Giovanni Pietro Tencalla
Giovanni Pietro Tencalla (* 17. November 1629 in Bissone, Tessin; † 6. März 1702 ebenda) war ein Tessiner Architekt des Barock.
Werdegang
Er wurde als Sohn des Hofarchitekt des Königs Władysław IV. Wasa Constante Tencalla und dessen Ehefrau Marta Porro. Sein Onkel Giovanni Giacomo Tencalla holte ihn nach Wien. Bald nahm ihn der kaiserliche Hofbaumeister Filiberto Lucchese als Assistenten auf. Zehn Jahre lang, von 1656 bis 1666 arbeiteten sie zusammen, dann trat Tencalla die Nachfolge Luccheses an und wirkte seinerseits bis 1701 als kaiserlicher Hofbaumeister. Er arbeitete als Baumeister und Bildhauer in den Jahren 1656 bis 1692 für den kaiserlichen Hof der Habsburger. Er baute 1670–1671 zwischen Lugano und Porlezza die Strasse, die vom See zum Caravina-Wallfahrtsort führt.[1]
Zu den bedeutendsten Arbeiten von Giovanni Pietro Tencalla zählt der Neubau sowie die Aufstockung des Leopoldinischen Traktes der Wiener Hofburg in den Jahren 1672 bis 1681 nach einem Brand. Von 1685 bis 1687 errichtete er für den kaiserlichen Oberststallmeister Philipp Sigmund Graf von Dietrichstein das heutige Palais Lobkowitz, einen der ältesten Palastbauten Wiens. Das Palais wechselte mehrmals den Besitzer. 1745 erbte es Ferdinand Philipp Fürst von Lobkowitz, dessen Stammhaus Schloss Roudnice an der Elbe war, das von Francesco Caratti und Antonio della Porta erbaut wurde. Das Palais ist heute Sitz des Österreichischen Theatermuseums. Auch das Palais Esterházy plante er vermutlich, es verlor jedoch weitgehend seine Gestalt im 18. und 19. Jahrhundert. Ebenso wird angenommen, dass das Theresianum nach den Zerstörungen von 1683 nach Plänen Tencallas von 1687 bis 1693 wieder aufgebaut wurde.
Der Blumengarten Kroměříž wurde beim Wiederaufbau der Stadt nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges in den Jahren 1665 bis 1675 unter Bischof Karl II. von Liechtenstein-Kastelkorn (1664–1695) auf kargem und sumpfigem Boden hinter den Mauern der Stadt als Spätrenaissance-Garten angelegt (vergleiche Hortus Eystettensis in Eichstätt). Der ursprüngliche Name des Gartens war Libosad, heute ist er eine frühbarocke Parkanlage mit einer Fläche von 485 × 300 m, in der italienische und niederländische Einflüsse kombiniert wurden. Der Garten wurde von den italienischen Architekten Filiberto Lucchese und Giovanni Pietro Tencalla gestaltet.[2][3] Als Lucchese 1666 unerwartet in Wien verstarb, führte Tencalla die Arbeiten bis 1674 zu Ende.
Werke
Umfangreiche Aufträge erhielt Giovanni Pietro Tencalla von den Olmützer Bischöfen, für die er in Mähren bedeutende Bauten errichtete, z. B.:
- Olmütz: Barockisierung der St.-Michaels-Kirche (1673–1698; mit Domenico Martinelli)
- Kremsier: Architektonische Gestaltung des Blumengartens (Květná zahrada)
- Schloss Kroměříž: Barockumbau (zusammen mit Filiberto Lucchese)
- Schloss Chropyně: Pläne für den Barockumbau
- Kloster Hradisko: Barockumbau (1661–1750; zusammen mit Domenico Martinelli)
- Svatý Kopeček (Heiligenberg): Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung (1669–1679)
- Kloster Velehrad: Barockisierung der Klosterkirche (1684–1689)
- Mírov: Maria-Magdalena-Kirche
- Příbor: Piaristenkolleg
- Altwasser: Wallfahrtskirche St. Anna.
Literatur
- Joachim Bahlcke, Winfried Eberhard, Miloslav Polívka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Böhmen und Mähren (= Kröners Taschenausgabe. Band 329). Kröner, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-32901-8.
- Petr Fidler: „... weillen er Euer: Kayserl. May: und dem höchlöblichsten Hause schon an 50 Jahr gedienet und große gebeu verrichtet ...“ Der Architekt Giovanni Pietro Tencalla (1629–1702) und seine Landsleute. In: Friedrich Polleroß (Hrsg.): Reiselust & Kunstgenuss. Barockes Böhmen, Mähren und Österreich. Imhof, Petersberg 2004, ISBN 3-937251-39-1, S. 49–63.
- Marianne Mehling (Hrsg.): Knaurs Kulturführer in Farbe Tschechische Republik, Slowakische Republik. Droemer Knaur, München 1993, ISBN 3-426-26609-1.
- Ursula Stevens: Giovanni Pietro Tencalla. In: tessinerkuenstler-ineuropa.ch. 2015, abgerufen am 15. Februar 2016.
Weblinks
Einzelnachweise
- Celestino Trezzini: Giovanni Pietro Tencalla. In Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Band 6, S. 655; Digitalisat (PDF; 28 MB), abgerufen am 9. Oktober 2017.
- Gärten in Kremsier
- Kremsierer Gärten