Haus Drautz
Das Haus Drautz an der Bismarckstraße 23 (dann Kaiser-Wilhelm-Platz 4, heute Friedensplatz 4) in Heilbronn wurde im Jahre 1905 nach Entwürfen von Beutinger & Steiner gegenüber der Friedenskirche erbaut. Der figürliche Bauschmuck stammte von dem Bildhauer Adolf Amberg.
Beschreibung
Geschichte
Das Gebäude wurde im Jahre 1905 für den Fabrikanten Georg Drautz als Wohnhaus nach Entwürfen von Beutinger & Steiner erbaut. Bei den Luftangriffen auf Heilbronn im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude 1944 zerstört. Anfang der 1950er Jahre entstand auf den alten Kellerfundamenten des Jugendstilgebäudes ein Haus der Industrie- und Handelskammer (IHK).[1][2] 2006 wurde der IHK-Bau durch einen repräsentativen Neubau[3] der Deutschen Rentenversicherung ersetzt. Heute nutzt die Classic Bautreuhand GmbH & Co. KG das Haus als Büro- und Verwaltungsgebäude.[4]
Architektur und Bauschmuck
Die Fassaden des Gebäudes bestanden aus Heilbronner Sandstein. Es wurde auf die Materialwirkung des Sandsteins Wert gelegt.[5] Zudem beeinflusste die gegenüberliegende und nur kurz zuvor neu erbaute Friedenskirche die Form des Gebäudes. Wichtig war auch die Monumentalwirkung des Hauses; „eine möglichst geschlossene Silhouette, im Gebäudekörper selbst … eine grosse Massenwirkung“[6] sollte erzielt werden. Aufwändig war auch die Gestaltung der Dachlandschaft.[7]
Anstelle der Hauptgesimse wurden „durchlaufende […] Gurte mit […] Kettenmotiv“[8] gesetzt. Das Haus wies Doppelgiebel auf, die mit figürlichem Bauschmuck des Berliner Bildhauers Adolf Amberg verziert waren. In die Doppelgiebel wurden Vertikalbänder aus getriebenen Kupfereinlagen gesetzt. Die repräsentative Gestaltung des Hauses nahm Bezug auf die nur wenige Jahre zuvor errichtete, gegenüberliegende Friedenskirche.[9] Ein außen befindlicher Treppenaufgang führte direkt zu den Obergeschossen.[10]
Die aufwändig mit Bildhauerarbeiten gestalteten Doppelgiebel bildeten auch einen Kontrast zu den unteren, schlichter gestalteten Stockwerken und waren mit ihren plastisch hervortretenden Gestaltungselementen auch darauf ausgelegt, eine Schattenwirkung zu erzielen. Die Süddeutsche Bauzeitung betonte 1911 den „reichhaltigen Wechsel“ und die „kräftige Schattenwirkung der stark im Licht stehenden Fassade“.[11][12] Der Doppelgiebel war durch eine mit einer Attika vergleichbare Konstruktion verbunden.[8]
Auch die Gartenarchitektur und die Inneneinrichtung wurden von Beutinger und Steiner entworfen und bis ins Detail gestaltet.[13]
Rezeption
Die Fachzeitschrift Der Profanbau. Zeitschrift für Geschäftshaus-, Industrie- und Verkehrs-Bauten lobte 1907 die Durcharbeitung der Einzelheiten, die Auswahl der Materialien und den Einklang von Form und Farbe mit der gesamten Umgebung.[14] Das Gebäude galt als herausragendes Meisterwerk der Architekten und als Patrizierhaus modernen Stils:
„Ihr Meisterwerk dürfte das vor zwei Jahren (1905) fertiggestellte Haus Drautz in Heilbronn sein […] Es ist ein Patrizierhaus modernen Stils, wie wir solche an den Straßenfluchten der Großstädte nur wenige besitzen […] mit der Schaffung solcher Bauten wächst, die künstlerische Kraft, die durch den Feinsinn verständiger Bauherren besonders gefüllt wird.[15]“
Literatur
- Beutinger & Steiner: Das Haus Drautz in Heilbronn, in: Mitteilungen des Württembergischen Kunstgewerbevereins, Jahrgang 1907/1908, Heft 1, S. 21–30. (Digitalisat)
- Der Profanbau. Zeitschrift für Geschäftshaus-, Industrie- und Verkehrs-Bauten, Nr. 19, 1. Oktober 1907.
- Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai 1911.
