Gewerkenversammlung

Unter Gewerkenversammlung[1] oder Gewerkentag[2] versteht man eine beschlussfassende Versammlung der Anteilseigner einer Bergrechtlichen Gewerkschaft.[1] Sie entspricht der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft.[3] Das Stimmrecht auf der Gewerkenversammlung wird nach Kuxen und nicht nach Personen ausgeübt.[4] Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst.[1] Die gesetzlichen Regelungen für die Gewerkenversammlung finden sich im Allgemeinen Berggesetz (ABG) von 1865, §§111ff.[5]

Grundlagen

Die Gewerkenversammlung ist das oberste Organ einer Gewerkschaft.[4] Sie findet regelmäßig jedes Jahr in einem bestimmten Monat statt, außerdem zusätzlich, wenn der Aufsichtsrat[ANM 1] es für erforderlich erachtet.[6] Die Versammlung umfasst alle Besitzer sämtlicher Kuxe der jeweiligen Gewerkschaft.[4] Gewerken, die nicht persönlich an der Versammlung teilnehmen können, dürfen sich durch einen Mitgewerken oder, falls es keine anderen Regelungen gibt, auch durch einen Nichtgewerken vertreten[ANM 2] lassen.[3] Die Gewerkenversammlung ist zuständig für alle Angelegenheiten, die die Gewerkschaft betreffen, wenn diese nicht nach Gesetz oder Gewerkschaftsstatut auf den Repräsentanten der betreffenden Gewerkschaft übertragen[ANM 3] worden sind.[4] Über jede Gewerkenversammlung musste ein Protokoll erstellt werden, in welchem sämtliche Gewerkschaftsbeschlüsse notiert wurden.[1] Gegen die gefassten Gewerkschaftsbeschlüsse konnte jeder Gewerke innerhalb von vier Wochen nach der Versammlung vor Gericht klagen, wenn er der Meinung war, dass die jeweiligen Gewerkschaftsbeschlüsse nicht dem Wohle der Gewerkschaft dienen würden.[3]

Berufung der Gewerkenversammlung

Eine Gewerkenversammlung muss regelmäßig mindestens einmal im Jahr berufen werden.[6] Des Weiteren muss sie einberufen werden, wenn die Kuxbesitzer[ANM 4] dies unter Angabe von Gründen beantragen.[7] Die Berufung erfolgt durch eine schriftliche Einladung,[ANM 5] der eine Tagesordnung beigefügt ist.[6] Die Ladung zur Gewerkenversammlung erfolgt in der Regel durch den Repräsentanten der Gewerkschaft, in bestimmten Fällen auch durch die Bergbehörde.[3] Geladen werden alle die Gewerken, die zum Zeitpunkt der Einladung im Gewerkenbuch der jeweiligen Gewerkschaft stehen.[6] Gewerken, die nicht im Inland wohnen, müssen zwecks Empfangnahme von Einladungen einen im Inland wohnen Bevollmächtigten bestellen.[3] Dort wo dies unterlassen wurde, reicht ein Aushang der Einladung beim Amtssitz des zuständigen Revierbeamten[1] oder der zuständigen Bergbehörde aus,[3] der 14 Tage vor der Versammlung dort ausgehängt werden und verbleiben muss.[1] Die gleiche Regelung gilt bei Gewerken, deren Rechtsnachfolge oder Wohnort unbekannt ist.[3]

Einzelnachweise

  1. Julius Dannenberg, Werner Adolf Franck (Hrsg.) Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau - Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft - Technik und Gesetzgebung bearbeitet, F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
  2. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871.
  3. Adolf Arndt, Kuno Frankenstein (Hrsg.): Hand- und Lehrbuch der Staatswissenschaften in selbständigen Bänden. Erste Abteilung Volkswirtschaftslehre XI. Band Bergbau und Bergbaupolitik, Verlag von C.L. Hirschfeld, Leipzig 1894, S. 58–69.
  4. R. Willecke, G. Turner: Grundriß des Bergrechts. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Springer-Verlag Berlin-Heidelberg-New York, Berlin 1970, S. 118–120.
  5. Allgemeines Berggesetz für die preussischen Staaten. In Kraft vom 1. October 1865, Verlag von R. L. Friederichs, Elberfeld 1865, S. 23–27.
  6. Robert Esser II.: Die Gewerkschaft und ihre Entwicklung unter dem Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865. Verlag von J. Guttentag, Berlin und Leipzig, S. I, 1, 7–15.
  7. Hermann Brassert: Die Bergrechtsreform im Großherzogtum Hessen. In: Zeitschrift für das Bergrecht. Hermann Brassert (Hrsg.), Siebzehnter Jahrgang, bei Adolph Marcus12, Bonn 1876, S. 180–182.

Anmerkungen

  1. Im Allgemeinen Berggesetz gibt es keine Bestimmung, dass eine Gewerkschaft einen Aufsichtsrat haben muss. Die Gewerkschaften entscheiden somit eigenverantwortlich, ob sie einen Aufsichtsrat haben wollen oder nicht. Wenn kein Aufsichtsrat besteht, kann der Grubenvorstand die Entscheidung treffen. (Quelle: R. Willecke, G. Turner: Grundriß des Bergrechts.)
  2. Für die Vertretung war jedoch eine schriftliche Vollmacht des jeweiligen Gewerken erforderlich, die der Vertreter während der Versammlung bei sich führen musste. Ein späteres Nachreichen einer Vollmacht war nicht zulässig. (Quelle: Adolf Arndt, Kuno Frankenstein (Hrsg.): Hand- und Lehrbuch der Staatswissenschaften in selbständigen Bänden. )
  3. Anstelle des Repräsentanten kann diese Befugnis auch auf einen eventuell vorhandenen Aufsichtsrat übertragen werden. (Quelle: R. Willecke, G. Turner: Grundriß des Bergrechts.)
  4. Hierfür waren so viele Kuxbesitzer erforderlich, dass die Anzahl von einem Viertel aller Kuxe erreicht wurde. Wurden die gestellten Anträge von der einberufenen Gewerkenversammlung abgelehnt, dann wurden die Kosten der Versammlung und deren Berufung auf die Antragsteller solidarisch umgelegt. (Quelle: Robert Esser II.: Die Gewerkschaft und ihre Entwicklung unter dem Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865.)
  5. Diese Einladung muss rechtzeitig abgesendet werden. Ein Beweis dafür, dass die Gewerkenversammlung rechtzeitig einberufen worden ist, ist ein Beleg des zuständigen Postamtes, auf dem das Datum der Versendung der Einladungen zur Versammlung steht. Dieses Datum muss so fallen, dass die Einladung mindestens acht Tage vor Beginn der Versammlung einging. (Quelle: Rob. Esser II.: Die Gewerkschaft und ihre Entwicklung unter dem Allgemeinen Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865.)
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