Glaukokerinit
Glaukokerinit, auch Kupferzinktonerdesulfat, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (und Verwandte)“. Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung [(Zn,Cu,Al)9(OH)18][(SO4)2·10H2O][2], ist also chemisch gesehen ein wasserhaltiges, basisches Sulfat. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Zink, Kupfer und Aluminium können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.
Glaukokerinit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Gc[1] |
Andere Namen |
Kupferzinktonerdesulfat |
Chemische Formel | [(Zn,Cu,Al)9(OH)18][(SO4)2·10H2O][2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate(und Verwandte) |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VI/D.08 VI/D.08-110 7.DD.35 31.04.08.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol | ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m |
Raumgruppe | R3m (Nr. 166) |
Gitterparameter | a = 3,06 Å; c = 32,65 Å[2] |
Formeleinheiten | Z = 1/3[2] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 1 (wachsweich) |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,4(2); berechnet: 2,33[3] |
Spaltbarkeit | keine |
Bruch; Tenazität | nicht definiert |
Farbe | himmelblau bis blaugrün, durch Verunreinigungen auch ins Graue oder Bräunliche übergehend |
Strichfarbe | bläulichweiß |
Transparenz | durchscheinend |
Glanz | Wachsglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,540[4] nβ = 1,554[4] nγ = 1,562[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,022[4] |
Optischer Charakter | einachsig, anomal zweiachsig negativ[3] |
Achsenwinkel | 2V = 60° (gemessen); 72° (berechnet)[4] |
Glaukokerinit entwickelt nur mikroskopisch kleine Kristalle und findet sich meist in Form von himmelblau bis blaugrün gebänderten, traubigen Krusten mit auseinander driftender, radialfaseriger bis tafeliger Struktur und wachsähnlichem Glanz auf den Oberflächen. Auch seine Härte wird als wachsweich beschrieben, das heißt, er lässt sich ähnlich wie das Referenzmineral Talk für Mohshärte 1 mit dem Fingernagel schaben. Auffällig ist, dass die Färbung an der Oberfläche der traubigen Lagen stets am intensivsten ist und im Inneren in Weiß übergeht. Durch Verunreinigungen kann die Farbe auch ins Graue oder Bräunliche übergehen.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Glaukokerinit auf verschiedenen Mineralproben aus Lavrio (Laurion), die das Naturhistorische Museum Wien in den Jahren 1892 und 1893 von Frau Cl. Grenié erworben hatte. Emil Dittler (1882–1945)[5] und Rudolph Ignatz Koechlin (1862–1939) beschrieben das Mineral 1932 und benannten es aufgrund seiner Farbe und seiner wachsartigen Konsistenz nach den altgriechischen Worten γλαυκός [glaukós] mit der nachhomerischen Bedeutung „glänzend“, „blau-grün“ bzw. „blau-grau“ und κήρινος [kérinos] für Wachs.
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Systematik der Minerale nach Strunz gehörte der Glaukokerinit zur Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate, Wolframate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Bechererit, Camérolait, Carbonatcyanotrichit, Carrboydit, Chalkoalumit, Cyanotrichit, Hydrombobomkulit, Hydrowoodwardit, Kirgizstanit, Mbobomkulit, Nickelalumit, Spangolith, Woodwardit, Zincowoodwardit und Zinkaluminit die „Cyanotrichit-Gruppe“ mit der System-Nr. VI/D.08 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Glaukokerinit ebenfalls in die Klasse der „Sulfate (Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ und dort in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) mit zusätzlichen Anionen, mit H2O“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Mit ausschließlich mittelgroßen Kationen; Lagen von kantenverknüpften Oktaedern“ zu finden ist, wo es zusammen mit Carrboydit, Honessit, Hydrohonessit, Hydrowoodwardit, Motukoreait, Mountkeithit, Natroglaukokerinit, Nikischerit, Shigait, Wermlandit, Woodwardit, Zincowoodwardit und Zinkaluminit die „Woodwardit-Gruppe“ mit der System-Nr. 7.DD.35 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Glaukokerinit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er zusammen mit Natroglaukokerinit in der unbenannten Gruppe 31.04.08 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen mit (A+B2+)4(XO4)Zq × x(H2O)“ zu finden.
Kristallstruktur
Glaukokerinit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 166) mit den Gitterparametern a = 3,06 Å und c = 32,65 Å sowie 1/3 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Bildung und Fundorte
Glaukokerinit bildet sich als seltenes Sekundärmineral in Kupfer-Zink-Sulfidlagerstätten. Als Begleitminerale treten weitere Sulfatminerale wie Ktenasit, Serpierit und Gips, aber auch unter anderem Sulfide wie Galenit, Pyrit und Sphalerit sowie Fluorit, Adamin, Azurit und Malachit, Calcit, Smithsonit und das Brauneisenerz Limonit.
Als seltene Mineralbildung konnte Glaukokerinit bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei etwa 15 Fundorte als bekannt gelten (Stand: 2013).[6] An seiner Typlokalität Lavrio kann das Mineral in verschiedenen Bergwerken bzw. auf Abraum- und Schlackehalden um Agios Konstantinos und Sounion gefunden werden. Bekannt aufgrund außergewöhnlich reichhaltiger Glaukokerinit-Aggregate ist hier vor allem die „Serpieri-Mine“.
In Deutschland trat das Mineral bisher unter anderem auf den Schlackehalden der Juliushütte in Niedersachsen sowie der Bleihütte Binsfeldhammer und der Zinkhütte Münsterbusch in Nordrhein-Westfalen, bei Kropfmühl im Bayerischen Wald, in der Grube Friedrichssegen in Rheinland-Pfalz sowie in der zu den Feengrotten gehörenden Grube „Jeremias Glück“ im thüringischen Saalfeld auf.
Der einzige bisher bekannte Fundort in Österreich ist Viehhofen im Salzburger Land.
Weitere bisher bekannte Fundorte sind Le Penay im Vallée de la Tarentaise in Frankreich, die Gruben „Skyttemyr“ bei Froland (Aust-Agder) und „Birkeland“ bei Sauda (Rogaland) in Norwegen sowie die „Maid of Sunshine Mine“ in den Dragoon Mountains im Cochise County (Arizona) in den USA.[7]
Siehe auch
Literatur
- E. Dittler, R. Koechlin: Über Glaukokerinit, ein neues Mineral von Laurion. In: Centralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Band 1, 1932, S. 13–17 (rruff.info [PDF; 269 kB]).
- Gunnar Raade, C. J. Elliott, V. K. Din: New data on glaucocerinite. In: Mineralogical Magazine. Band 49, 1985, S. 583–590 (rruff.info [PDF; 514 kB]).
Weblinks
Einzelnachweise
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 403.
- Glaucocerinite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 65 kB; abgerufen am 15. Oktober 2017]).
- Mindat – Glaukokerinite
- Herbert Haberlandt: Dem Andenken Emil Dittlers. In: Tschermaks mineralogische und petrographische Mitteilungen. Band 1, Nr. 2, 1948, S. 101–106, doi:10.1007/BF01120828.
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Glaucocerinite
- Fundortliste für Glaukokerinit beim Mineralienatlas und bei Mindat