Hagenstraße (Worms)
Die Hagenstraße in Worms führt vom Neumarkt in östliche Richtung auf den Rhein zu. Sie ist 510 m lang, weist 52 Hausnummern auf und ist eine der verkehrsreichsten Straßen der Stadt.[1]
Hagenstraße | |
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Altbau-Flügel des Rathauses | |
Basisdaten | |
Ort | Worms |
Ortsteil | Stadtzentrum |
Angelegt | Römische Zeit |
Hist. Namen | Hanstraße, Ludwigstraße |
Anschlussstraßen | West: Neumarkt; Ost: Kaiser-Heinrich-Platz |
Querstraßen | Kranzbühlerstraße, Bürgerhofgasse, Römerstraße, Kleine Riesengasse, Augustinerstraße, Große Kimpelgasse, Fischmarkt, Ludwigstraße, Kaiser-Heinrich-Platz |
Plätze | Neumarkt, Fischmarkt, Kaiser-Heinrich-Platz |
Bauwerke | Stadtbibliothek Worms, Rathaus, Polizeidirektion |
Technische Daten | |
Straßenlänge | 510 m |
Name
Die Straßenbezeichnung hatte ursprünglich nichts mit Hagen von Tronje zu tun, sondern mit einem Adligen gleichen Namens, der im Hochmittelalter hier ein Anwesen hatte.[2] Zeitweise wurde der Name umgangssprachlich auf „Hanstraße“ oder „Hangasse“ verkürzt.[3] In der frühen Neuzeit wurde das als „Hahngasse“ verstanden und dann in lateinischen Texten als „Via galli“ bezeichnet.[4] 1839 wurde sie in Ludwigsstraße umbenannt. Namensgeber war in diesem Fall der Landesherr, Großherzog Ludwig II. von Hessen.[Anm. 1] Das war der erste Fall in der Stadtgeschichte, dass eine Straße durch einen Beschluss nach einer Person benannt wurde. 1888 kam es zu einem Revirement: Die Großherzöge erhielten eine neue (die heutige) „Ludwigsstraße“, die bisherige wurde wieder in „Hagenstraße“ umbenannt, nun aber mit dem Blick auf Hagen von Tronje, denn die Nibelungensage spielt zu einem erheblichen Teil in Worms und gehörte zur Staatsmythologie des zweiten deutschen Kaiserreichs.[5]
Geschichte
Die Straßenführung ist römischen Ursprungs. Sie trägt eine der ältesten in Worms überlieferten Straßenbezeichnungen: In einer Urkunde von 1141 wird sie als „platea Hagenonis“ angeführt.[6] Nach Errichtung der östlichen inneren Stadtmauer am Ende des 12.[7] oder im 13. Jahrhundert[8] endete sie im Bereich des Fischmarktes an der Stadtmauer. Erst Ende des 19. Jahrhunderts entstand die Verlängerung bis zum Kaiser-Heinrich-Platz im Zuge einer Stadterweiterung.[9]
Bauten und Einrichtungen
Historisches
Ältestes bekanntes Bauwerk der Straße war das Hantor, durch das die Straße bis 1788 führte. Es gehörte zu den ältesten Teilen der Stadtbefestigung Worms. Der Bauform nach, die durch eine Zeichnung von Peter Hamman von 1691[10] überliefert ist, war es wahrscheinlich ein römisches Stadttor.[11] 1788 ließ der Rat der Stadt das Tor abbrechen und das Abbruchmaterial versteigern.[12] Die exakte Lage des Bauwerks ist heute nicht mehr bekannt. Archäologisch wurde es bis jetzt nicht nachgewiesen.
Aktuelles
Die Nennungen folgen vom Neumarkt ab stadtauswärts:
Die Hagenstraße verlässt den Marktplatz entlang der Südseite der Stelle, an der im Mittelalter das Haus zur Münze stand, das 1689 im Pfälzischen Erbfolgekrieg durch Truppen König Ludwig XIV. zerstört wurde. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts stand hier das Cornelianum, ein Veranstaltungsgebäude, das im Zweiten Weltkrieg beschädigt und anschließend abgerissen wurde. Hier steht seit den 1950er Jahren die Stadtbibliothek Worms.
