Grover-Algorithmus

Der Grover-Algorithmus ist ein Quantenalgorithmus zur Suche in einer unsortierten Datenbank mit Einträgen in Schritten und mit Speicherbedarf (siehe O-Notation). Er wurde von Lov Grover im Jahre 1996 veröffentlicht[1] und gehört zu den ersten Quantenalgorithmen, für die bewiesen wurde, dass mit der Problemgröße besser skalieren als der beste klassische Algorithmus. Im Fall des Grover-Algorithmus handelt es sich um einen quadratischen Speedup.

Auf einem klassischen Computer ist der prinzipiell schnellstmögliche Suchalgorithmus in einer unsortierten Datenbank die lineare Suche, die Rechenschritte erfordert. Der Grover-Algorithmus liefert damit eine quadratische Beschleunigung, was für große beträchtlich ist.

Wie die meisten Quantenalgorithmen ist der Grover-Algorithmus ein probabilistischer Algorithmus, d. h., er gibt die korrekte Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit, wobei die Wahrscheinlichkeit einer fehlerhaften Antwort durch wiederholte Ausführung des Algorithmus verkleinert werden kann.

Anwendungen

Der Grover-Algorithmus ermöglicht eigentlich nicht die direkte Suche in unsortierten Datenbanken, sondern die Umkehrung einer endlichen Funktion , denn zu einem gegebenen Wert entspricht ein Wert der Suche nach einem Wert im Definitionsbereich von .

Der Grover-Algorithmus kann ebenso zur Berechnung des Mittelwerts und des Medians einer Menge von Zahlen verwendet werden sowie zur Lösung des Kollisionsproblems. Weiter kann er zur Lösung NP-vollständiger Probleme eingesetzt werden, indem er die Menge aller möglichen Probleme durchläuft. Obwohl damit NP-vollständige Probleme beträchtlich schneller gelöst werden können, ermöglicht auch der Grover-Algorithmus keine Lösung in polynomialer Zeitkomplexität.

Detaillierter Ablauf

Der folgende Ablauf des Algorithmus bezieht sich auf die Suche nach einem einzelnen Sucheintrag. Der Algorithmus kann weiter optimiert werden, um einen von mehreren möglichen Einträgen zu finden, wobei deren Anzahl im Vorfeld bekannt ist.

Voraussetzungen

Gegeben sei eine unsortierte Datenbank mit Einträgen, die in einem -dimensionalen Zustandsraum durch Qubits dargestellt wird. Die Einträge seien mit durchnummeriert. Dann wählen wir eine auf wirkende Observable mit verschiedenen Eigenzuständen

(in der Bra-Ket-Notation) und den zugehörigen Eigenwerten

Ferner sei ein unitärer Operator gegeben, der eine Subroutine, das sogenannte Orakel, darstellt, die die Datenbankeinträge effizient nach dem Suchkriterium vergleicht. Der Algorithmus legt nicht fest, wie das Orakel arbeitet, es muss allerdings die Superposition der Quantenzustände verarbeiten und den gesuchten Eigenzustand erkennen:

Ziel des Algorithmus ist es, diesen Eigenzustand , bzw. äquivalent den Eigenwert zu identifizieren.

Schrittabfolge

  1. Initialisiere das System in den Zustand
  2. Führe die folgende sog. Grover-Iteration -mal durch. (Die Funktion wird weiter unten beschrieben.)
    1. Wende den Operator an (erste Householdertransformation).
    2. Wende den Operator an (zweite Householdertransformation).
  3. Führe die Messung von durch. Das Messergebnis beträgt mit einer Wahrscheinlichkeit nahe , falls . Mit der Messung von ist das System im Zustand .

Geometrische Sicht und Bestimmung der Schrittzahl r(N)

Der Anfangszustand lautet

Betrachten wir die von und aufgespannte Ebene. Sei ein Ket-Vektor in dieser Ebene, senkrecht zu . Da einer der Basisvektoren ist, folgt

Geometrisch bedeutet das, dass und in einem Winkel von zueinander stehen, wobei gegeben ist durch

folglich ist

Der Operator ist eine Spiegelung an der zu orthogonalen Hyperebene; für Vektoren in der von und aufgespannten Ebene wirkt er als Spiegelung an der Geraden durch . Der Operator ist eine Spiegelung an der Geraden durch . Der Zustandsvektor bleibt also nach der Anwendung von und in der durch und aufgespannten Ebene. Damit rotiert der Operator bei jedem Schritt der Grover-Iteration den Zustandsvektor um einen Winkel von nach .

