Gewöhnlicher Klettenkerbel

Der Gewöhnliche Klettenkerbel (Torilis japonica, Synonym: Torilis anthriscus) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Klettenkerbel (Torilis) innerhalb der Familie der Doldenblütler (Apiaceae).

Gewöhnlicher Klettenkerbel

Gewöhnlicher Klettenkerbel (Torilis japonica)

Systematik
Euasteriden II
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Gattung: Borstendolden (Torilis)
Art: Gewöhnlicher Klettenkerbel
Wissenschaftlicher Name
Torilis japonica
(Houtt.) DC.

Beschreibung

Gefiedertes Laubblatt

Erscheinungsbild und Laubblätter

Der Gewöhnliche Klettenkerbel ist eine einjährige bis zweijährige[1] krautige Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe von 20 bis 130 Zentimeter.[1] Der Stängel ist durch anliegende, nach rückwärts gerichtete starre Borstenhaare rau. Er ist aufrecht, fein gerillt, oft rotbraun überlaufen und ästig.[1] Die Äste sind meist verlängert, aufrecht-abstehend und rutenförmig.[1]

Die am Grund sowie der unteren Hälfte des Stängels stehenden Laubblätter bestehen aus einem 2 bis 7 Zentimeter langen Blattstiel und einer ein- bis zweifach gefiederten Blattspreite. Die dunkelgrüne Blattspreite ist im Umriss dreieckig-eiförmig bis eiförmig-lanzettlich und bis zu 20 Zentimeter lang und 17 Zentimeter breit. Die Blattfiedern sind breit eiförmig-lanzettlich mit einer Länge von 2 bis 6 Zentimeter und einer Breite von 1 bis 2,5 Zentimeter, die Endfieder ist verlängert. Die obersten Stängelblätter sind weniger gegliedert und oft nur dreispaltig.[1] Die Laubblattscheiden sind schmal und etwas hautrandig.[1]

Gewöhnlicher Klettenkerbel (Torilis japonica), Illustration
Ausschnitt eines Blütenstandes
Blüten
Fruchtstand

Generative Merkmale

Die Blütezeit reicht von April bis Oktober. Der rückwärts rauhaarige Blütenstandsstiel ist 3 bis 25 Zentimeter lang; im Gegensatz zu den fast sitzenden Doppeldolden beim Knotigen Klettenkerbel (Torilis nodosa).[2] In der Doppeldolde finden sich mehr als fünf[3] linealische Hüllblätter am Grund der vier bis zwölf Doldenstrahlen. Die Doldenstrahlen sind borstig und haben eine Länge von 1 bis 3 Zentimeter. Die Doppeldolde hat einen Durchmesser von 25 bis 40 Millimetern.[1] Die Döldchen werden von fünf bis acht 1,5 bis 7 Millimeter langen und 0,5 bis 1,5 Millimeter breiten, breit linealischen bis pfriemlichen Hüllchenblättern umgeben. Die Döldchen enthalten vier bis zwölf Blüten, die Döldchenstrahlen sind mit 1 bis 4 Millimetern Länge kürzer als die Hüllchenblätter. Die Blüten sind teiels zweittrig teils männlich.[1] Die schmalen Kelchzähne sind deltoid-lanzettlich. Die Kronblätter sind weiß bis rosa und außen grünlich.[1] Sie sind breit verkehrt-eiförmig mit einer schmalen, tiefen Ausrandung und einem eingeschlagenen stumpfen oder ausgerandeten Läppchen.[1] Der Griffel ist länger als das zuletzt kegelförmige Griffelplster.[1] Er ist zur Blütezeit aufrecht und später zurückgeschlagen.[1] Die bei Reife häufig schwarz-purpurfarbenen Doppelachänen sind kugelig-eiförmig, 1,5 bis 5 Millimeter lang und 1 bis 2,5 Millimeter breit. Die beiden Teilfrüchte sind dicht mit gebogenen, rauen Stacheln mit glatter, stechender Spitze ohne Widerhaken besetzt.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 16.[4]

