Fluorkohlenwasserstoffe

Fluorkohlenwasserstoffe (FKW; englisch Hydrofluorocarbons, HFC) sind fluorierte Derivate der Kohlenwasserstoffe. Es wird zwischen teilweise (H-FKW bzw. HFKW) und vollständig halogenierten (FKW) unterschieden. Sind Fluorkohlenwasserstoffe vollständig fluoriert (enthalten also keine Wasserstoff-Atome mehr), heißen sie auch perfluorierte Kohlenwasserstoffe oder Perfluorcarbone.

Eigenschaften

Niedrigmolekulare FKW sind Gase (bis zu etwa sechs Kohlenstoffatomen) oder leichtflüchtige Flüssigkeiten. Sie sind in Wasser nur wenig löslich; mit zunehmender Kettenlänge und Fluorierungsgrad nimmt die Löslichkeit ab. Vollfluorierte Vertreter besitzen durch ihre Stabilität eine erhebliche Lebensdauer in der Atmosphäre; sie werden erst in der Ionosphäre zersetzt.[1]

Einige wichtige niedermolekulare fluorierte Kohlenwasserstoffe und deren Eigenschaften:

Bezeichnung ASHRAE-
Kennung
Halbstrukturformel Siedepunkt Löslichkeit
(Wasser [g·l−1])
Treibhauspotenzial

(GWP) auf 100 Jahre[2]

Lebenszeit
(Atmosphäre [Jahre])[1]
Tetrafluormethan R 14 CF4 −127,8 °C 0,020 (20 °C)[3] 7.390 50.000
Trifluormethan R 23 CHF3 −82,2 °C 1,000 (20 °C)[4] 14.800 250
Difluormethan R 32 CH2F2 −51,7 °C 3,650 (20 °C)[5] 675 6
Fluormethan R 41 CH3F −78,4 °C 2,300 (20 °C)[6] 150 3,7[7]
Hexafluorethan R 116 CF3CF3 −78,2 °C 0,008 (25 °C)[8] 9.200 10.000
Pentafluorethan R 125 CF3CHF2 −48,1 °C 0,430 (25 °C)[9] 3.500 36
1,1,1,2-Tetrafluorethan R 134a CF3CH2F −26,0 °C 0,067 (25 °C)[10] 1.430 14
1,1,1-Trifluorethan R 143a CF3CH3 −47,6 °C 0,760 (25 °C)[11] 4.470 55
1,1-Difluorethan R 152a CHF2CH3 −24,9 °C 3,200 (25 °C)[12] 140 1,5
Fluorethan R 161 CH2FCH3 −37,6 °C 12[13]
Octafluorpropan R 218 CF3CF2CF3 −36,6 °C 0,006 (15 °C)[14] 7.000[13][15] 2.600
Tetrafluorethylen R 1114 F2C=CF2 −75,6 °C 0,179 (20 °C)[16] < 1[17]
Decafluorbutan R 610 CF3CF2CF2CF3 −1,9 °C 7.000[7] 3.200[7]

Verwendung

Tetrafluormethan (CF4) entsteht in der Atmosphäre bei der UV-Photolyse von Trifluoracetylfluorid, das wiederum ein Abbauprodukt in der Atmosphäre vorhandener Halogenkohlenwasserstoffe ist.[18] Größere Emissionen stammen auch aus der Primäraluminiumproduktion bei der unbeabsichtigten Reaktion zwischen den Graphitelektroden und dem Flussmittel Kryolith.[19] Das Gas wird in Plasmaätzverfahren eingesetzt, wobei CF3-Ionen und Fluor gebildet werden.[20] Fluorierte Derivate der Kohlenwasserstoffe Ethan und Propan (C2, C3) werden als Kältemittel eingesetzt. Oft werden azeotrope und zeotrope Gemische verschiedener Sorten eingesetzt, um thermodynamische Eigenschaften zu optimieren, sodass gefährliche oder verbotene Stoffe durch solche mit identischen technischen Eigenschaften ersetzt werden können oder um Toxizität und Treibhauspotential zu senken.[21] Einige höhermolekulare fluorierte Kohlenwasserstoffe (C6–C8) werden als Imprägnierungsmittel und Reiniger (perfluorierte Tenside) eingesetzt.[22] Der technisch wichtigste Fluorkohlenwasserstoff Tetrafluorethylen dient als Ausgangsstoff zur Herstellung von Polytetrafluorethylen (PTFE, Teflon®).[23]

Weitere, oft patentierte, Mischungen sind gebräuchlich und zu großen Teilen im Beitrag über Kältemittel aufgelistet.

