Hochtemperaturwärmespeicher

Hochtemperaturspeicher, genauer Hochtemperaturwärmespeicher, sind eine Untergruppe der Wärmespeicher und werden in der Literatur als HTS (High Temperature Storage/Hoch-Temperatur-Speicher) oder HTES (High Temperature Energy Storage/Hochtemperaturwärmespeicher) bezeichnet.

Materialklassen

Phasenwechselmaterialien, auch Latentspeichermaterialien genannt, finden hier ebenso Anwendung wie Sensible Speichermaterialien. Klassisch werden Speichersalze[1][2] als PCM und Feststoffe (Beton[3], Speichergranulate[4], Aluminiumoxid[5], Schotter[6], Kies, …) als Sensible Speichermaterialien eingesetzt.

Phasenwechselmaterialien (PCM, Phase Changing Materials)

Die wichtigste Gruppe der Speichersalze sind Salzhydrate. Für den Hochtemperaturbereich werden nur wasserfreie Salze bzw. deren Mischungen eingesetzt. Bis ca. 600 °C (maximale Einsatztemperatur) wird großtechnisch vor allem eine Mischung aus Kaliumnitrat und Natriumnitrat verwendet. Diese Mischung hat einen Schmelzpunkt von 290 °C und kann 170MJ/t an thermischer Energie aufnehmen. Carbonatsalze arbeiten zwischen 450 °C und 850 °C und sind somit die Gruppe der Salze mit den höchsten Einsatztemperaturen.[7]

Sensible Speichermaterialien

Sensible Speichermaterialien haben zwar eine niedrigere Wärmekapazität[8], unterliegen aber nicht den Beschränkungen der Salzspeicher. Sensible Speichermaterialien lassen sich theoretisch bereits ab Raumtemperatur einsetzen. Die maximale Anwendungstemperatur ist wiederum materialabhängig. Metalle wie Stahl oder Gusseisen lassen sich bis ca. 800 °C nutzen, Mineralien wie Magnesiumgesteine bis 1.200 °C, und künstlich hergestellte Materialien sogar bis über 1.300 °C.[9]

Aufgrund der unterschiedlichen Charakteristiken der PCM- und Sensiblen Speichermaterialien werden oft auch die Anwendungen entsprechend eingegrenzt.

Vor- und Nachteile der Speichermaterialien

ParameterSalzspeichersensible Speicher
VorteileAnwendungstemperaturBreiter Temperaturbereich in der Anwendung (bis > 1.300 °C)
SpeicherdichteHohe Speicherdichte in einem definierten Temperaturbereich
Materialkostengeringgering
Verfügbarkeithochhoch
WärmeträgerSpeichermaterial kann gleichzeitig als Wärmeträgermedium genutzt werdenViele Wärmeträger (Salze, Öl, Dampf, Gase) möglich
BauformEin- oder Zweitanksystemekompakt und einfach
spezifisches Invest50–150 €/kWh20–30 €/kWh
Exergieniveau hoch
NachteileEnger Temperaturbereich, beispielsweise 270 °C – 550 °C für NitratsalzeIm mit Salzen vergleichbaren Temperaturbereich ca. 30 % niedrigere Speicherkapazität
Einfrieren der Anlage
Eingesetzte Salze können sich thermisch zersetzen
Investitionskosten für die komplette Anlage
Viele Salze wirken korrosiv auf Behältermaterialien, die entsprechend hochwertig sein müssen und damit teuer sind
Stahlwerk Phönix-West, mit 3 Cowpern

Anwendung

Funktionsschema „Andasol“, Salzspeicher integriert.
  • CSP, solarthermische Kraftwerke[10]: Hier werden i.d.R Salzspeicher eingesetzt. Eines der ersten CSP-Kraftwerke, welches einen solchen Speicher fährt, wird in Spanien betrieben: Andasol
  • Stahlindustrie: In sogenannten „Cowpertürmen“[11] werden Gichtgase verbrannt. Dabei erhitzen sie die im Turm eingebauten Steine. Wird der Hochofen erneut angefahren, wird kalte Luft durch die Cowper geblasen und das gesamte Brennsystem auf 800–900 °C vorgewärmt.
  • Regeneratoren als Hochtemperaturspeicher[12]
  • Mobile Hochtemperaturspeicher[13]
  • Netzstabilisierung und Sektorenkopplung: als Teil sog. dezentrale Speichersysteme (Carnot-Batterien) z. B. in Quartierslösungen[14][15]. Dabei wird Überschussstrom aufgenommen, in Wärme gespeichert und in Bedarfszeiten über eine Rückverstromung wieder ins Stromnetz gespeist.

Literatur

  • Fisch u. a.: Wärmespeicher, hrsg. vom Fachinformationszentrum Karlsruhe, BINE Informationsdienst, 4., überarbeitete Aufl. 2005, DIN A5, kartoniert, 120 Seiten, TÜV Verlag 2005, ISBN 3-8249-0853-0.
  • Andreas Hauer, Stefan Hiebler, Manfred Reuß: Wärmespeicher. 5. vollständig überarbeitete Auflage, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-8167-8366-4 (Grundlagen verschiedene Speichertechnologien, Speichermedien, Wirtschaftlichkeit)
  • Michael Sterner, Ingo Stadler (Hrsg.): Energiespeicher. Bedarf, Technologien, Integration. 2. Auflage, Berlin Heidelberg 2017, ISBN 978-3-662-48893-5.

Einzelnachweise

  1. DLR, Flüssigsalzsysteme. Abgerufen am 20. April 2018.
  2. DLR, Startschuss für die Wärmespeicherung in flüssigen Salzen. Abgerufen am 20. April 2018.
  3. Beton-Wärmespeicherfähigkeit. Abgerufen am 20. April 2018.
  4. PROCESSs-Wärmespeicher für das Abwärmerecycling. Abgerufen am 20. April 2018.
  5. Enargus-Thermische Speicher. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 24. April 2018.@1@2Vorlage:Toter Link/www.enargus.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  6. Erneuerbare Energien – Baustart für Siemens Wärmespeicher. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. April 2018; abgerufen am 24. April 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.erneuerbareenergien.de
  7. Hochschule Düsseldorf – Energiespeicher. Abgerufen am 20. April 2018.
  8. Formelsammlung. Abgerufen am 20. April 2018.
  9. Prof. Dr. Alexander Braun Energiespeicher 2015. (PDF) Abgerufen am 20. April 2018.
  10. BINE – Solarthermische Kraftwerke. (PDF) Abgerufen am 20. April 2018.
  11. Arthur Binz – chemische Technologie.
  12. FVS-Workshop – Regeneratoren als Hochtemperaturspeicher. (PDF) Abgerufen am 24. April 2018.
  13. Windkraftjournal: NEBUMA bringt Hochtemperaturspeicher auf den Markt. Abgerufen am 20. April 2018.
  14. THM etem.THM - Forschungsprojekt: Eneff:Stadt FlexQuartier Gießen. Abgerufen am 16. November 2021.
  15. THM etem.THM - Sektorenübergreifender Hochtemperaturspeicher. Abgerufen am 16. November 2021.
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