Goldameise

Die Goldameise wird im dritten Buch von Herodots Historien beschrieben. Demnach gebe es in Indien Ameisen, die „kleiner als Hunde, aber größer als Füchse“ seien, und außerdem schneller als jedes andere Tier. Wegen ihrer Hitzeempfindlichkeit grüben sie unterirdische Gänge und förderten mit dem Aushub große Mengen von Gold an die Oberfläche. Dieses Gold sammelten die Inder ein, wobei sie sich aber beeilen müssten, da die Ameisen Menschen am Geruch erkennten und sie verfolgten.

Plinius der Ältere übernahm Herodots Schilderungen der Goldameise in seiner Naturalis historia (11,111), ohne ihnen etwas hinzuzufügen.

Hintergründe

Die Verwendung der Goldameisen in Herodots Historien erfolgte wohl aufgrund einer Wissenslücke Herodots. Er beschreibt in den Historien die Grundvoraussetzungen für den Persischen Krieg. Hierzu zählen auch Tributszahlungen an den persischen König Dareios I. von indischen Stämmen. Das hohe Aufkommen von Gold in dieser Region kann er auf andere Weise nicht erklären. Ein weiterer Grund ist die Erwartung des Lesers an eine Indienbeschreibung in der Zeit der griechischen Antike. Wahrscheinlich enthält diese herodoteische Fabel aber auch einen wahren Kern: Herodots Goldameisen sind nach den Forschungen des Ethnologen Michel Peissel mit den im Himalaya lebenden, goldfarbenen Murmeltieren gleichzusetzen. Diesen Gedanken äußerte schon der Brite Alexander Cunningham, der Ladakh als mögliches Land der Gold grabenden Ameisen vermutete.[1] Auch wurde erwogen, dass es sich bei den Goldameisen um Menschen handeln könnte, die mit Fellen bekleidet von Ferne wie nach Gold grabende Tiere aussahen.[2]

Die Größe der Tiere ist nach Herodot eine Besonderheit Indiens. In Indien sind nach Herodot alle Tiere größer als in anderen Ländern. Es ist keine Besonderheit, die nur auf die Riesenameisen zutrifft, sondern generelle Geltung für fast alle Tiere besitzt. Die Ameisen werden also in Herodots Historien nach den Vorstellungen antiker Menschen vom Rand der Welt beschrieben. Beispiele für eine Beschreibung der Ränder der Welt liefern auch Hekataios von Milet und andere Geographen der Antike. Sie sind Vorbilder und Quellen Herodots.

Literatur

  • Reinhold Bichler: Herodots Welt. Akademie-Verlag, Berlin 2001, ISBN 978-305003429-4.
  • Manfred Landfester: Der Blick auf das Andere. Herodot und die Anfänge der antiken Berichte über außergriechische Völker und Länder. In: Chloe 31 (2000), S. 3–36.
  • Berthold Laufer: Die Sage von den Goldgrabenden Ameisen. In: T´oung-pao, Serie II, Bd. IX, Nr. 3, Leiden 1908, S. 29 ff.
  • Grant Parker: The Making of Roman India. In: Greek Culture of the Roman World. Cambridge University Press, New York 2008, ISBN 978-052185834-2.
  • Michel Peissel: The Ant's Gold: The Discovery of the Greek El Dorado in the Himalayas. HarperCollins, London 1984. ISBN 978-0002725149
  • Thomas Reimer: Kleiner als Hunde, aber größer als Füchse: die Goldameisen des Herodot; ein antikes Märchen und sein Hintergrund. Nodus-Publikationen, Münster 2005, ISBN 3-89323292-3

Einzelnachweise

  1. Alexander Cunningham: Ladák, physical, statistical, and historical. London 1854 (Nachdruck: Delhi 1977).
  2. Frederik Eginhard Schiern: Über den Ursprung der Sage von den goldgrabenden Ameisen. Kopenhagen 1873.
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