Hengill

Hengill (isländisch, [ˈheiɲcɪtl̥]) ist ein Vulkansystem im Südwesten von Island. Im Grunde umfasst das Gebiet drei aktive Zentralvulkane. Der eine, auf dem Gemeindegebiet von Ölfus und Grímsnes og Grafningur liegend, wird ebenfalls als Hengill bezeichnet, der andere heißt Hrómundartindur, ein dritter befindet sich im Grensdalur.

Hengill

Hengill jenseits des Sees Þingvallavatn

Höhe 803 m
Lage Island
Koordinaten 64° 5′ 8″ N, 21° 18′ 49″ W
Hengill (Island)
Hengill (Island)
Typ Zentralvulkan mit eigenem Spaltensystem
Gestein v. a. Palagonit und Kissenlaven
Alter des Gesteins Saale-Kaltzeit
Letzte Eruption um die Zeitenwende (aktiv)
Normalweg von der Westseite

Krater und Inseln des Hengill-Systems im Vorder- und Mittelgrund

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Man bezeichnet die Gegend in der Vulkanologie auch als Hengill-Tripelpunkt, weil hier die Reykjanes-Rift-Zone mit der Westisländischen aktiven Vulkanzone (englisch Western Volcanic Zone) zusammentrifft und beide außerdem auf die südisländische Verwerfungs- und Bruchzone (englisch South Icelandic seismic transform Zone) stoßen.[1]

Das Vulkansystem

Einflussbereich

Das Vulkansystem Hengill erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 100 km Länge bei 3 bis 16 km Breite. Sein Einflussgebiet reicht von Selvogur bis unterhalb des Gletschers Langjökull. Damit wäre dies das bedeutendste Vulkansystem auf der Reykjanes-Halbinsel,[2] falls man es noch zu dieser zählt.

Eruptionsgeschichte

Vier Spalteneruptionen sind im Hengill seit der Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren belegt. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Bei der letzten Eruption vor ca. 1.900 Jahren entstanden aber auch die Inseln auf der Ostseite des Zentralvulkans im See Þingvallavatn, etwa die größte der Inseln im See, Sandey. Außerdem liegt hier der Ursprung der Lavafelder bei Nesjavellir, des sogenannten Nesjahraun.[3] Südlich vom Berg erschien die jüngste Lava auf der Hellisheiði.

Aktives Vulkansystem

Das Gebiet ist immer noch vulkanisch aktiv, wie man an den zahlreichen heißen Quellen und Fumarolen in der Umgebung erkennen kann. Es handelt sich dabei um ein Hochtemperaturgebiet. So befindet sich etwa im Innstidalur zwischen Hengill und Skarðsmýrarfjall eine der ergiebigsten Dampfquellen des Landes.

Zwischen 1994 und 2002 stellte man eine ungewöhnlich hohe Zahl von Erdbeben im Bereich des Hengill-Tripelpunkts fest. Außerdem belegten GPS-Messungen eine signifikante Aufwölbung zwischen den Hrómundartindar- und Grensdalur-Systemen. Diese Anzeichen von Magmainjektionen ließen sich allerdings nach 2002 nicht mehr nachweisen.[4]

Angrenzende Vulkansysteme

Zwei weitere ältere Vulkansysteme, die früher als weitere Teile zum Hengillsystem gezählt wurden, grenzen im Osten an das des Hengill. Hrómundartindur mit seinem Hochtemperaturgebiet unter dem Vulkan Tjarnarhnjúkur und am Ölkelduháls liegt im Nordosten von ihm auf der Hellisheiði. Die kleine Stadt Hveragerði mit ihren heißen Quellen liegt etwa 10 km östlich des Hengill im Gebiet des Grensdalur-Vulkans.

Auf der Halbinsel Reykjanesskagi grenzt südöstlich an das Hengill-Vulkansystem dasjenige der Brennisteinsfjöll. Die Bohrlöcher liegen teilweise nur 1–2 km voneinander entfernt auf der Hellisheiði etwa am Reykjafjall (Hengill) bzw. jenseits der Ringstraße beim Tafelvulkan Stóri-Metill (Brennisteinsfjöll).

