Geschulte

Die Geschulten waren eine soziale Schicht, die man als eine Frühform der späteren Schicht der Intelligenz auffassen kann.

Angehörige

Auf dem Lande war diese soziale Gruppe[1]; ein Teil der ländlichen Sozialstruktur. In der Stadt unterschieden sie sich als „besitzlose Intellektuelle“ vom Besitz- und Bildungsbürgertum durch ihre relativ bescheidenen materiellen Lebensumstände.

Land

Auf dem Lande bestand die Gruppe der Geschulten aus drei in ihrer sozialen Stellung recht unterschiedlichen Teilgruppen:

  1. Personen in leitenden Stellungen, wie z. B. Oberförster, Rittergutsverwalter, Hammerherr usw., die oft recht wohlhabend waren.
  2. Personen in untergeordneten Stellungen, die nach dem sozialen Stand oft auch Häusler waren, wie Schulmeister, Kantor, Vogt usw.
  3. die Pfarrer.

Die Tatsache, dass die „Geschulten“, die man auf dem Lande vielleicht als „ländliche Intelligenz“ bezeichnen könnte, wenn die Zeitgenossen, diesen erst um 1900 langsam aufkommenden Begriff schon gekannt hätten, im Lesen und Schreiben relativ wendig gewesen sein müssen, hebt sie von anderen sozialen Schichten ab und gibt ihrer sozialen Mobilität gewisse Gemeinsamkeiten. Sie waren eine kleine Minderheit. Ihr Heiratskreis war im Unterschied zu allen anderen Klassen und Schichten in starkem Maße mit der Stadt verbunden.

Stadt

Auch in der Stadt zeichnen sich die Männer diese sozialen Schicht der mittleren Beamten und Angestellten, der Lehrer und Schreiber[2] dadurch aus, dass die Fähigkeit zum Lesen und Schreiben, bei Steuereinnehmern auch zum Rechnen, eine größere Rolle in ihrem Beruf spielte als bei den meisten anderen Stadtbewohnern. In Sachsen ist diese soziale Schicht der "Schriftkundigen" von unter 3 % der Stadtbevölkerung um das Jahr 1550 auf 12 % um 1870 angewachsen. Die Zwischenschicht der "besitzlosen Intellektuellen" der Städte reproduzierte sich stets nur um 20 % aus sich selbst.[3] Die Leute, die nur ihren klugen Kopf hatten und sonst nichts weiter, kamen stets, d. h. in jeder Generation erneut, zu 30 bis 50 % direkt vom Lande, waren Söhne von Schulmeistern, Pfarrern, aber auch von Bauern und Landhandwerkern.[4] Ihre Frau brachten sie aber vom Lande nur selten mit. Stadt dessen heirateten sie ins städtische Handwerk ein bzw. die Tochter eines besitzlosen Intellektuellen, der schon in der Stadt wohnte. In der folgenden Generation stieg dann von den Söhnen ein Drittel ins Besitz- und Bildungsbürgertum auf, ein beträchtlicher Prozentsatz etablierte sich im städtischen Handwerk und Kleingewerbe. Bei keiner anderen Schicht wie bei den Geschulten bzw. besitzlosen Intellektuellen der Städte wird so deutlich, was der Soziologe Hermann Mitgau einmal „soziales Generationenschicksal“ nannte, indem er von Plattformberufen sprach, von denen aus in der nächsten Generation der soziale Aufstieg weitergeht.

Literatur

  • Volkmar Weiss: Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550 – 1880. Akademie-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-05-001973-5 (online [PDF; 138,0 MB]).

Einzelnachweise

  1. Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550-1880. Berlin 1993. Kapitel 1.5. Geschulte, Seite 80
  2. Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550-1880. Berlin 1993. Kapitel 2.6. Die "besitzlosen Intellektuellen", Seite 85
  3. Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550-1880. Berlin 1993. Kapitel 4.2. Die Soziale Mobilität der Stadtbevölkerung, Seite 149, Tabelle 29
  4. Bevölkerung und soziale Mobilität: Sachsen 1550-1880. Berlin 1993. Kapitel 4.2. Die Soziale Mobilität der Stadtbevölkerung, Seite 150, Tabelle 30, auch online, siehe Literatur
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