Helga Schmid (Diplomatin)

Helga Maria Schmid (* 8. Dezember 1960 in Dachau[1]) ist eine deutsche Diplomatin. Seit 2021 ist sie Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).[2] Zuvor war Schmid unter anderem Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD).[3]

Helga Schmid (2017)

Studium und Ausbildung

Nach dem Abitur studierte Schmid von 1980 bis 1987 Romanische Sprachen, Literatur, Geschichte und Politik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität Paris-Sorbonne. Sie schloss das Studium als Magister artium ab. Anschließend studierte sie an der Diplomatischen Akademie in Wien Völker- und Europarecht, Wirtschaft und internationale Beziehungen (1988–1990).

Laufbahn und außenpolitische Rolle

1988 trat Schmid in den auswärtigen Dienst ein und absolvierte bis 1990 die Diplomatenausbildung. In den folgenden Jahren war sie unter anderem als Pressereferentin in der Deutschen Botschaft in Washington, D.C. tätig. Von 1994 bis 1998 arbeitete Schmid als Referentin im Büro von Außenminister Klaus Kinkel. Die gleiche Funktion hatte sie von 1998 bis 2000 bei Außenminister Joschka Fischer inne.

Zwischen 2000 und 2005 folgten verschiedene Führungspositionen in der Zentrale des Auswärtigen Amts in Berlin. Darunter war sie von 2003 bis 2005 Leiterin des Politischen Stabes und Leiterin des Ministerbüros,[4] bis sie im Jahr 2006 Direktorin der Strategieplanungs- und Frühwarneinheit (Policy Unit) des Hohen Vertreters für Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, im Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union in Brüssel wurde. Diese Funktion bekleidete sie bis 2010.

Nach Gründung des Europäischen Auswärtigen Dienstes wurde Schmid 2010 stellvertretende Generalsekretärin für politische Fragen. In dieser Funktion war sie an den Verhandlungen mit dem Iran über dessen Atomprogramm beteiligt. Ihre Aufgabe bestand darin, mit Abbas Araghchi (Vize für Außenpolitik und internationale Sicherheit des Generalsekretärs des Hohen Rates für Nationale Sicherheit Irans) zu verhandeln und somit die Gespräche auf nächsthöherer Ebene, die vorerst noch auf technischer Ebene erfolgten, fortzuführen.[5]

Im Zuge diplomatischer Bemühungen um eine Lösung der Krise in der Ukraine wurden Anfang Februar 2014 kritische, offenbar abgehörte Äußerungen Schmids über die Politik der USA bekannt, als deren Diplomatin Victoria Nuland durch die abgelauschte Äußerung „Fuck the EU“ in die Schlagzeilen geraten war. „Die Amerikaner gehen ein bisschen herum und erzählen, dass wir zu weich sind, während sie stärker sind und auf Sanktionen gehen“, sagte Schmid demnach zu Jan Tombiński, dem EU-Botschafter in Kiew. Das Vorgehen der Amerikaner sei „wirklich sehr unfair“.[6][7]

Bei den Aushandlungen um die Atomvereinbarung der EU-3 mit dem Iran, die 2015 erfolgreich abgeschlossen wurden, war Schmid als Hauptautorin des 100-Seiten-Vertrages diejenige, die den genauen Wortlaut des Textes Schritt für Schritt mit dem späteren Präsidenten Rouhani verhandelt hatte, der damals der iranische Chefunterhändler im Atomstreit war.[8]

Im September 2016 wurde Helga Schmid Nachfolgerin von Alain Le Roy als Generalsekretärin des EAD. Am 2. Dezember 2020 wurde sie auf Vorschlag der Botschafter der 57 OSZE-Mitgliedsstaaten in einer internen Sitzung im Rahmen eines vom albanischen OSZE-Vorsitz vorgeschlagene Personalpakets als neue Vorsitzende gewählt.[9] Der formelle Beschluss wurde vom OSZE-Ministerrat am 4. Dezember gefällt.[10]

2023 erklärte Helga Schmid im Zusammenhang mit einer feministischen Außenpolitik: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Friedensverhandlungen langfristig Erfolg haben, wenn Frauen an ihnen beteiligt sind. Die OSZE engagiert sich schon lange für die gleichberechtigte Einbeziehung von Frauen“.[11]

Auszeichnungen

Im Jahr 2009 erhielt Helga Schmid die Medaille für besondere Verdienste um Bayern in einem Vereinten Europa. Im November 2015 verlieh Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier ihr das Bundesverdienstkreuz I. Klasse,[12] im Januar 2017 erhielt sie die Manfred-Wörner-Medaille.

Literatur

  • Adelheid Schmidt-Thomé: Helga Maria Schmid. In: dies.: Ich war die Erste. Bayerische Pionierinnen im Porträt. Allitera Verlag, München 2022, ISBN 978-3-96233-307-2, S. 150f.
Commons: Helga Schmid – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Daniel Brössler: Die Diplomatie der "Tüpfelhyäne". In: Süddeutsche.de.
  2. Stephanie Liechtenstein: Helga Schmid wird neue OSZE-Generalsekretärin. 2. Dezember 2020, abgerufen am 2. Dezember 2020.
  3. Federica Mogherini appoints Helga Schmid as Secretary General of the European External Action Service. eeas.europa.eu, 15. Juni 2016, abgerufen am 16. Juni 2016.
  4. The women who shape Brussels: HELGA SCHMID. In: politico.eu. 7. Oktober 2016, abgerufen am 25. Oktober 2020 (amerikanisches Englisch).
  5. Iran, P5+1 expert level talks in Istanbul. presstv.ir, 6. Juli 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2013; abgerufen am 8. Juli 2012.
  6. USA werfen Russland vor, Mitschnitt lanciert zu haben. Artikel vom 7. Februar 2014 im Portal handelsblatt.com (nicht barrierefrei), abgerufen am 8. Februar 2014
  7. Mitschnitt des Gespräches Youtube, abgehört am 12. April 2015
  8. Ralph Sina: Achse Teheran – Brüssel: EU wichtigster Rouhani-Partner. Deutschlandfunk Kultur, Studio 9, 3. Januar 2018, 6:10, 03:30 Minuten
  9. Paul-Anton Krüger: Diplomatin gefragt. Abgerufen am 3. Dezember 2020.
  10. Süddeutsche Zeitung am 4. Dezember 2020
  11. Interview von Hans Monath und Christopher Ziedler: OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid: „Das organisierte Verbrechen profitiert auch von diesem Krieg“. Tagesspiegel vom 31. März 2023.
  12. Rede von Außenminister Steinmeier anlässlich der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes I. Klasse an Helga Schmid und Dr. Hans-Dieter Lucas. Abgerufen am 29. August 2017.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.