Hilde Coppi
Betti Gertrud Käthe Hilda Coppi, geborene Rake[1] (* 30. Mai 1909 in Berlin; † 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee) war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Sie gehörte zur Roten Kapelle.
Leben
Hilde Rake wuchs in Berlin-Mitte auf; ihre Mutter Hedwig, geborene Grube, betrieb in der Invalidenstraße einen Lederwarenladen. Ihr Vater Max war bereits 1914 verstorben. Sie besuchte eine Höhere Schule für Mädchen und ab 1925 die Handelsschule. Als ihre Mutter den Laden aufgeben musste, brach Hilde ihre Ausbildung ab und arbeitete ab 1927 als Sprechstundenhilfe und Sekretärin in verschiedenen Arztpraxen.[2] Ab September 1939 arbeitete Hilde Rake in Berlin-Wilmersdorf als Sachbearbeiterin in der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte, als sie 1940 Hans Coppi kennenlernte. Bereits vor 1933 wurde Kontakt zu Mitgliedern der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) geknüpft.
Hilde und Hans Coppi heirateten am 14. Juni 1941 und lebten in Berlin-Borsigwalde in der Kleingartenkolonie Am Waldessaum.[3] Nach dem Beginn des Deutsch-Sowjetischen Kriegs hörte Hilde Coppi den Sender Radio Moskau ab, notierte Adressen deutscher Kriegsgefangener und informierte deren Angehörige, dass die Gefangenen am Leben waren. Sie beteiligte sich mit ihrem Mann an der Zettelklebeaktion gegen die antisowjetische Propagandaausstellung „Das Sowjet-Paradies“, half beim damals illegalen Transport eines defekten Funkgeräts und besorgte für Flugblätter Papier aus der Reichsversicherungsanstalt.
Das Ehepaar Coppi wurde am 12. September 1942 verhaftet. Hilde war schwanger und brachte ihren Sohn Hans am 27. November 1942 im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße zur Welt.[4] Am 22. Dezember 1942 wurde ihr Mann in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Auch Hilde Coppi wurde am 20. Januar 1943 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat in Tateinheit mit Feindbegünstigung, Spionage und Rundfunkverbrechen“[2] zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch wurde im Juli 1943 von Adolf Hitler abgelehnt. Die Hinrichtung wurde bis in den August aufgeschoben, damit sie ihr Kind stillen konnte. Am 5. August 1943 wurde Hilde Coppi in Berlin-Plötzensee zusammen mit zwölf weiteren angeklagten Frauen der Roten Kapelle durch das Fallbeil enthauptet.[5]
Nach der Verkündung des Todesurteils brachte sie ihre Verzweiflung in einem Brief an ihre Mutter zum Ausdruck:
„Du wirst dir denken können, dass ich keine schönen Stunden hinter mir habe. Ein Glück, dass das kleine Hänschen noch bei mir ist, in seinem Interesse muss ich mich sehr zusammennehmen. Ach, Mama, der Gedanke an die Trennung von meinem Kinde will mich fast verzweifeln lassen. Ich glaube für eine Mutter kann es keine größere Strafe geben, als sie von ihrem Kind zu trennen.“
Ehrungen
- In Lehnitz gibt es einen Hilde-Coppi-Weg.
- In einigen ostdeutschen Städten, so beispielsweise in Gera, Wernigerode und Zeitz gibt es eine Hilde-Coppi-Straße, ebenso wie in Korschenbroich (Ortsteil Kleinenbroich), in Sindelfingen (Ortsteil Maichingen) und in Wehrheim im Taunus.
- In Berlin-Lichtenberg gibt es eine Coppistraße[7] und ein Wohnhaus des Studentenwerks Berlin mit dem Namen „Hans und Hilde Coppi“.
- In der DDR-Zeit bis nach der Wende war ein Kinderheim in Brandenburg an der Havel nach Hilde Coppi benannt.[8] Auch der Folgeträger, der „Internationaler Bund (IB), Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit e.V., Kinder- und Jugendhilfeverbund“ trug den Namen Hilde Coppis.
- In Eberswalde gibt es die nach Hans und Hilde Coppi benannte Coppistraße.
- Im Berliner Ortsteil Tegel wurden vor der Kleingartenanlage „Am Waldessaum“ (Seidelstraße 20) Stolpersteine verlegt (am Eingang Weg 5). Eine Gedenktafel kennzeichnet das ehemalige Wohnhaus (Weg 5, Parzelle 107).[9][10]
- Heute ist das Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasium in Berlin-Karlshorst nach ihr und ihrem Mann benannt.[11]
- Coppistraße, Coppiplatz und Coppi-Lichtspiele im Leipziger Stadtteil Gohlis[12], ebenfalls in Leipzig gab es bis 2007 die Hans-und-Hilde-Coppi-Mittelschule[13]
- In Freiberg (Sachsen) gab es die „Kombinierte Kindereinrichtung ‚Hilde Coppi‘“[14]
- In Schleusingen gab es bis 1994 das Kinderheim „Hilde Coppi“.
- Elfriede Brüning setzte dem Ehepaar ein Denkmal in ihrem Roman „Damit du weiterlebst“ (1949).
