Hasbara
Der Begriff Hasbara (hebräisch הַסְבָּרָה hasbará, „Erklärung“ oder „Public Diplomacy“[1]) beschreibt ein Instrument der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung Israels, um international eine positive Berichterstattung über Israel und seine politischen Anliegen zu fördern.[2]
Der Begriff wird von der israelischen Regierung und ihren Anhängern verwendet, um die Bemühungen zu beschreiben, die Regierungspolitik zu erklären und Israel angesichts der negativen Presse zu fördern und gegen das zu kämpfen, was sie als Versuche der Delegitimierung Israels betrachten. Hasbara bedeutet „Erklärung“ und ist auch ein Euphemismus für Propaganda.[3][4][5]
Lexikologie
Während Hasbara wörtlich „Erklärung“ bedeutet, wird sein genauer Import in seiner gegenwärtigen Verwendung diskutiert. Laut Gideon Meir gibt es keine „echte und präzise“ Übersetzung des Wortes hasbara in Englisch oder irgendeiner anderen Sprache. Er bezeichnet es als Public Diplomacy,[6] eine Handlung, die von allen Regierungen auf der ganzen Welt mit steigender Bedeutung unternommen wird und die von Harvard-Professor Joseph Nye als Soft Power bezeichnet wird.
Hasbara wurde als „Pro-Israel-Propaganda“ und „der neue benutzerfreundliche Begriff für israelische Propaganda“[7] beschrieben, aber während „Propaganda bemüht ist, die positiven Aspekte einer Seite eines Konflikts hervorzuheben, versucht Hasbara zu erklären, ob Handlungen gerechtfertigt sind oder nicht.“[8]
Der Historiker Giora Goodman betrachtet „Hasbara“ in der Praxis als „Propaganda“ und erklärt dies so:
Der Begriff „Propaganda“ erhielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen abwertenden Sinn. Dementsprechend verwendeten britische und amerikanische Propagandisten „Informationen“, um ihre Arbeit zu beschreiben, und das positiv klingende Wort Hasbara wurde im Hebräischen allgemein bevorzugt. „Propaganda“, ta'amula in hebräischer Sprache, ist meist den Gegnern vorbehalten, aber der Begriff wurde oft von der zionistischen Bewegung benutzt, um ihre eigenen Bemühungen darzustellen, das Massenpublikum zu beeinflussen.[9]
Anshel Pfeffer schreibt in Haaretz:
- »Hasbara basiert auf zwei grundlegenden Überzeugungen: Die eine besagt, dass die Sache Israels, so wie der Hasbarist sie versteht, grundsätzlich so gerecht ist, dass man sie nur richtig erklären muss. Wenn der Gesprächspartner jedoch nicht überzeugt ist, dann muss das daran liegen, dass er inhärent böse und antisemitisch ist. Daraus ergibt sich die zweite Überzeugung: Dass Hasbara unabdingbar für die Existenz Israels ist.«[10]
In den 1930er Jahren wurde für die zionistische Propaganda noch nicht das Wort Hasbara (»Erklären«) verwendet, sondern Ta‘amula תַּעֲמוּלָה (wörtlich »Propaganda«).[10]
Organisation
Nach einem Bericht der New York Times aus dem Jahr 1986 wurde das Programm in den 1970er-Jahren gegründet, um insbesondere auf amerikanische Unternehmen Einfluss zu nehmen. Hierbei beriet die Werbeagentur Backer and Spielvogel unter Carl Spielvogel, der später unter Bill Clinton US-amerikanischer Botschafter in der Slowakei wurde, die israelische Regierung.[11] Die Strategie stützte sich auf das Buch Battleground: Fact and Fantasy in Palestine von Schmuel Katz aus dem Jahr 1974.[12] Das Programm untersteht dem israelischen Außenministerium.
