Hisham al-Hashimi

Hisham al-Hashimi (* 9. Mai 1973 in Bagdad; † 6. Juli 2020 ebenda) (auch Husham al-Hashimi, arabisch هشام الهاشمي, DMG Hišām al-Hāšimī) war ein irakischer Historiker, Publizist und Experte für Sicherheit, Extremismus und terroristische Gruppierungen wie die Organisation Islamischer Staat im Irak und der Levante.

Hisham al-Hashimi (April 2020)

Werdegang

Hisham al-Hashimi studierte Islamwissenschaft sowie Hadithe und befasste sich eingehend mit dem Werk des mittelalterlichen Hadithkundlers und Historiografen Al-Dhahabi.[1] Gegen Ende der Herrschaft des irakischen Staatschefs Saddam Hussein, wurde er inhaftiert. Nach dem Sturz des Saddam-Regimes durch die Koalitionstruppen im Dritten Golfkrieg wurde Hashimi als Journalist tätig und arbeitete unter anderem mit internationalen Berichterstattern zusammen.[2]

Hashimi spezialisierte sich auf die Analyse verschiedener bewaffneter Gruppen im Irak und verfasste zahlreiche Artikel und Blog-Beiträge. Mit dem Aufstieg der Organisation „Islamischer Staat im Irak“ und deren Nachfolgeorganisation „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ wurde er als Experte für Sicherheit und Terrorismusbekämpfung auch einer internationalen Öffentlichkeit bekannt.[3][4] Er war 2018 unter anderem für den Think-Tank Al-Nahrain Centre in Bagdad tätig und Mitglied der Nationalen Versöhnungskommission im Irak.[5] Hashimi trat regelmäßig in irakischen und arabischsprachigen Medien auf und sammelte unter anderem wissenschaftliche Daten für die Terrorismusforschung.[6] Verschiedenen Quellen zufolge beriet er die irakische Regierung.[7][8] Dem Nahost-Magazin zenith zufolge stand Hashimi zwischenzeitlich unter dem persönlichen Schutz des irakischen Staatspräsidenten Barham Salih und vermittelte zwischen Politikern und Vertretern der Protestbewegung auf dem Tahrir-Platz in Bagdad.[1] Laut einem Bericht der Zeitung The Guardian bestanden persönliche Kontakte zwischen ihm und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan sowie dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.[9]

Ermordung am 6. Juli 2020 in Bagdad

Laut verschiedenen, gleichlautenden irakischen Medienberichten wurde Hisham al-Hashimi am Abend des 6. Juli 2020 vor seinem Wohnhaus im Stadtteil Zayouna von mindestens einem Attentäter erschossen. Das Viertel liegt in der Nachbarschaft des bekannten bürgerlichen Quartiers Karrada. Arabische Fernsehkanäle verbreiteten in der darauffolgenden Nacht Aufnahmen einer Sicherheitskamera, auf denen zu sehen ist, wie ein einzelner Täter mehrere Schüsse auf den Innenraum eines weißen Pkw feuert und danach die Flucht ergreift.[10] Ein anderes Video zeigt, dass noch weitere Personen, darunter der Fahrer eines Motorrads oder Motorrollers, an dem Attentat beteiligt gewesen sein könnten.[11] Hashimi wurde ins Bagdader Ibn Al-Nafees Krankenhaus gebracht, wo er seinen Verletzungen erlag.[12] Hashimi hatte zuvor zahlreiche Todesdrohungen erhalten, sowohl von dschihadistischen Gruppen aus dem sunnitischen Spektrum als auch von Angehörigen schiitischer Milizen im Irak. Laut Medienberichten hatte Hashimi kurz vor seinem Tod mitgeteilt, dass er von Angehörigen der irakischen Gruppe Kata’ib Hisbollah bedroht werde.[9] Hashimis Bruder sagte gegenüber Journalisten, der Ermordete habe kurz vor dem Anschlag noch Drohungen von Anhängern des „IS“ erhalten.[13]

Hashimis Leichnam wurde am 7. Juli 2020 in Bagdad in einer Prozession das letzte Geleit gewährt. Danach wurde er in Nadschaf bestattet.[14] Der irakische Ministerpräsident Mustafa al-Kadhimi erklärte in einer Stellungnahme, „gesetzlose Gruppen“ hätten das Attentat verübt und würden zur Rechenschaft gezogen. Hashimi sei eine wichtige Stimme für den Kampf gegen den IS gewesen und habe bedeutende, sicherheitsrelevante „Dialoge“ im Irak ermöglicht.[15] Der EU-Botschafter in Bagdad, der deutsche Diplomat Martin Huth, forderte wenige Stunden nach Hashimis Tod über Twitter, dass die Täter dieses „abscheulichen Verbrechens“ zur Rechenschaft gezogen werden müssten.[16] Kurz vor seinem Tod hatte Hashimi noch per Twitter das irakische Parteiensystem, die konfessionelle Politik und den Sektarismus im Land kritisiert.[17]

Einzelnachweise

  1. Inna Rudolf: Hisham ließ sich nicht einschüchtern. In: zenith. 8. Juli 2020, abgerufen am 8. Juli 2020.
  2. Alsumaria TV: من هو هشام الهاشمي الذي اغتيل في بغداد؟. Abgerufen am 7. Juli 2020 (arabisch).
  3. Hisham al-Hashimi, researcher of Jihadi groups, shot dead in Baghdad. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  4. W. Z. Online: IS-Chef meldet sich nach fünf Jahren per Video. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  5. Hisham al-Hashimi – Foreign Policy. Abgerufen am 7. Juli 2020 (amerikanisches Englisch).
  6. Harith Hasan, Kheder Khaddour: The Transformation of the Iraqi-Syrian Border: From a National to a Regional Frontier. Abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  7. Al-Monitor Staff: Prominent Iraqi analyst and advisor shot dead in Baghdad. 6. Juli 2020, abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  8. Paul-Anton Krüger: IS-Führer angeblich verletzt. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  9. Killing of Islamic State expert in Baghdad marks critical moment for Iraq. 7. Juli 2020, abgerufen am 8. Juli 2020 (englisch).
  10. Al Hadath: فيديو جديد للحظة اغتيال الباحث العراقي هشام الهاشمي (YouTube). Abgerufen am 7. Juli 2020.
  11. Sky News Arabia: بالفيديو.. لحظة اغتيال الخبير الأمني العراقي هشام الهاشمي. Abgerufen am 7. Juli 2020 (arabisch).
  12. Jomana Karadsheh, Arwa Damon, Hamdi Alkhshali and Aqeel Najim: Prominent researcher of jihadi groups shot dead in Baghdad. Abgerufen am 7. Juli 2020.
  13. Leading Iraqi security expert shot dead in Baghdad. In: BBC News. 7. Juli 2020 (bbc.com [abgerufen am 7. Juli 2020]).
  14. Inga Rogg: Ein Mord erschüttert den Irak. In: NZZ. 7. Juli 2020, abgerufen am 8. Juli 2020.
  15. Shafaaq News: Al-Kadhimi on the subject of Al-Hashimi: to hold perpetrators to account. Abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  16. Husham Al Hashimi: prominent Iraqi security analyst gunned down. Abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  17. Leading Iraqi expert on ISIS shot dead in Baghdad. Abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
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