Haila von Westarp

Haila, genannt Hella Gräfin von Westarp (* 11. Januar 1886 in Partenkirchen; † 30. April 1919 in München), war eine deutsche Adlige. Sie war Sekretärin der völkisch-antisemitischen Thule-Gesellschaft und wurde beim sogenannten „Geiselmord im Luitpold-Gymnasium“ erschossen. Die Hella-von-Westarp-Straße gibt es in München seit 1936.[1]

Haila Gräfin von Westarp
Haila Gräfin von Westarp

Herkunft und Familie

Ein Urururgroßvater war der preußische General Franz Adolf, dessen Sohn Prinz Friedrich Franz Christoph von Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym (1769–1807) war der Stammvater des Adelsgeschlechts Westarp.[2] Ihr Vater Viktor Amadeus Adolf Ludwig Graf von Westarp (1851–1915), war preußischer Kammerjunker und Schriftsteller.[3] Ihre Mutter, dessen zweite Ehefrau, war Godela geborene von Oven (1863–1949), eine Tochter des Landrats Karl von Oven. Haila war das älteste von sieben Kindern. Ihr Onkel 2. Grades war der Generalleutnant Ernst von Oven, der die Truppen zur Niederschlagung der Räterepublik kommandierte.

Zu Haila von Westarps entfernterer Verwandtschaft, die der jüngeren Linie des Adelsgeschlechts entstammen, zählen auch der Marineoffizier und Industrielle Theodor von Westarp (1890–1959), der Politiker Wolf von Westarp (1910–1982) und der Schriftsteller Eberhard-Joachim von Westarp (1884–1945), allesamt väterlicherseits ihre Cousins 3. Grades. Durch Verwandtschaft über die Familie von Oven war Eberhard-Joachim zugleich ihr Cousin 2. Grades.

Leben

Die Familie lebte seit 1890 in München in der Theresienstraße 34, seit 1897 in der Romanstraße 18 und seit 1898 in der Montenstraße 1.[4]

Hella von Westarp lebte seit 1913 in Hessen und Württemberg. Sie wurde Mitglied der rechtsextremen und antisemitisch Thule-Gesellschaft in München und arbeitete für diese seit Februar 1919 als Sekretärin. Seit dem 3. März war sie wieder in München in der Nymphenburger Straße 187, als ledig, Privatiere, protestantisch gemeldet.

Verhaftung und Ermordung

Hella von Westarp wurde während der Münchner Räterepublik zweimal verhaftet und dann wieder freigelassen. Am 26. April 1919 wurde sie erneut in ihrer Wohnung von Rotgardisten verhaftet. Sie wurde zusammen mit sechs weiteren Mitgliedern der Thule-Gesellschaft ins Polizeipräsidium gebracht und dort vom Stadtkommandanten Rudolf Egelhofer im Beisein von Max Levien verhört. Am gleichen Tag wurde sie zusammen mit etwa 21 weiteren Gefangenen in dem als Kaserne benutzten Luitpold-Gymnasium interniert.

Wenige Tage später, am 30. April 1919, verbreitete sich das Gerücht, dass bei der Eroberung Grünwalds elf Rotarmisten als Geiseln ermordet worden seien. Daraufhin wurden zehn der Internierten, unter ihnen Gräfin Westarp, am Nachmittag des 30. April 1919 erschossen. Die Entscheidung zur Ermordung der Geiseln wurde vom Soldatenrat Egelhofer zusammen mit dem lokalen Kommandant des Luitpold-Gymnasiums Fritz Seidel getroffen. Die kommunistische Führung um Max Levien und Eugen Levinè wusste von den Geiseln und war in die Entscheidung zur Hinrichtung eingebunden.

Hella von Westarp liegt auf dem Münchner Westfriedhof begraben.

Nachwirkungen

Die Ermordung der zehn Gefangenen wurde sofort von den Medien und der weißen Propaganda instrumentalisiert und als Beleg für den roten Terror benutzt. Dabei wurde sie als einzige Frau unter den Opfern meist hervorgehoben.

Acht Tatbeteiligte wurden später zum Tode verurteilt und hingerichtet, den möglichen Befehlsgeber Egelhofer ermordeten Weißgardisten nach seiner Ergreifung.[5]

Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 betrachtete die Propaganda die Erschossenen als „erste Blutzeugen“. NS-Oberbürgermeister Fiehler benannte 1936 die Hella-von-Westarp-Straße und drei weitere Straßen in Trudering nach ihnen.

Literatur

  • Mark Jones: Am Anfang war Gewalt. Die deutsche Revolution 1918/19 und der Beginn der Weimarer Republik, Berlin 2017, ISBN 978-3-7425-0133-2 (S. 294f., 305f.)

Einzelnachweise

  1. Welche Straßen kritisch sein könnten, Süddeutsche Zeitung, 13. Juni 2016
  2. Genealogie Haila
  3. Genealogie Vater Viktor
  4. Münchner Räterepublik – Mord im Luitpold-Gymnasium, Spiegel 25. September 2007, mit diesen Adressen, wahrscheinlich nach Münchner Adreßbüchern
  5. Benedikt Weyerer: Münchner Räterepublik – Mord im Luitpold-Gymnasium. In: Der Spiegel. 25. September 2007, abgerufen am 12. August 2020.
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