Hans-Jürgen Rose
Hans-Jürgen Rose (* vermutlich 1961; † 8. Dezember 1997 in Dessau[1]) war ein Mann, der an schwersten inneren Verletzungen starb, wenige Stunden nachdem er aus dem Polizeirevier Dessau in Sachsen-Anhalt entlassen worden war.[2]
Der Maschinenbauingenieur Hans-Jürgen Rose wurde in der Nacht des 6. auf den 7. Dezember 1997 von der Polizei aufgegriffen, weil er unter Alkoholeinfluss Auto gefahren war, und um 03:35 Uhr aus dem Polizeirevier Dessau entlassen.[3] Am 7. Dezember 1997 wurde er am frühen Morgen um 05:06 Uhr schwer verletzt unweit des Polizeireviers in der Wolfgangstraße Nr. 15, vor dem Treppenaufgang des Hauses in hilfloser Lage aufgefunden.[3] Er hatte schwerste innere Verletzungen, u. a. einen Lungenabriss und eine Lendenwirbelzerschmetterung.[3][4] Er starb am nächsten Tag im Krankenhaus an den Folgen dieser Verletzungen.[2] Im Krankenhaus brachte man seine Verletzungen zunächst mit einem Verkehrsunfall in Verbindung; am Auffindeort gab es aber keine Spuren eines Verkehrsunfalls.[3]
Der Mediziner Claus Metz, der Akten zu Rose gesichtet hatte, äußerte die Vermutung, Rose könne in einem hinteren Gebäudeteil des Dessauer Polizeireviers an eine Säule gefesselt und mit Stahlknüppeln gefoltert worden sein.[5] Schon nach Aussagen von Rechtsmedizinern der Rechtsmedizin Halle, die Roses Leiche 1998 untersucht hatten, entsprach die Schwere von Roses Verletzungen dem, was „bei einem Sturz aus größerer Höhe zu erwarten gewesen wäre“.[1] Vermutlich sei Rose in der Position außerhalb des Polizeireviers, in der er von einem Passanten aufgefunden wurde, platziert worden.[5]
Die Ursache für Roses Tod ist bis heute offiziell ungeklärt. Ein Ermittlungsverfahren wurde am 17. Oktober 2002 eingestellt. Im Februar 2013 wurde das Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen und ohne weiterführende Erkenntnisse am 28. Februar 2014 erneut eingestellt.[6]
Bekanntheit erlangte der Fall 2020, parallel zu dem Todesfall von Mario Bichtemann, im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall von Oury Jalloh, der im selben Polizeirevier starb, aus dem Rose kurz vor seinem Tod entlassen worden war. Auch in diesem Fall war der Polizeibeamte Andreas S. Dienststellenleiter.[7]
Das Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt behauptete Anfang 2018, zu Roses Tod lägen keine polizeilichen Erkenntnisse mehr vor, weder in schriftlicher noch in digitaler Form.[8] Der Sonderbericht zum ungeklärten Todesfall Jallohs (Stand August 2020) widerspricht dieser Darstellung. Die Akten zu dem Fall seien vollständig vorhanden.[6]
Anfang 2024 erstattete Roses Familie Anzeige wegen Mordes gegen vier Polizeibeamte aus Dessau.[9] Im März 2024 erstattete eine Initiative namens Recherche Zentrum beim Generalbundesanwalt ebenfalls Anzeige wegen Mordes.[10]
Siehe auch
- Dessauer Polizeiaffäre (2007)
- Mordfall Li Yangjie (2016)
Literatur
- Susan Bonath: „Die Akte Rose“ in Junge Welt vom 12. September 2018
- Christian Jacob, Kersten Augustin: „Sein Name war Rose“ in TAZ vom 28. März 2024
Einzelnachweise
- Christian Jakob: Expertise im Fall Oury Jalloh. In: taz. Abgerufen am 7. Juni 2020.
- Prüfvermerk der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg zu den Ermittlungen zum Todesfall Ouri Jallow(sic!), anonymisierte Presse-Ausgabe, 2018
- Prüfvermerk der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg zu den Ermittlungen zum Todesfall Ouri Jallow. 29. November 2018, abgerufen am 4. April 2021.
- Manuskript zu „Oury Jalloh und die Toten des Polizeireviers Dessau–Chronik eines deutschen Skandals.“
- Sebasian Bähr: Der Oury-Jalloh-Komplex. In: neues-deutschland.de. 23. Oktober 2018, abgerufen am 4. April 2021.
- Sonderbericht im Fall Oury Jalloh, beauftragt durch den Landtag von Sachsen-Anhalt, von Jerzy Montag und Manfred Nötzel vom 26. August 2020
- Der Fall Oury Jalloh: Neue Vorwürfe gegen die Polizei. In: Deutsche Welle. Abgerufen am 7. Juni 2020.
- Christian Jakob: Und weg sind die Akten. In: taz. Abgerufen am 7. Juni 2020.
- https://taz.de/Polizeigewalt-in-Dessau/!5998023/
- faz.net: Neue Anschuldigungen gegen Dessauer Polizisten (28. März 2024)