Hilda Sandtner

Leben

Hilda Sandtner wurde als zwölftes und letztes Kind eines Volksschullehrers in Türkheim geboren. Nach einem beruflichen Ortswechsel des Vaters wuchs sie in Steinheim an der Donau auf. Ihre Familie war arm und konnte ihr kein Studium finanzieren. Wie einige ihrer Schwestern zuvor, absolvierte auch sie deshalb an der Lehrerbildungsanstalt in Lauingen eine Ausbildung zur Volksschullehrerin. Die folgende Tätigkeit als Lehrerin erlebte sie als unbefriedigend, da sie ihre künstlerische Begabung weder ausreichend einbringen, noch an ihrer eigenen künstlerischen Entwicklung arbeiten konnte. Fast mittellos ging sie 1947 an die Akademie der Bildenden Künste in München. Dort erkannte Josef Oberberger bald ihre Begabung und ließ sie als Meisterschülerin an seinen Großaufträgen mitwirken.[2]

Nach Abschuss ihres Studiums war sie zunächst als Kunsterzieherin in Weiden und als Porzellanmalerin für die Firma Rosenthal in der Oberpfalz tätig. 1959 wechselte sie als Dozentin an die Pädagogische Hochschule Augsburg, wo sie den Fachbereich Kunsterziehung aufbaute. Kreativität in der Kunst war das oberste Anliegen ihrer pädagogischen Zielsetzung. Nach der Eingliederung des Institutes in die neu gegründete Universität übernahm sie 1976 bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1984 die Leitung des Lehrstuhls für Kunsterziehung.[2]

Im Mai 1989 wurde sie mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse geehrt.[3]

Hilda Sandtner starb wenige Tage nach Vollendung ihres 87. Lebensjahres am 11. Juli 2006 in Augsburg.

Wirken

Eine Zeit lang lebte Sandtner in der kleinen schwäbischen Gemeinde Waldkirch, wo sie die Fresken in der Pfarrkirche Mariä Schmerzen restaurierte. Dort entstand in den 1940er Jahren eine Zeichnung, die einen Apfelbaum zeigt, der aus dem Pfarrhaus wächst.[4]

Für zahlreiche Kirchen im Raum Augsburg und in Schwaben gestaltete sie großformatige farbenfrohe Fenster und Wände mit Glasmosaiken. Eindrucksvolle Beispiele ihrer Arbeit sind in der katholischen Pfarrkirche St. Elisabeth in Augsburg-Lechhausen zu sehen, wo Sandtner ein mehrteiliges, die gesamte Chorabschlusswand überziehendes Glasmosaik mit Szenen aus dem Leben der Kirchenpatronin Elisabeth von Thüringen sowie zwei runde Fenster unter der Empore und ein hohes Rundbogenfenster hinter der Orgel gestaltete.[5]

Hilda Sandtner erlernte noch während ihrer Akademiezeit in der Werkstatt des Klosters Wettenhausen die Kunst der Paramentenstickerei. Hieraus resultierte eine hohe Affinität der Künstlerin zur Gestaltung mit textilen Materialien. Einen Schwerpunkt ihrer Lehrtätigkeit bildete daher der textile Bereich, der das Profil des Lehrstuhles entscheidend prägte. Zu ihren Arbeiten zählen gewebte Wandbehänge, gebatikte Landschaften, Paravents, Priestergewänder und Fastentücher. Einer ihrer bekanntesten textilen Entwürfe ist der ca. 6 m hohe und ca. 2,6 m breite Wandteppich „Das himmlische Jerusalem“, der im Seitenschiff der katholischen Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul im niederbayerischen Waldkirchen hängt.[6]

Von ihren 23 wissenschaftlichen Publikationen widmen sich allein 13 dem Umgang mit textilen Materialien.

Sandtner verfügte über eine umfassende Privatsammlung von Textilien und Kunstgegenständen aller Art, die sie nach der Errichtung einer Stiftung 1984 der Stadt Mindelheim übereignete. Die Sandtner-Sammlung bildete den Grundstock des Textilmuseums Mindelheim, das 1986 im zweiten Stock des als Museumsgebäude umgenutzten ehemaligen Jesuitenkollegs Mindelheim eröffnet und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.[2] Im Juli 2009 wurde am Eingang zum Textilmuseum eine Gedenktafel für die Stifterin enthüllt.[1]

Anlässlich ihres 100. Geburtstags zeigten die Mindelheimer Museen im Sommer 2019 in einer dreimonatigen Sonderausstellung mit dem Titel „Hilda!“ das große künstlerische Spektrum Hilda Sandtners.[7]

Auszeichnungen und Ehrungen

Literatur (Auswahl)

  • Erich Hofgärtner, Ignaz Sandtner: Hilda Sandtner: Die Zeichnerin und Glasmalerin. Rudolf Wittmann, Augsburg 2017, ISBN 978-3-9806201-2-3.
  • Bedingungslos in ihrer Auffassung von künstlerischer Arbeit. Gertrud Roth-Bojadzhiev über Hilda Sandtner. In: Der Senat der Universität Augsburg (Hrsg.): UniPress. Zeitschrift der Universität Augsburg. Nr. 1, Januar 2004, ISSN 0937-6496, S. 44–46 (online [PDF]).
  • Ludwig Gschwind: Das Fastentuch in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Hl. Kreuz Mindelzell: „Sei gegrüßt, o Heiliges Kreuz“. Gestaltet von Hilda Sandtner. Kunstverlag Fink, Lindenberg 2015, ISBN 978-3-89870-922-4.
  • Ludwig Gschwind: Das Fastentuch in der Pfarrkirche St. Vitus Balzhausen: „Die geistigen Werke der Barmherzigkeit“. Gestaltet von Hilda Sandtner. Kunstverlag Fink, Lindenberg 2015, ISBN 978-3-89870-924-8.

Einzelnachweise

  1. Den Sinn für Kunst und Kunsthandwerk vermittelt. Kurierverlag, 16. Juli 2009, abgerufen am 25. Februar 2020.
  2. Hilda Sandtner auf der Website des Gempfinger Pfarrhofs, abgerufen am 20. Februar 2020.
  3. Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland vom 2. Mai 1989. In: Bundesminister der Justiz (Hrsg.): Bundesanzeiger. Nr. 92, 19. Mai 1989, ISSN 0344-7634, S. 2453 (online).
  4. Wolfgang Kahler: Don Camillo, ein Terror-Opfer und Äpfel vom Pfarrhof. In: Günzburger Zeitung. 27. November 2017, abgerufen am 23. Februar 2020.
  5. Monika Soffner-Loibl: Augsburg-Lechhausen Pfarrkirche St. Elisabeth. Hrsg.: Kath. Pfarramt St. Elisabeth. Kunstverlag PEDA, Passau 2016, ISBN 978-3-89643-971-0, S. 13 ff.
  6. Hilda Sandtner: Wandteppich Das himmlische Jerusalem. In: Kunst in Niederbayern. Bezirk Niederbayern, abgerufen am 25. Februar 2020 (mit Abbildung).
  7. Zum 100. Geburtstag. Ihrer Zeit war sie weit voraus. In: Bistum Augsburg (Hrsg.): Katholische Sonntagszeitung. Nr. 25, 22. Juni 2019, S. 33 (online [PDF] mit Abbildungen ihrer Werke).
  8. Ehrenpreise. Heimatbund Allgäu, abgerufen am 10. Dezember 2022.
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