Im Jahr 2009 wurde bekannt, dass Israel unter Einwanderern Freiwillige mit Fremdsprachenkenntnissen für das Programm suche, um als Gegengewicht zu zahlreichen antizionistischen Webseiten im Internet die israelische Perspektive auf die politischen Konflikte darzustellen.[13] Im Rahmen der Hasbara wurden zudem gezielt Internetnutzer angeworben, die vom israelischen Außenministerium mit Argumentationshilfen versorgt und aufgefordert wurden, in internationalen Medien, darunter auch deutschsprachigen, gezielt Kommentare mit der israelischen Perspektive des Nahostkonflikts zu hinterlassen.[14]
Omer Benjakob schrieb im Mai 2021 in Haaretz, dass die israelische Propaganda zunehmend Desinformation einsetzt. Im Mai 2021 habe der Sprecher der israelischen Armee gezielt englischsprachige Medien belogen, um ein militärisches Ziel im Angriff auf den Gazastreifen zu erreichen. Ofir Gendelman, der »arabische Sprecher« von Benjamin Netanjahu, veröffentlichte ein Video, das angeblich »Beweise« für Kriegsverbrechen der Hamas zeigte; tatsächlich zeigte das Video nach einem Faktencheck durch AFP alte Aufnahmen aus Syrien oder aus dem Irak.[15]
Im März 2024 deckten Forscher eine israelische Hasbara-Kampagne auf, die mit hunderten gefälschten Konten auf Facebook, Instagram und X (Twitter) aktiv ist, um »israelische Interessen« auf Englisch unter einem jungen westlichen Publikum zu verbreiten. Sie konzentriert sich auf die Verbreitung von Behauptungen und Artikeln über die Beteiligung von UNWRA-Mitarbeitern an dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 sowie auf die Beeinflussung von Abgeordneten der Demokratischen Partei in den USA. Dazu wurden unter anderem drei gefälschte Nachrichtenportale (»The Moral Alliance«, »Unfold« und »Non Agenda«) gegründet, aber auch »passende« Artikel realer Nachrichtenplattformen (CNN, The Guardian, Wall Street Journal) verbreitet.[16]
Hasbara in den Medien
In Israel ist es strittig, ob es sich bei Hasbara um ein Mittel der Propaganda handelt. Der Journalist Reuven Ben-Schalom legt die Frage in einem Artikel in der Jerusalem Post so aus, dass für Propaganda zwangsläufig Lügen verwendet würden. Die Hasbara verwende dieses Mittel nicht, es handele sich also nicht um Propaganda.[17]
Jamil Khader, Dekan der Universität Bethlehem, attestierte der Hasbara in einem Artikel für Al Jazeera, während des Gaza-Krieges 2014 versagt zu haben, ein glaubwürdiges Narrativ zu entwickeln. Als Folge daraus habe es weltweit Proteste gegen den Einsatz der israelischen Armee gegeben.[18]
Studenten-Organisation
Seit 2001 betreibt das Außenministerium Israels in Kooperation mit der jüdisch-orthodoxen Privatstiftung Aish HaTorah („Feuer der Torah“) mit den Hasbara Fellowships ein internationales Studenten-Programm zum Einsatz für die Interessen Israels.[19][20] Im Jahr 2007 rief die Organisation dazu auf, auch in der Wikipedia tätig zu werden.[21]
Weblinks
Einzelnachweise
- Shivi Greenfield: Israeli Hasbara: Myths and Facts. molad.org, 2012, abgerufen am 24. Januar 2019 (englisch).
- Rachel Shabi: Special spin body gets media on message, says Israel. 2. Januar 2009, abgerufen am 1. Mai 2018 (englisch).
- Nicholas John Cull, David Holbrook Culbert, David Welch: Propaganda and Mass Persuasion: A Historical Encyclopedia, 1500 to the Present. ABC-CLIO, 2003, ISBN 978-1-57607-820-4 (google.de [abgerufen am 1. Mai 2018]).
- DAN FISHER: Israeli Army Belatedly Courting Media : Sets Up Tours, Issues Unrest Status Reports to Foreign Press. In: Los Angeles Times. 28. Januar 1988, ISSN 0458-3035 (latimes.com [abgerufen am 1. Mai 2018]).
- Clifford Krauss and: WASHINGTON AT WORK; Israel's Man, Scorched Once, Adjusts To Life in the Diplomatic Minefield. (nytimes.com [abgerufen am 1. Mai 2018]).
- Gideon Meir: What “Hasbara” Is Really All About. 24. Mai 2005, abgerufen am 1. Mai 2018 (englisch).
- The Hasbara Hijack - Op-Eds - Arutz Sheva. 10. August 2014, archiviert vom am 10. August 2014; abgerufen am 1. Mai 2018. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- The Hasbara Hijack - Op-Eds - Arutz Sheva. 12. Juli 2007, archiviert vom am 12. Juli 2007; abgerufen am 1. Mai 2018. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Giora Goodman: ““Palestine's Best””: The Jewish Agency's Press Relations, 1946––1947. Hrsg.: Indiana University Press. 2011.
- Anshel Pfeffer: Israel's Hasbara Is Failing. That's Good News. In: Haaretz, 20. März 2020.
- To Help Israel Improve Public Relations. In: New York Times, 6. Juni 1986
- Op-Ed: Shmuel Katz’s Legacy Arutz Sheva – Israelnationalnews.com, 22. Mai 2008
- Cnaan Liphshiz: Israel recruits ‘army of bloggers’ to combat anti-Zionist Web sites. In: Haaretz, 19. Januar 2009
- Richard Silverstein: Hasbara spam alert. Guardian.co.uk, 9. Januar 2009
- Omer Benjakob: Israel’s War on Facts and the Infographic Intifada. In: Haaretz, 27. Mai 2021.
- Omer Benjakob: מבצע השפעה ישראלי טירגט מחוקקים בארה"ב על קשרי אונר"א-חמאס / Israeli Influence Operation Targets U.S. Lawmakers on Hamas-UNRWA. In: Haaretz, 19. März 2024; Pro-Israel online influencing operation has been targeting UNRWA: Report Al Jazeera, 19. März 2024; רשת השפעה פרו-ישראלית fakereporter.net, 19. März 2024 (PDF, auf Hebräisch).
- Reuven Ben-Shalom: Hasbara, public diplomacy and propaganda. The Jerusalem Post, 6. Dezember 2014
- Jamil Khader: The grand failure of Israeli hasbara Al Jazeera, 22. August 2014
- About Aish International, Webseite von Aish HaTorah, abgerufen am 4. Juli 2016 (englisch)
- Gideon Meir: What hasbara is really about. Israeli Ministry of foreign Affairs, 24. Mai 2005
- Hasbara Fellowships Newsletter (Memento vom 5. Juli 2007 im Internet Archive) 31. Mai 2007