Auswirkung auf die Umwelt

Fluorkohlenwasserstoffe beeinflussen das Klima in der Erdatmosphäre: Sie tragen über den Treibhauseffekt zur Erderwärmung bei, da ihre Moleküle die Wärmestrahlung von der Erdoberfläche absorbieren. Das Treibhauspotential der einzelnen fluorierten Kohlenwasserstoffe ist dabei sehr unterschiedlich und liegt etwa um den Faktor 100 bis 23.000[24] über dem von Kohlendioxid (CO2). Im Gegensatz zu den Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) haben die fluorierten Kohlenwasserstoffe allerdings kein Ozonabbaupotential. Weil es nach 1987 bei der Umsetzung des Montreal-Protokolls zunächst darum ging, möglichst schnell geeignete, verfügbare Ersatzstoffe als Kühlmittel zu verwenden, wurden beim Ausstieg aus dem Gebrauch von FCKW-Kältemitteln andere damals verfügbare FKW als Ersatzkältemittel verwendet. Alternativen, die nicht so klimaschädlich waren, kamen erst allmählich ab den 1990er Jahren auf den Markt.[25] 2016 waren FKW mit einer Rate von 10 bis 15 % pro Jahr die am schnellsten zunehmende Sorte von Treibhausgasen.[24]

Reduktion und Ersatz

In der 2014 aktualisierten europäischen F-Gase-Verordnung sind Maßnahmen zur Reduzierung von Kältemittel-Emissionen aus Kälteanlagen getroffen worden. Ähnlich der FCKW-Halon-Verbots-Verordnung sind für bestimmte Gase Inverkehrsbringungs- und Verwendungsverbote vorgesehen und die Gesamtmenge der H-FKW soll bis 2030 auf ein Fünftel reduziert werden. Durch erhöhte Anforderung an die Ausführung und Wartung von Kälteanlagen sollen die Leckagemengen reduziert werden, indem insbesondere regelmäßige Dichtheitsprüfungen durch sachkundiges Personal durchgeführt werden und das Ergebnis nachvollziehbar protokolliert wird.

Da Kfz-Klimaanlagen bauartbedingt sehr hohe Leckraten aufweisen, wurden für diese Anlagen stärkere Restriktionen verabschiedet. Seit dem 1. Januar 2011 dürfen nur F-Gase mit einem Treibhauspotenzial von unter 150 eingesetzt werden oder es müssen alternative Kältemittel eingesetzt werden. Als FKW kommt z. B. das Kältemittel R152a (1,1-Difluorethan, Treibhauspotenzial von 124) in Betracht. Eine der erfolgversprechendsten Alternativen stellt Kohlenstoffdioxid dar, das mit einem Treibhauspotenzial von definitionsgemäß genau einem CO2-Äquivalent nur bei großen Emissionen (Verbrennung von Kohlenstoff in Kraftwerken und Motoren) ins Gewicht fällt. Es wurde bereits in zahlreichen Fahrzeugen getestet und hat sich als effiziente Lösung bewährt.

Auf der 28. Vertragsparteienkonferenz zum Montreal-Protokoll 2016 in Kigali einigten sich fast 200 Länder auf ein internationales Abkommen zur schrittweisen, weitgehenden Abschaffung der bisherigen Fluorkohlenwasserstoffe;[26][27] hierdurch wird nach Einschätzung von Experten die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 um bis zu einem halben Grad geringer ausfallen.[28]

Normen

  • EN 378-1 (2000): Kälteanlagen und Wärmepumpen; Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen – Teil 1: Grundlegende Anforderungen, Definitionen, Klassifikationen und Auswahlkriterien.

