Gmelinit

Gmelinit ist die Sammelbezeichnung für ein nicht näher bestimmtes Mineral aus einer Gruppe chemisch sehr ähnlicher Minerale, bestehend aus den von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannten Endgliedern Gmelinit-Ca, Gmelinit-K und Gmelinit-Na. Alle Endglieder kristallisieren im hexagonalen Kristallsystem mit folgender chemischer Zusammensetzung:

  • Gmelinit-Na: Na4[Al4Si8O24]·11H2O (empirische Formel: (Na7.61Ca0.03K0.16)[Al7.41Si16.49O48]·21.51H2O[2])
  • Gmelinit-Ca: Ca2[Al4Si8O24]·11H2O (empirische Formel: (Ca2.06Sr1.35Na0.78K0.11)[Al7.82Si16.21O48]·23.23H2O[2])
  • Gmelinit-K: K4[Al4Si8O24]·11H2O (empirische Formel: (K2.72Ca1.67Sr0.39Na0.22Mg0.13)[Al7.79Si16.32O48]·23.52H2O[2])
Gmelinit-Ca, -K oder -Na
Gmelinit aus Avhellero, Larnaka, Zypern (Sichtfeld 2 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Andere Namen

Groddeckit[1]

Chemische Formel Allgemein: (Na2,Ca,K2)4[Al8S16O48]·22H2O[2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Gerüstsilikate (Tektosilikate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/J.26
9.GD.05
77.01.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m
Raumgruppe P63/mmc (Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194[2]
Gitterparameter siehe Kristallstruktur
Formeleinheiten Z = 1[2]
Zwillingsbildung Durchdringungszwillinge nach {1011}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5
Dichte (g/cm3) 2,02 bis 2,17; berechnet: 2,098
Spaltbarkeit deutlich nach {1010}
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe farblos, weiß, gelblich, grünlich, hellorange bis lachsrot
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,476 bis 1,494
nε = 1,474 bis 1,480
Doppelbrechung δ = 0,002 bis 0,014
Optischer Charakter einachsig wechselnd
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in verdünnter Salzsäure
Besondere Merkmale piezoelektrisch

Es sind also chemisch gesehen wasserhaltige Natrium-, Calcium- bzw. Kalium-Alumosilikate, die strukturell zu den Gerüstsilikaten gehören und als solche zur Gruppe der Zeolithe innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ gezählt werden.

Gmelinit entwickelt meist tafelige, pyramidale oder rhomboedrische Kristalle mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form radialstrahliger oder körniger Mineral-Aggregate vor. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen eine gelbliche, grünliche oder hellorange bis lachsrote Farbe annehmen, wobei die Transparenz entsprechend abnimmt.

Etymologie und Geschichte

Christian Gottlob Gmelin

Erstmals entdeckt wurde Gmelinit am Monte Nero nahe der Gemeinde San Pietro Mussolino in der nordostitalienischen Provinz Vicenza (Venetien) und beschrieben 1825 durch David Brewster, der das Mineral nach dem bekannten Chemiker und Pharmazeuten Christian Gottlob Gmelin (1792–1860) benannte.

Gmelinit-Ca wurde ebenfalls erstmals am Monte Nero entdeckt und 1997 durch Douglas S. Coombs et al. beschrieben. Aufgrund dieser Entdeckung wurde der von Brewster beschriebene Gmelinit 1997/98 im Zuge einer allgemeinen Überarbeitung der Zeolith-Nomenklatur durch Coombs et al. als natriumreiches Endglied in Gmelinit-Na umbenannt. Als drittes mögliches, zunächst hypothetisches, Endglied der Gmelinit-Reihe wurde Gmelinit-K vorgeschlagen.[2] Die Kristallstruktur von Gmelinit-Na wurde erstmals 1966 von K. Fischer bestimmt, 1982 allerdings durch Ermanno Galli et al. neu definiert. Die Struktur von Gmelinit-K wurde 1990 durch Giovanna Vezzalini et al. neu definiert.[3]

Als natürliche Mineralbildung wurde Gmelinit-K erstmals 1999 am Alluaiw im Lowosero-Tundra-Massiv auf der russischen Halbinsel Kola auch entdeckt und durch A. P. Khomyakov, L. I. Polezhaeva und Yu. A. Malinovskiy beschrieben. Bei der IMA wurde das Mineral unter der Eingangs-Nr. 1999-039 registriert, geprüft und als eigenständig anerkannt. Die Publikation der Originalbeschreibung folgte 2001 in dem von der Mineralogical Society of America herausgegebenen Magazin „American Mineralogist“.[4]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörten die Gmelinite zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate), mit Zeolithen“, wo sie zusammen mit Bellbergit, Chabasit-Ca, Chabasit-K, Chabasit-Na, Chabasit-Sr, Erionit-Ca, Erionit-K, Erionit-Na, Lévyn-Ca, Lévyn-Na, Mazzit-Mg, Mazzit-Na, Offretit, Perlialit, Tschernichit und Willhendersonit die „Untergruppe der Würfelzeolithe I“ mit der System-Nr. VIII/J.26 innerhalb der Zeolithgruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet die Gmelinite ebenfalls in die Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) mit zeolithischem H2O; Familie der Zeolithe“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Gerüststruktur, so dass die Gmelinite entsprechend ihrem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten von Fünfer-Ringen“ zu finden sind, wo sie die unbenannte Gruppe 9.GD.05 bilden.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet die Gmelinite in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Zeolith-Gruppe“ ein. Hier sind sie in der „Chabasit und verwandte Arten“ mit der System-Nr. 77.01.02 innerhalb der Unterabteilung „Echte Zeolithe“ zu finden.