Ökologie

Der Gewöhnliche Klettenkerbel ist eine überwinternde bis zweijährige Halbrosettenpflanze. An sonnigen Plätzen ist die ganze Pflanze rot überlaufen.[5]

Die Blüten sind weiße, vormännliche „Nektar führende Scheibenblumen“. Neben zwittrigen Blüten finden sich in der Doldenmitte noch männliche, kurz gestielte Blüten. Bestäuber sind Fliegen.[5]

Die Früchte werden mit Hilfe ihrer borstigen Hauptrippen und Vertiefungen von Menschen und Hunden oft entlang der Wege verbreitet. Es handelt sich also um eine Klettverbreitung oder Epichorie.[3][5]

Fressfeinde und Parasiten

Der Gewöhnliche Klettenkerbel ist Futterpflanze für das Landkärtchen. Die folgenden Pilze parasitieren auf dem Gewöhnlichen Klettenkerbel:[1] Erysibe betae, Diaporthe angelicae, Laphiostoma caulicum und Mycosphaerella leptasca. Ferner verursachen die Blattlaus Semiaphis anthrisci sowie die beiden Gallmücken Lasioptera carophila und Schizomyia pimpinellae Gallbildungen auf dieser Pflanze.

Vorkommen

Der Gewöhnliche Klettenkerbel kommt in Nordafrika, in Europa, in Asien, vor allem in Japan und in China (dort in Höhenlagen von 100 bis 3800 Metern) vor, als Neophyt auch in Nordamerika[6] und auf Sumatra.[7] Weitere Vorkommen gibt es vom Iran, Afghanistan, Pakistan, dem Himalaja bis China und Japan.[6][7] In Europa kommt er in allen Ländern vor.[8] Er besiedelt mäßig trockene bis mäßig frische, nährstoff- und basenreiche Böden an Wald- und Heckensäumen, Waldwegen, in Schlagfluren und auf Ruderalstellen in halbschattigen Lagen.[3] Er ist pflanzensoziologisch eine Charakterart des Torilidetum japonicae aus dem Verband Alliarion, kommt aber auch in Gesellschaften der Ordnung Atropetalia vor.[9]

In den Allgäuer Alpen steigt die Art in Bayern am Südfuß des Grünten bis zu 1040 m Meereshöhe auf[10]. Sie steigt in Graubünden bei Zernez bis 1500 Meter und im Aostatal bis 1600 Meter auf.[1]

Systematik

Der Gewöhnliche Klettenkerbel wurde 1753 von Carl von Linné in Species Plantarum Tomus I, S. 240 unter dem Basionym Tordylium anthriscus erstveröffentlicht.[11] In die Gattung Torilis kam er zunächst mit der 1805 veröffentlichten, in älteren Floren oft verwendeten Umkombination Torilis anthriscus (L.) C.C.Gmel., die aber ungültig ist, weil schon 1788 Torilis anthriscus (L.) Gaertn. mit dem Basionym Scandix anthriscus L., der heute als Hunds-Kerbel (Anthriscus caucalis M.Bieb.) bekannten Art, veröffentlicht worden war. Das Basionym des in der Gattung Torilis gültigen, 1830 durch Augustin Pyramus de Candolle veröffentlichten[12] Namens Torilis japonica (Houtt.) DC. ist die 1777 durch Maarten Houttuyn aus Japan beschriebene Caucalis japonica Houtt.[13]

Verwandte Arten

Nahe verwandt mit Torilis japonica ist Torilis ucranica Spreng. (Syn.: Torilis grandiflora Boiss., Torilis japonica subsp. ucranica (Spreng.) Soó) Sie kommt in Osteuropa bis zum Kaukasusraum vor und wurde in Deutschland schon eingeschleppt beobachtet.[7] Bei ihr sind die Kronblätter stärker strahlend und bis über 2 Millimeter lang; die Frucht ist nur 2 Millimeter lang und der Griffel ist etwa fünf Mal so lang wie das Griffelpolster.[1]