Siehe auch

Weiterführende Literatur

  • J. M. Calm, G. C. Hourahan: Refrigerant Data Summary. In: Engineered Systems. Band 18, Nummer 11, 2001, S. 74–88.
Commons: Fluorkohlenwasserstoffe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. H. Hulpke, H. A. Koch, M. Adinolfi: RÖMPP-Lexikon Umwelt. 2. Auflage, S. 313ff, Georg Thieme Verlag, 2000, ISBN 978-3-13-736502-0.
  2. P. Forster, P., V. Ramaswamy et al.: Changes in Atmospheric Constituents and in Radiative Forcing. In: Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge University Press, Cambridge und New York 2007, S. 212–213, (PDF).
  3. B. A. Cosgrove, J. Walkley: Solubilities of gases in H2O and 2H2O. in: J. Chromatogr. A 216, 1981, S. 161–167; doi:10.1016/S0021-9673(00)82344-4.
  4. Eintrag zu Trifluormethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  5. Eintrag zu Difluormethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  6. Produktdatenblatt Fluormethan bei AirLiquide, abgerufen am 15. Dezember 2019.
  7. EPA: Global Warming Potentials of ODS Substitutes
  8. Yalkowsky SH, Dannenfelser RM; The AQUASOL dATAbASE of Aqueous Solubility. Ver 5. Tucson, AZ: Univ AZ, College of Pharmacy (1992).
  9. Eintrag zu Pentafluorethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 16. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  10. Eintrag zu 1,1,1,2-Tetrafluorethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  11. Registrierungsdossier zu 1,1,1-trifluoroethane (Abschnitt Water solubility) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 15. Dezember 2019.
  12. Horvath AL; Halogenated Hydrocarbons. New York, NY: Marcel Dekker, Inc. pp. 889 (1982).
  13. Erhebung bestimmter klimawirksamer Stoffe Ergebnisbericht (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.destatis.de
  14. Yalkowsky SH, Dannenfelser RM; The AQUASOL dATAbASE of Aqueous Solubility. Ver 5. Tucson, AZ: Univ AZ, College of Pharmacy (1992).
  15. Klimawirksame Stoffe 2010 (Memento vom 3. Dezember 2013 im Internet Archive), Kennziffer: Q IV – j/10 ·Bestellnummer Q4013 201000.
  16. Eintrag zu Tetrafluorethen in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 25. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  17. G. Myhre, D. Shindell et al.: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Working Group I contribution to the IPCC Fifth Assessment Report. Hrsg.: Intergovernmental Panel on Climate Change. 2013, Chapter 8: Anthropogenic and Natural Radiative Forcing, S. 24–39; Table 8.SM.16 (PDF).
  18. Aaron M. Jubb, Max R. McGillen, Robert W. Portmann, John S. Daniel, James B. Burkholder: An atmospheric photochemical source of the persistent greenhouse gas CF4. In: Geophysical Research Letters. Band 42, Nr. 21, 2015, S. 9505–9511, doi:10.1002/2015GL066193.
  19. Jürgen Feßmann, Helmut Orth: Angewandte Chemie und Umwelttechnik für Ingenieure. ecomed, 2002, ISBN 978-3-609-68352-2, S. 95 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  20. Ralf Steudel: Chemie der Nichtmetalle. De Gruyter, 2013, ISBN 978-3-11-030797-9, S. 268 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Volker Stamer, Hermann Renz: Grundlagen Der Kältetechnik. tredition, 2021, ISBN 978-3-347-28149-3, S. 126 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  22. Walter Kölle: Wasseranalysen. Wiley, ISBN 978-3-527-65984-5, S. 299 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  23. John T. Moore: Chemie für Dummies. Wiley, 2013, ISBN 978-3-527-70945-8, S. 286 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  24. badische-zeitung.de, Wirtschaft, 17. Oktober 2016: Die Welt stoppt die Klimakiller-Kühlmittel FKW (19. Oktober 2016)
  25. Stephen O. Andersen u. a.: Stratospheric ozone, global warming, and the principle of unintended consequences—An ongoing science and policy success story. Band 63, Nr. 6, 2013, S. 625627, doi:10.1080/10962247.2013.791349.
  26. deutschlandfunk.de, Nachrichten vom 15.10.2016: Konferenz in Ruanda einigt sich auf Begrenzung von FKW (Memento des Originals vom 18. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deutschlandfunk.de (15. Oktober 2016)
  27. Internationale Gemeinschaft einigt sich auf Reduzierung von FKW-Gasen. Deutsche Welle, 15. Oktober 2016, abgerufen am 15. Oktober 2016.
  28. germanwatch.org, 15. Oktober 2016: Bis zu ein halbes Grad Erwärmung verhindert (30. Dezember 2016)
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.