Das Gebirgsmassiv Hengill

Das langgestreckte, von Südwesten nach Nordosten ausgerichtete Bergmassiv des Hengill, gleichzeitig Zentralvulkan des gleichnamigen Vulkansystems, liegt im Südwesten des Sees Þingvallavatn.[5] Es handelt sich um einen der höchsten Berge in der Nähe von Islands Hauptstadt Reykjavík. Sein höchster Gipfel, Skeggi, erhebt sich 803 m über das Meer.

Der Hengill selbst ist ein Tafelvulkan, der großenteils während der Eiszeit unter einem Gletscher entstand und hauptsächlich aus Palagonit besteht. Ihn umgeben Palagonit- und Kissenlavarücken. Die obersten Lagen sind Olivinbasalt.[6] Neuere Forschungen ergaben, dass der Berg vor allem in zwei glazialen Perioden entstanden ist: Der untere Teil stammt vermutlich aus der vorletzten Eiszeit (Saale-Kaltzeit), der obere ist in subglazialen Ausbrüchen in der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit) entstanden.[7]

In einem Nebengipfel, dem Sleggja, findet man auch Liparit.[8]

Ein anderer Zentralvulkan befindet sich südlich des Hrómundartindur.

Die Gegend mit ihren Bergen und heißen Quellen ist ein bekanntes Wandergebiet und daher gut mit Wanderwegen erschlossen.

Geothermale Nutzung

Der Hengill-Vulkan ist ein wichtiger Energielieferant für den Süden des Landes.

Besonders im Kraftwerk von Nesjavellir wird dies genutzt, das zusammen mit dem Svartsengi-Kraftwerk auf der Reykjanes-Halbinsel Reykjavík mit Energie versorgt. Das Kraftwerk von Nesjavellir befindet sich am Westufer des Sees Þingvallavatn.

Außerdem wurde ein weiteres noch größeres Kraftwerk auf der Hellisheiði gebaut, Hellisheiði-Kraftwerk, das ebenfalls die beträchtliche Energiequelle Hengill nutzt. Es wurde 2008 in Betrieb genommen und verfügt über eine Leistung von 303 MW und 400MWth.

Sagen und Gesetzlose

In früheren Zeiten sollen Gesetzlose in den Höhlen oberhalb des Innstidalur gehaust haben.

Auch einige Sagen spielen in der Gegend, so die Volkssage um die Trollfrau Jóra. Sie soll die Angewohnheit gehabt haben, unschuldigen Reisenden auf dem Weg über die Dyrafjöll aufzulauern, um sie zu verspeisen. Sie wurde aber schließlich von einem Bauern im Schlaf erschlagen.

Fotogalerie

Heiße Quellen am Hengill bei Nesjavellir am 25. Mai 2008
Straße 435 bei Nesjavellir am 25. Mai 2008

Siehe auch

Fotos und Videos

Commons: Hengill – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Wissenschaftliche Beiträge

Wanderwege und Karten

Einzelnachweise

  1. Übersicht über den Hengill-Tripelpunkt. Meteorol. Inst., Island; abgerufen am 22. Januar 2011
  2. Ari Trausti Guðmundsson: Lebende Erde. Facetten der Geologie Islands. Reykjavík 2007, S. 192
  3. Thor Thordarsson, Armann Hoskuldsson: Iceland – Classic Geology in Europe 3. Harpenden 2002, S. 76
  4. hraun.vedur.is abgerufen am 12. Februar 2011
  5. Ari Trausti Guðmundsson, Pétur Þórleifsson: Íslensk fjöll. Gönguleiðir á 151 tind. Reykjavík 2004, S. 102.
  6. Íslandshandbókin. 2.bindi. 1989 S. 796.
  7. Daher Elmi: Geothermal resource assessment through well and production response modelling. Msc. Thesis. Dep. of Mechanical and Industrial Engineering. Univ. of Iceland. April 2008, S. 30
  8. Íslandshandbókin. 2.bindi. 1989 S. 796
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