Heinrich Handorf
Heinrich Handorf (* 18. April 1925 in Warin[1]; † 27. April 2022 Schwerin[2][3]) war ein deutscher Architekt.
Leben
Heinrich Handorf wurde als Sohn eines Tischlermeisters in der mecklenburgischen Kleinstadt Warin geboren. 1943 legte er an der Großen Stadtschule in Wismar sein Abitur ab. Es folgten der Reichsarbeits- und Militärdienst bei der Wehrmacht. 1945 absolvierte er ein Tischlerpraktikum bei seinem Vater in der Bau- &. Möbeltischlerei H. Handorf in der Mühlendammstraße in Warin. Von 1946 bis 1949 studierte er an der Bau- und Ingenieurschule Wismar und schloss dieses Studium als Hochbauingenieur in der Fachrichtung Architektur ab. Am 4. August 1950 heiratete er die Deutsch-Baltin Erna Gebhard in Warin, sie gebar 1952 einen Sohn und 1954 eine Tochter. Handorfs erste Ingenieur-Tätigkeit war die Mitarbeit in der Landesbauverwaltung Mecklenburg, Außenstelle Stralsund. Prägend war die Arbeit im Ministerium für Wirtschaft in der Hauptabteilung Bauwesen in Schwerin in der Zeit von 1949 bis 1950. Danach folgten ab 1951 verschiedene Tätigkeiten im Entwurfs- und Bauleitungsbüro Mecklenburg. Mit den gesammelten Erfahrungen wurde er 1960 Leitarchitekt im VEB Hochbauprojektierung in Schwerin. 1968 wechselte er zum VEB Wohnungsbaukombinat Schwerin (dort wurde die Leitungsstruktur in nur einem Großbetrieb gebündelt). 1974, nach einer Prüfung im Ministerium für Bauwesen der DDR, kam die Berufung in den Staatsdienst, in die Staatliche Bauaufsicht (SBA) des Bezirkes Schwerin. Dort arbeitete er bis 1990 als Prüfingenieur für Hochbauten. Unter anderem arbeitete er mit dem Bildhauer August Martin Hoffmann zusammen an Giebel- und Fassadengestaltungen baugebundener Kunst und war in der Zentralen Arbeitsgruppe Wohnungsbau tätig (dieses Gremium fasste die Bauerfahrungen aller Bezirke der DDR zusammen). 1990, am Ende seines Berufslebens, wurde Handorf die staatliche Bezeichnung Dipl.-Ing. (FH) zuerkannt, als Gleichstellung zu den Berufskollegen in der BRD.
Seit 1990 fertigte Heinrich Handorf zahlreiche grafische Zyklen alter Kirchenarchitektur, Natur- und Städtebilder Mecklenburgs. Kurse an der Bezirkskulturakademie und der VHS festigten seine Malweise. Aquarelle, Radierungen und Hochdrucke wurden in regionalen Ausstellungen gezeigt. Er war ein Wilhelm-Busch-Rezitator, der die Lebensweisheiten abgewandelt in vielen Artikeln veröffentlichte. 2023 wurde Heinrich Handorfs Wilhelm Busch Sammlung mit Erstausgaben und vielen anderen Raritäten als Nachlass dem Verein der Wilhelm-Busch-Mühle in Ebergötzen übergeben. Die Vorfahren Handorfs schrieben sich bis 1836 Ham(m)dorff, nach 1889 setzte sich beim Maschinenbauer Christian Heinrich Friedrich Hanndorf aus Sukow die heutige Schreibweise Handorf durch[4]. Heinrich Handorf fand seine letzte Ruhe im Wiligrader Waldfrieden am See, Nr. 443.
Bauten und Entwürfe
- 1951/52 Kulturhaus Der freie Bauer in Brüsewitz, gemeinsam mit Franz Schiemer[5]
- 1952 sozialistisches Musterdorf der DDR Mestlin, Kindergarten und -krippe
- 1952–1954 Landesparteischule der SED, seit 1990 Ministerium für Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommern, gemeinsam mit Franz Schiemer[6]
- 1953–1955 24-klassige Schule, ehemalige Karl-Marx-Schule in Rostock, Heinrich-Schütz-Str. 10a, heute Heinrich-Schütz-Schule
- 1954–1956 16-klassige Schule Neubrandenburg, Demminer Straße
- 1959–1962 20-klassige Schule in Schwerin, Weststadt, Juri-Gagarin-Schule, heute Goethe-Gymnasium. Ein Zweitbau entstand in Frankfurt/Oder.
- 1955–1957 Kino „Film-Palast“ in Malchow (seit 1999 DDR-Museum Malchow)
- 1957 Sozialgebäude des VEB Seehafen Wismar
- 1962 Das erste zehngeschossige Wohnhochhaus Schwerins am Lambrechtsgrund, es integrierte einen Schornstein des Ölheizhauses für die Sport- und Kongresshalle. Eine Abströmplatte auf dem Hochhaus verteilte den Rauch.