- Peter Weiss setzte Hans und Hilde Coppi in seinem autobiografischen Roman Die Ästhetik des Widerstands (1975–1981) auch ein literarisches Denkmal.
- An der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung (Berlin-Wilmersdorf, Nestorstraße 25 in unmittelbarer Nähe ihres alten RfA-Arbeitsplatzes um den Fehrbelliner Platz) gibt es eine Ausstellung zu Hilde Coppi.
- In verschiedenen Jugendwerkhöfen waren Gruppen nach Hilde Coppi benannt.
- Jugendherbergen: In der DDR waren die Jugendherbergen in Jonsdorf und Holzhau[15] nach Hilde Coppi benannt.
- 1969 wurde sie postum mit dem sowjetischen Orden des Vaterländischen Krieges II. Klasse geehrt.[16]
Film
Der Regisseur Andreas Dresen inszenierte den Spielfilm In Liebe, Eure Hilde, in dem die Ereignisse ab dem Sommer 1942 dargestellt werden. Liv Lisa Fries spielt darin die Rolle der Hilde Coppi.[17]
Siehe auch
Literatur
- Gilles Perrault: Auf den Spuren der Roten Kapelle. (Überarbeitete Auflage). Rowohlt 1994.
- Gert Rosiejka: Die Rote Kapelle. „Landesverrat“ als antifaschistischer Widerstand. – Mit einer Einführung von Heinrich Scheel. ergebnisse, Hamburg 1986, ISBN 3-925622-16-0.
- Peter Weiss setzte Hans und Hilde Coppi in seinem autobiographischen Roman Die Ästhetik des Widerstands (1975–1981) ein literarisches Denkmal.
- Elfriede Brüning: … damit Du weiterlebst. Neues Leben, Berlin 1949, über die Geburt von Hans Coppi junior. Nemesis – Sozialistisches Archiv für Belletristik
- Claudia von Gélieu: Frauen in Haft – Gefängnis Barnimstraße; eine Justizgeschichte. Elefanten-Press, Berlin 1994, ISBN 3-88520-530-0. (Nachdruck: Frauen in Haft. Gefängnis Barnimstraße. Eine Justizgeschichte. Espresso-Verlag, ISBN 3-88520-530-0)
Weblinks
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Susanne Eckelmann: Hilde Coppi. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Ablehnung der Gnadengesuche durch Hitler Gedenkstätte Plötzensee
- Hans Coppi: Mit Gnade hat sie nie gerechnet. In: Berliner Zeitung, 5. August 2003.
- Beate Schräpel: Hilde Coppi. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Auch sie waren Widerstandskämpfer. Hans Coppi erinnert an seine Eltern, Sendung des SWR2, 13. Dezember 2019
- Hilde Coppi bei Antifaschistinnen aus Anstand
Einzelnachweise
- Sterberegister Charlottenburg von Berlin, Nr. 5666/1943
- Frauen im Widerstand: Hilde Coppi. In: Antifaschistinnen aus Anstand. Berliner VVN-BdA, abgerufen am 24. Oktober 2023 (deutsch).
- Dem Leben zugewandt. In: stiftung-20-juli-1944.de. Abgerufen am 18. Februar 2024.
- Einlieferungsschein Hilde Coppi. In: Arolsen Archives. International Tracking Service, abgerufen am 24. Oktober 2023.
- Karteikarten und Namenlisten des Strafgefängnisses Berlin-Plötzensee. In: Arolsen Archives. International Tracking Service, abgerufen am 24. Oktober 2023.
- Martha Schad: Mütter im Widerstand - Mothers in the Resistance Movement. Barbara Budrich Verlag, Opladen/Farmington Hills (USA) 2010.
- Geschichte von Coppistraße. In: Kauperts Straßenführer durch Berlin. Abgerufen am 7. Januar 2024.
- Marcus Alert: Eigene Scholle 1920-2020. In: Meetingpoint Brandenburg. März 2020, abgerufen am 7. Januar 2024.
- Zukunft der Berliner Kleingärten mit Schutzfrist 2020, hrsg. vom Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V., Berlin 2015, S. 139.
- Ehrungsverzeichnis des Luisenstädtischen Bildungsvereins
- Website des Coppi-Gymnasium
- Hans und Hilde Coppi (Memento vom 10. September 2012 im Webarchiv archive.today)
- Website der Stadt Leipzig, abgerufen am 5. August 2015.
- Hort Hilde Coppi Paul-Müller-Straße (wurde inzwischen in „Hort GS ‚Carl Böhme‘“ umbenannt.)
- Wanderempfehlung: Von Holzhau nach Rechenberg - Trostgrund - Teichhaus - Holzhau. In: holzhau.de. 26. September 2008, abgerufen am 11. Januar 2021.
- Лифт в разведку. «Король нелегалов» Александр Коротков, Страница 80, rulit.me (russisch)
- Berlinale: Neuer Dresen-Film "In Liebe, Eure Hilde" für Goldenen Bären nominiert. In: mdr.de. Abgerufen am 22. Januar 2024.