Kristallstruktur

Alle Gmelinite kristallisieren hexagonal in der Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194)Vorlage:Raumgruppe/194 mit den folgenden Gitterparametern bei jeweils einer Formeleinheit pro Elementarzelle[2]:

  • Gmelinit-Na: a = 13,756(5) Å und c = 10,048(5) Å
  • Gmelinit-Ca: a = 13,800(5) Å und c = 9,964(5) Å
  • Gmelinit-K: a = 13,621(3) Å und c = 10,254(1) Å

Bildung und Fundorte

Blassrosa Gmelinit mit hexagonalem Habitus aus „Two Islands“ (Brothers), Parrsboro, Cumberland County, Nova Scotia, Kanada
Tafeliger Gmelinit-Na aus dem Steinbruch Poudrette, Mont Saint-Hilaire, Kanada (Sichtfeld 2,2 mm × 2,9 mm)

Gmelinit bildet sich in Hohlräumen von natrium-, calcium- und/oder kaliumhaltigen Vulkaniten wie beispielsweise Basalt oder Pegmatit. Als Begleitminerale können weitere Zeolithe, aber auch Aragonit, Calcit, Cancrinit, Nephelin, Quarz, Sodalith und andere Minerale auftreten.

Als eher seltene Mineralbildung können Gmelinite an verschiedenen Fundorten zum Teil reichlich vorhanden sein, insgesamt sind diese Minerale aber wenig verbreitet. Insgesamt gelten bisher (Stand 2013) rund 160 Fundorte[5] als bekannt. Neben der für Gmelinit-Na und Gmelinit-C geltenden Typlokalität Monte Nero und anderen Orten in der Region Venetien traten diese Minerale noch am Mount Caliella bei Palagonia auf Sizilien zutage. Gmelinit-K konnte außer an seiner Typlokalität Alluaiw in Russland bisher nur noch bei San Giorgio di Perlena in der italienischen Provinz Vicenza (Venetien) gefunden werden.

In Deutschland ist Gmelinit bisher nur aus Sankt Andreasberg in Niedersachsen und von der Mahlscheid bei Herdorf in Nordrhein-Westfalen bekannt.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Australien, Grönland, Israel, Kanada, Kasachstan, Japan, Madagaskar, Neuseeland, Norwegen, Spanien, Tschechien, der Ukraine, Ungarn, im Vereinigten Königreich (UK), den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und Zypern.[6]

Siehe auch

Literatur

Monographien und wissenschaftliche Abhandlungen
  • David Brewster: Description of gmelinite, a new mineral species. In: The Edinburgh Journal of Science. Band 2 (1825), S. 262–267 (PDF 429 kB)
  • Gmelinite-Na. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 118 kB; abgerufen am 19. September 2022]).
  • Douglas S. Coombs, Alberto Alberti, Thomas Armbruster, Gilberto Artioli, Carmine Colella, Ermanno Galli, Joel D. Grice, Friedrich Liebau, Joseph A. Mandarino, Hideo Minato, Ernest H. Nickel, Elio Passaglia, Donald R. Peacor, Simona Quartieri, Romano Rinaldi, Malcom Ross, Richard A. Sheppard, Ekkehard Tillmanns, Giovanna Vezzalini: Recommended nomenclature for zeolite minerals: report of the Subcommittee on Zeolites of the International Mineralogical Association, Commission on New Minerals and Mineral Names. In: The Canadian Mineralogist. Band 35 (1997), S. 1571–1606 (PDF 3,3 MB)
  • William Alexander Deer (Hrsg.): Framework Silicates: Silica Minerals, Feldspathoids and the Zeolites. Geological Society of London 2004, ISBN 978-1-86239-144-4, S. 690–696 (eingeschränkt online verfügbar in der Google-Buchsuche)
In Kompendien
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 614.
  • Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 796 (Erstausgabe: 1891).
Commons: Gmelinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  2. Douglas S. Coombs, Alberto Alberti, Thomas Armbruster, Gilberto Artioli, Carmine Colella, Ermanno Galli, Joel D. Grice, Friedrich Liebau, Joseph A. Mandarino, Hideo Minato, Ernest H. Nickel, Elio Passaglia, Donald R. Peacor, Simona Quartieri, Romano Rinaldi, Malcom Ross, Richard A. Sheppard, Ekkehard Tillmanns, Giovanna Vezzalini: Recommended nomenclature for zeolite minerals: report of the Subcommittee on Zeolites of the International Mineralogical Association, Commission on New Minerals and Mineral Names. In: The Canadian Mineralogist. Band 35 (1997), S. 1571–1606 (PDF 3,3 MB)
  3. William Alexander Deer (Hrsg.): Framework Silicates: Silica Minerals, Feldspathoids and the Zeolites. Geological Society of London 2004, ISBN 978-1-86239-144-4, S. 690 (online verfügbar in der Google-Buchsuche)
  4. John L. Jambor, Edward S. Grew, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 87 (2002), S. 1509–1513 (PDF 74,4 kB; Gmelinite-K auf S. 2)
  5. Mindat - Anzahl der Fundorte für Gmelinite
  6. Fundortliste für Gmelinit beim Mineralienatlas und bei Mindat
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