Der Algorithmus muss also anhalten, sobald der Zustandsvektor am nächsten gekommen ist. Weitere Iterationen würden ihn wieder davon weg drehen und damit die Wahrscheinlichkeit der korrekten Antwort wieder verkleinern. Für die optimale Anzahl an Iterationen zur exakten Übereinstimmung mit gilt

also

Da aber eine ganze Zahl sein muss, setzen wir gleich der gerundeten Zahl . Damit beträgt die Wahrscheinlichkeit, eine falsche Antwort zu messen, . Die Irrtumswahrscheinlichkeit bei Datenbankeinträgen lautet also asymptotisch , d. h., sie ist vernachlässigbar klein für große .

Für gilt , also

Erweiterungen

Enthält die Datenbank nicht nur einen, sondern gesuchte Einträge, so funktioniert der Algorithmus ebenfalls, allerdings gilt für die Anzahl durchzuführender Iterationen nun statt . Ist unbekannt, so führt man den Grover-Algorithmus in

Iterationen durch. Für beliebiges wird ein gesuchter Eintrag mit genügend hoher Wahrscheinlichkeit gefunden. Die Gesamtzahl von Iterationen beträgt höchstens

Optimalität des Grover-Algorithmus

Der Grover-Algorithmus ist optimal in dem Sinne, dass es keinen Quantenalgorithmus mit weniger als Rechenschritten geben kann.[2] Dieses Resultat ist wichtig, um die Grenzen des Quantenrechnens zu verstehen. Wäre das Suchproblem beispielsweise mit Schritten lösbar, so wäre NP in BQP enthalten.

Ebenso ist die Anzahl i. A. notwendiger Iterationen für gesuchte Einträge, also , optimal.

Qualitatives Argument

Um ein heuristisches Verständnis des quantenmechanischen Verfahrens im Vergleich zum klassischen Vorgehen zu gewinnen, und für Verallgemeinerungen, ist es sinnvoll den folgenden Spezialfall zu betrachten: die gesuchte Information soll auf einem spezifischen Gitterpunkt eines Quadratgitters liegen. Die Suche erfordert also klassisch im schmlimmsten Fall Schritte, wenn die Kantenlänge des Quadrates ist. Quantenmechanische Zustände sind dagegen Strahlen im Hilbertraum, d. h., sie sind nur bis auf einen Faktor bestimmt, und wenn man vom Zentrum des Quadrates ausgeht, ist die Richtung des Strahls durch eine Punktmenge gegeben, welche nur dem Umfang und nicht dem Inhalt des Quadrates entspricht, also einer Menge . Um einen speziellen Punkt auf dem gewählten Strahl zu finden, muss man nur noch Interferenzexperimente mit anderen quantenmechanischen Zuständen durchführen, was praktisch ohne zusätzlichen Zeitaufwand möglich ist. Die gesuchte Information erhält man also quantenmechanisch in Schritten.

Verwandte Themen

Ein ganz anderes Problem, bei dem Quantencomputer ebenfalls eine wesentliche Beschleunigung bringen, betrifft die Faktorisierung einer sehr großen Zahl (siehe Shor-Algorithmus).

Literatur

  • M. Homeister: Quantum Computing verstehen Springer Vieweg, Wiesbaden 2018, fünfte Auflage, ISBN 978-3-6582-2883-5, S. 137ff.
  • B. Lenze: Mathematik und Quantum Computing Logos Verlag, Berlin 2020, zweite Auflage, ISBN 978-3-8325-4716-5, S. 57ff.
  • R. J. Lipton, K. W. Regan: Quantum Algorithms via Linear Algebra: A Primer MIT Press, Cambridge MA 2014, ISBN 978-0-2620-2839-4, S. 115ff.
  • M. A. Nielsen, I. L. Chuang: Quantum Computation and Quantum Information. Cambridge University Press, Cambridge MA 2010, ISBN 978-1-107-00217-3, S. 248 ff. (wordpress.com [PDF]).
  • W. Scherer: Mathematik der Quanteninformatik Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg 2016, ISBN 978-3-6624-9079-2, S. 235ff.
  • C. P. Williams: Explorations in Quantum Computing Springer-Verlag, London 2011, zweite Auflage, ISBN 978-1-8462-8886-9, S. 245ff.

Einzelnachweise

  1. L. K. Grover: A fast quantum mechanical algorithm for database search. In: Proceedings, 28th Annual ACM Symposium on the Theory of Computing (STOC). Mai 1996, S. 212–219, arxiv:quant-ph/9605043.
  2. C. H. Bennett, G. Brassard, Vazirani U.: The strengths and weaknesses of quantum computation. In: SIAM Journal on Computing. Band 26, Nr. 5, 1997, S. 1510–1523, doi:10.1137/s0097539796300933.
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