Verwendung

Wurzeln und Früchte des Gewöhnlichen Klettenkerbel werden seit alters her in der chinesischen Medizin als Heilmittel gegen Entzündungen, Hautkrankheiten und Impotenz eingesetzt. Neueste Untersuchungen zeigen vielfältige Wirkungen: Kim et al.[14] isolierten aus den Früchten des Gewöhnlichen Klettenkerbels ein Sesquiterpen genannt Torilin, das die Medikamentenresistenz in Krebszellen aufhebt. Cho u. a.[15] berichten über eine antibakterielle Wirkung des Torilins gegen Bacillus subtilis. Yun et al.[16] konnten zeigen, dass Torilin die Melanin-Produktion in Melanomen hemmt. 2010 zeigten Jung und Ghil,[17] dass ein Extrakt des Gewöhnlichen Klettenkerbels gegen das Glioblastom (einen Hirntumor) eingesetzt werden kann.

Quellen

Literatur

  • She Menglan, Mark F. Watson: Torilis. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 14: Apiaceae through Ericaceae. Science Press / Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 2005, ISBN 1-930723-41-5, S. 28 (englisch, online).
  • Ursula Stichmann-Marny, Wilfried Stichmann, Erich Kretzschmar: Der große Kosmos-Naturführer. Tiere und Pflanzen. Franckh-Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10256-4.

Einzelnachweise

  1. Albert Thellung: Umbelliferae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 2. Verlag Carl Hanser, München 1965. S. 1051–1054, 1566.
  2. Siegmund Seybold: Flora von Deutschland und angrenzender Länder. Ein Buch zum Bestimmen der wild wachsenden und häufig kultivierten Gefäßpflanzen. Begründet von Otto Schmeil, Jost Fitschen. 93., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2006, ISBN 3-494-01413-2, S. 554.
  3. Eckehart J. Jäger, Klaus Werner (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. 10., bearbeitete Auflage. Band 4: Gefäßpflanzen: Kritischer Band. Elsevier, Spektrum Akademischer Verlag, München/Heidelberg 2005, ISBN 3-8274-1496-2, S. 498.
  4. Torilis japonica bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  5. Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1, S. 786–787.
  6. Torilis im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 18. Mai 2018.
  7. Datenblatt Torilis japonica bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  8. Ralf Hand (2011+): Apiaceae. – In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Datenblatt Torilis japonica
  9. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 703–704.
  10. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 266.
  11. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 240, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D1%26issue%3D%26spage%3D240%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  12. Augustin Pyramus de Candolle: Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis, sive, Enumeratio contracta ordinum generum specierumque plantarum huc usque cognitarium, juxta methodi naturalis, normas digesta. Band 4, 1830, Treuttel & Würtz, Paris 1830, S. 219 Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fpage%2F152360~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  13. Torilis japonica bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  14. S.E. Kim, Y.H. Kim, Y.C. Kim, J.J. Lee: Torilin, a sesquiterpene from Torilis japonica, reverses multidrug-resistance in cancer cells. In: Planta Medica. Band 64, Nr. 4, 1998, S. 332–334, doi:10.1055/s-2006-957445.
  15. W.I. Cho, J.B. Choi, K. Lee, M.S. Chung, Y.R. Pyun: Antimicrobial activity of torilin isolated from Torilis japonica fruit against Bacillus subtilis. In: Journal of Food Science. Band 73, Nr. 2, 2008, S. M37–M46. doi:10.1111/j.1750-3841.2007.00639.x
  16. Cheong-Yong Yun, Dongchun Kim, Won-Hee Lee, Yu Mi Park, Seung Ho Lee, Minkyun Na, Yurngdong Jahng, Bang Yeon Hwang, Mi Kyeong Lee, Sang-Bae Han, Youngsoo Kim: Torilin from Torilis japonica inhibits melanin production in alpha-melanocyte stimulating hormone-activated B16 melanoma cells. In: Planta Medica. Band 75, Nr. 14, 2009, S. 1505–1508, doi:10.1055/s-0029-1185803.
  17. Hye-Won Jung, Sung-Ho Ghil: A Torilis japonica extract exerts anti-proliferative activities on the U87MG human glioblastoma cell line. In: Molecular Medicine Reports. Band 3, Nr. 6, S. 1041–1045. doi:10.3892/mmr.2010.376.
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