- 1966 Entwurf des Verwaltungsbaus des Rats des Kreises Lübz
Werkschau
- Kulturhaus Brüsewitz Der freie Bauer, erbaut 1951
- Kindergarten u. -krippe in Mestlin, erbaut 1952/53
- Schwerin, ehem. Landesparteischule, erbaut 1952–1954
- ehem. Karl-Marx-Schule in Rostock, erbaut 1953–1955
- ehem. Kino Film-Palast in Malchow, erbaut 1955–1957
- links: Werkstatt- und Sozialgebäude des VEB Seehafen Wismar von 1957
- Model Juri-Gagarin-Schule, Schwerin Weststadt, erbaut 1959–1962
- Wohnhochhaus Weststadt, erbaut 1963 (erstes Hochhaus in Schwerin)
Grafik und Aquarelle
- Architektenzeichnung von Heinrich Handorf, Entwurf Verwaltungsneubau Kreis Lübz von 1966
- Baustelle, alte Russenbäckerei Weststadt Schwerin, H.Handorf 1996
- Kirche Groß Eichsen, H.Handorf 1997
- Klosterkirche Rehna, H.Handorf 2000
- Kirche Crivitz, H.Handorf 2000
- Johanniterkirche Kraak, H.Handorf 2002
- Kirche Uelitz, H.Handorf 2002
- Kirche Mirow (Lewitz), H.Handorf 2002
- Kirche Goldenstädt, H.Handorf 2002
- Kirche Bibow, H.Handorf 2005
- Kirche Groß Brütz, H.Handorf 2005
- St.-Georgen-Kirche Wismar, H.Handorf 2006
- Schloss Wiligrad, H.Handorf 1997
Auszeichnungen
- 1971, Würdigung des Kollektivs H. Lösler, J. Ullrich, H. Handorf, C. Biallas mit dem Fritz-Reuter-Kunstpreis II. Klasse für die Einführung des Gas-Silikat-Wohnungsbaus in Schwerin-Lankow
- 1972, Der Bund der Architekten (BdA) verlieh Heinrich Handorf die Schinkelmedaille in Bronze.
Ausstellungen
- 1993, Die 25. Stunde, Kleine Galerie, Klinikum Schwerin[7]
- 1999, Schweriner Marstall, im Sozialministerium MV (Gemeinschaftsausstellung ARCHI-TECH-NA-Tour mit seinem Schwiegersohn Jürgen Gerner[8])
- 2005, Bernogemeinde Gemeindezentrum Schwerin
- 2021, Dom zu Schwerin[9][10]
Publikationen
- Plastputzbeschichtungen im Wohnungsbau Schwerin, Lankow in Farbe und Raum (F. u. R.)(Fachzeitschrift) 07/ 1971
- Wandgestaltung mit Strukturelementen in F. u. R. 11/ 1971
- Bericht über Seminar BdA/ VBKD in Deutsche Architektur 02/ 1972
- Farbliche Außengestaltung im Wohngebiet Schwerin – Lankow in F. u. R. 08/ 1972
- Erfahrungen mit Gassilikatbeton in F. u. R. 10/ 1972
- Wohnungsbau Reihe IW 67 P-Gasbeton im Bezirk Schwerin, Wandfläche – Wandbild in Deutsche Architektur 02/ 1973
- Über die Einführung von künstlerischer Gestaltungen in Wandbildern in F. u. R. 05/ 1973
- Aufsätze über Wohnkultur in der Bezirkspresse
Literatur
- Friedemann Schreiter: Musterdorf Mestlin, Vom Klosterdorf zur „Stalinallee der Dörfer“. 1. Auflage. Christoph Links Verlag, 2017, ISBN 978-3-86153-948-3, S. 160.
- Hans-Jürgen Wüsthoff: 60 Jahre Weststadt, – Ein Schweriner Stadtteil –. Hrsg.: Hans-Jürgen Wüsthoff. Produktionsbüro TINUS, Schwerin 2013, ISBN 978-3-9814380-7-9, S. 132.
- Werner Stockfisch, Lektorat: SCHWERIN meine Stadt. Hrsg.: Zukunftswerkstatt Schwerin e. V. 1. Auflage. produktionsbüro TINUS, Schwerin 2012, ISBN 978-3-9814380-3-1, S. 323. Artikel: Ein Haus für einen Schornstein S. 94–97
- Bernfried Lichtnau: Architektur und Städtebau im südlichen Ostseeraum zwischen 1936 - 1980. In: Publikation der Beiträge zur kunsthistorischen Tagung Greifswald 2001.
- Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern durch Dirk Handorf u. Jörg Kirchner (Hrsg.): Alles Platte? Architektur im Norden der DDR als kulturelles Erbe. 1. Auflage. Ch. Links Verlag Berlin, 2018, ISBN 978-3-96289-001-8.
- Holger Barth und Autorenkollektiv: Vom Baukünstler zum Komplexprojektanten. Architekten in der DDR. In: Dokumentenreihe des IRS (Hrsg.): REGIO doc. Nr. 3. Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung, Berlin-Erkner 2000, ISBN 3-934669-00-X, S. 98.
Weblinks
Einzelnachweise
- http://www.digiporta.net/index.php?id=737825005
- Heinrich Handorf : Traueranzeige : Zeitung für die Landeshauptstadt. In: svz.de. 21. Mai 2022, abgerufen am 26. Mai 2022.
- Traueranzeigen am 21. Mai 2022. In: Schweriner Volkszeitung. 2022, Nr. 118. medienhaus nord, Schwerin 21. Mai 2022, S. 12.
- Evangelische Kirche von Mecklenburg - Schwerin (Hrsg.): Kirchbuch der Gemeinde Suckow. Pinnow bei Schwerin 2. Februar 1858.
- Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern: Das Gebäude, Website des Ministeriums. Abgerufen am 26. September 2019.
- Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern: Das Gebäude, Website des Ministeriums. Abgerufen am 26. September 2019.
- Malereien in der Klinik. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 22. September 1993.
- IMPRESSIONISTISCH - Malerei. In: Schwerin-Kurier. Schwerin 26. Januar 2000.
- Bert Schüttpelz: Mehr als 300 Schweriner setzen Dom künstlerisch in Szene. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 14. Mai 2021.
- Matthias Labude: 1171-2021 850 Jahre Dom zu Schwerin. In: Domgemeindebrief Schwerin. 1. Juni 2021.