Stadtauswärts folgt der Altbau-Flügel des Rathauses, früher dessen Hauptgebäude. Baulich ist er (über einige Stufen) Nachfolger des in der Hagenstraße gelegenen Wohnturms „Zum Zöllner“ aus dem 12. Jahrhundert, den die Stadt im 13. Jahrhundert kaufte und als erstes Rathaus nutzte. Der Konflikt zwischen dem Stadtrat und dem Bischof von Worms, der 1232/33 ausgetragen wurde, endete unter anderem mit dem Abriss des Gebäudes.[13] Der heute dort stehende Rathaus-Flügel stammt im westlichen Bereich Theodor Fischer, im östlichen von Gabriel von Seidl. Letzterer ist aber – bis auf die Umfassungsmauern – ein Neubau nach den schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg.
Weiter stadtauswärts folgen
Literatur
- Jörg Koch: 111 Wormser Straßen von A bis Z. Worms Verlag, Worms 2020, ISBN 978-3-947884-24-7, S. 63.
- Erich Schwan: Die Straßen- und Gassennamen im mittelalterlichen Worms. (= Der Wormsgau. Beiheft 1). Stadtbibliothek, Worms 1936.
- Irene Spille: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 10: Stadt Worms. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 1992, ISBN 3-88462-084-3
Anmerkungen
- Praktischer Weise hießen fast alle Großherzöge von Hessen „Ludwig“ (I.–IV.).
Einzelnachweise
- Koch.
- Erich Schwan: Die Straßen- und Gassennamen im mittelalterlichen Worms = Der Wormsgau, Beiheft 1, Worms 1936, S. 43.
- Schwan, S. 43f.
- Schwan, S. 15.
- Koch.
- Koch.
- Das relativ exakte Baudatum von 1196/1197 wird dendrochronologisch belegt (Mathilde Grünewald: Unter dem Pflaster von Worms. Archäologie in der Stadt. Josef Fink, Lindenberg 2012, ISBN 978-3-89870-754-1, S. 28), ist aber umstritten, weil die Entnahmestelle der Proben auch alternative Interpretationen zulassen (Olaf Wagener und Aquilante de Filippo: Die Wormser Stadtmauer – Neue Erkenntnisse zu Datierung und Entwicklung sowie Bericht über die Bauforschung an der Stadtmauer im Bereich des Andreasstifts. In: Der Wormsgau. Band 30, 2013, S. 19–57, S. 26).
- Olaf Wagener, Aquilante de Filippo: Die Wormser Stadtmauer – Neue Erkenntnisse zu Datierung und Entwicklung sowie Bericht über die Bauforschung an der Stadtmauer im Bereich des Andreasstifts. In: Der Wormsgau . Band 30, 2013, S. 19–57, S. 27.
- Spille, S. 98.
- Ansicht der Stadt Worms im Zustand vor 1689 von Osten (Rheinfront) (Federzeichnung). Frankfurt am Main 1691. Stadtarchiv Worms, Abt. 1B, Nr. 48.
- Mathilde Grünewald: Neue Thesen zu den Wormser Stadtmauern. In: Mannheimer Geschichtsblätter. NF 8, 2001, S. 11–44.
- Karl Heinz Armknecht: Die Wormser Stadtmauern. In: Der Wormsgau. 9, 1970/1971, S. 54–65 (57).
- Gerold Bönnen: Das Wormser Rathaus und der Rathausbezirk vom Mittelalter bis heute. Stadtarchiv Worms, Worms 2008, ISBN 978-3-936118-15-5, S. 8.
- Homepage des Polizeipräsidiums Worms.
- Homepage des Islamischen Kultur-Vereins Worms.