- Georg Scherer (18. April 1874; 1. Oktober 1944): Die neuere Baukunst in Heilbronn. In: Deutschlands Städtebau: Heilbronn a.N. (bearbeitet und herausgegeben von der Stadtverwaltung), 2. Auflage, DARI Deutscher Architektur- und Industrie-Verlag Berlin-Halensee 1928, SS. 45–54, dort S. 51: „Privathaus an der Bismarckstraße“.
Weblinks
- Heilbronner Kammergebäude – Geschichte
Einzelnachweise
- Stadtarchiv Heilbronn Datenbank Heuss 39484
- Wirtschafts-Dienst Nr. 10/1951 mit Artikeln zur Hauseinweihung
- Ulrike Bauer: „Keine Rentenbeiträge verschwendet“. Deutsche Rentenversicherung verteidigt ihren Neubau am Heilbronner Friedensplatz. In: Heilbronner Stimme. 11. Mai 2006 (bei stimme.de [abgerufen am 27. November 2015]).
- Classic Bautreuhand (Memento des vom 16. Dezember 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. – Offizieller Internetauftritt mit Foto des Gebäudes
- „In der Bearbeitung wurde darauf Rücksicht genommen, dass der Stein - Heilbronner Sandstein - als solcher zur Geltung kommt; er zeigt daher auch nur eine handwerksmässige Bearbeitung mit den Werkzeugen des Steinhauers. Was die Farben der Steine betrifft, so wurden alle verwendet, wie sie der Bruch liefert, wodurch ein farbiges, durch die Bearbeitung aber wieder zusammengeschlossenes Bild echten Materials entstand.“ (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai 1911.)
- „Das Haus steht an der Südwestecke des Kaiser Wilhelmplatzes, auf dem die romanische Friedenskirche sich erhebt. Die Nähe dieses Bauwerkes bestimmte die Architekten, zunächst in der Form des Gebäudes auf eine möglichst geschlossene Silhouette, im Gebäudekörper selbst auf eine grosse Massenwirkung hinzuarbeiten; dabei aber vom romanischen Stil abzusehen“. (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai 1911.)
- „Der ganze Mauerkörper ist durch das Satteldach zusammengeschlossen, in welchen der Querbau einschneidet […] Das Dach ist sowohl zur Betonung des Haupteingangs über diesen vorgezogenen als auch um eine Trennung zwischen Vorderfassade und Küchenbau aussen zu dokumentieren“. (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai 1911.)
- „Die beiden Giebel sind durch die attika-artige Lösung organisch verbunden. Ein ähnliches bindendes Motiv auf der Höhe, wo sonst etwa das Hauptgesimse sitzt, ist durch die durchlaufenden Gurte mit dem Kettenmotiv erzielt“. (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai. 1911.)
- „Das schöne Sandsteinmaterial mit dem figuralen Schmuck der Giebel, letzterer von Bildhauer Adolf Amberg-Berlin - die Vertikalbänder sind durch getriebene Kupfereinlagen belebt - steigert naturgemäß die Vornehmheit und das Ebenmaß dieses Baus, der eine seiner Umgebung - auf dem Platze befindet sich eine neue romanische Kirche (Friedenskirche) entsprechende Note erhalten mußte. Die Doppelgiebel markieren die Lage des Hauses“. (Quelle: Der Profanbau, 3. Jahrgang 1907, S. 293.)
- Deutschlands Städtebau: Heilbronn a.N., (bearbeitet und herausgegeben von der Stadtverwaltung) 2. Auflage DARI Deutscher Architektur und Industrieverlag Berlin-Halensee 1928.
- Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung, Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai. 1911.
- „Aus diesem Grunde hielten die Architekten die beiden unteren Stockwerke vollständig schlicht und begannen erst an den Giebeln mit der Dekoration, wo durch die weichen Linien der gebrochenen Mauerflächen zusammen mit den reich getriebenen Gehängen, welche in den Steinfassungen liegen, ein reichhaltiger Wechsel und kräftige Schattenwirkung der stark im Licht stehenden Fassade erzielt wird“. (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung. Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai. 1911.)
- „In der kräftigen Gartenmauer sind reich geschmiedete Gitter angebracht, welche auf der Rückseite mit Schlingrosen bepflanzt sind. Der Garten wurde von den Architekten einheitlich mit dem Gebäude zusammen projektiert, wie auch alle Einzelheiten der Einrichtungsgegenstände im ganzen Haus besonders gezeichnet und angefertigt wurden“. (Quelle: Haus Drautz. In: Süddeutsche Bauzeitung. Nr. 21, S. 161, XXI. Jahrgang, München, 27. Mai. 1911.)
- Der Profanbau, 3. Jahrgang 1907, S. 289.
- Der Profanbau, 3. Jahrgang 1907, S. 293.