Hobelspankragstein (Architektur)

Hobelspankragsteine sind skulptierte Steinkonsolen als konstruktive und gestalterische Bestandteile von Dachtraufen. Sie sind eine architektonische Besonderheit von romanischen Kirchen der Auvergne.

Hobelspankragsteine der Traufe der Notre-Dame du Port, in Clermont-Ferrand
Hobelspankragsteine, modifiziert, St-Saturnin (Puy-de-Dôme)
Stiftskirche St-Léonard-de-Noblat, Grabeskapelle, Hobelspankragsteine

Kragsteine bestehen aus dem äußeren sichtbaren Teil, der oben waagerecht und unterseitig nach oben hin verjüngt ist, und einem nicht sichtbaren Teil, der in den oberen Rand der Außenwände eingemauert ist. Die Kragweite ergibt sich aus dem Material und dem beabsichtigten Traufüberstand, ihre Abstände untereinander von der zu erwartenden Auflast. Die rückwärtigen Zwischenräume können einfach glatt gemauert, aber auch mit Steinen anderer Form und Farbe oder mit Inkrustationenen gestaltet sein. Auf den Kragsteinen liegen meist flache Gesimsplatten auf, deren Sichtkanten schlicht bis aufwändig profiliert oder strukturiert sind. Ihre Unterseiten können glatt, aber auch mit Reliefs geschmückt sein.

Auf ihnen enden die Sparrenköpfe der Holzdachkonstruktion, die wiederum mittels Dachlatten die Dacheindeckung tragen, überwiegend besteht diese in der Romanik aus Hohldachziegeln, in römischer Form, die auch Mönch-Nonnenziegel genannt werden. Diese kragen über die Vorderkante der Gesimsplatten aus, damit das Regenwasser abtropfen kann.

Hobelspankragsteine werden stets, abgesehen von wenigen Ausnahmen, in durchgehenden Reihung in absolut gleicher Formgebung eingesetzt. Dabei können deren Kragweiten bei den einzelnen Bauteilen differieren. Die Skulptur der Hobelkragsteine stellt in der Regel kunsthandwerklich höchste Anforderungen an den Bildhauer, da sie sehr tiefgründig und feingliedrig ist. Durch die permanente Wiederholung des Motivs erscheinen Hobelspankragsteine dem weniger informierten Betrachter einfallslos und eintönig.

Der Hobelspankragstein hat seinen Namen von den runden Hülsen auf beiden Seiten des Kragsteins, die den beim Hobeln von Holz entstehenden, sich aufrollenden Spänen ähnlich sehen. Von der Seite betrachtet weist er innen- und oberseitig eine winkelförmig abgeknickte Platte auf, die an den Bauteilen anzuliegen scheint. Ihre Sichtkanten sind fein profiliert.

Von vorne betrachtet befindet sich genau in der Mitte eine senkrechte dickere Platte von der seitlich die Hobelspäne abstehen. Ihre Kante ist ebenso profiliert und verläuft von der Seite gesehen von unten nach oben ansteigend in einer leicht nach innen geschwungenen Kurve, die auch die Hobelspäne mitmachen. Man findet ihn in der Auvergne weit verbreitet, besonders an den Traufen der Hauptkirchen der Limagne (Landschaft um Clermont-Ferrand, Auvergne).

Der Kunsthistoriker Viollet-le-Duc hat die Kragkonsolen des 11. bis 15. Jahrhunderts, insbesondere auch die Hobelspankragsteine mit exzellenten Grafiken dokumentiert. Dabei erläutert er die Herkunft der Hobelspäne durch ein Modell eines solchen Kragsteins aus Holz, bei dem die Hobelspäne besonders anschaulich dargestellt sind. Außerdem ergänzt er diese Skulpturen mit fachkundlichen Texten.

  • Viollet-le-Duc: Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVe siècle Paris 1868. Bd. 4. Corbeau. Online bei Wikisource Beschreibungen und Grafik von Kragsteinen
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