegel. Nr. 49, 1969 (online).
  9. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Abs. 5 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
  10. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 388.
  11. Hauptsatzung. (PDF; 104 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Wehretal, abgerufen im September 2020.
  12. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 7 f. (online bei Google Books).
  14. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August, S. 72 f. (kurhess GS 1821)
  15. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 58 und 115, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
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