Gerhard Just (Schauspieler)

Leben

Der gebürtige Brandenburger wuchs ohne Vater auf. Als er nach der Schulzeit ein Philosophie-Studium begann, musste er dieses aus finanziellen Gründen wieder abbrechen, um seine Mutter zu ernähren. Als er sich der Schauspielerei zuwandte ging er nach Berlin und nahm dort Unterricht bei Ferdinand Gregori. Sein erstes Engagement erhielt er in Eßlingen am Neckar. Die nächste Station war Bremerhaven, danach zog es ihn wieder nach Süd- und Südwestdeutschland. Er war u. a. in München, Karlsruhe und am Nationaltheater Mannheim zu sehen. Aber auch in Köln und Hannover hatte er große Erfolge zu verzeichnen. In der niedersächsischen Landeshauptstadt trat er in den Jahren 1948/49 in einer Inszenierung von Alfred Roller zunächst in Faust I und später in Faust II in der Titelrolle als wuchtiger und phantasievoller, am Ende dramatisch vernichteter Faust in Erscheinung. Aber auch als Charakterkomiker oder scharf zuschleifenden Karikaturenspieler konnte man den massig wirkenden Schauspieler erleben. Ein Zungenfehler, welcher ein leichtes gaumiges Lispeln hervorrief wirkte sich niemals nachteilig aus und galt dabei ehr als apartes Ausdrucksmittel.

1952 holte ihn Paul Hoffmann an das Staatstheater Stuttgart, dem er bis zu seinem Lebensende angehörte. Seine große Popularität konnte man daran erkennen, dass er bei seinem Erscheinen auf der Bühne jedes Mal den obligaten Auftrittsapplaus erhielt. Viele Rollen spielte er unter der Regie von Peter Palitzsch, so zum Beispiel mit Peter Roggisch in Warten auf Godot von Samuel Beckett. Über diese Aufführung schrieb die Zeitschrift Theater heute in Heft 9 des Jahrgangs 1977: Und dann gab es in Stuttgart eine Aufführung, in der Palitzsch seinen diffizilen Realitätssinn im Zusammenwirken mit zwei Schauspielern meisterhaft an einem Stück wirksam werden ließ, das bis dahin als verrätseltes Parabel verstanden worden war: Becketts „Warten auf Godot“. Die beiden Wartenden waren eben wartende Landstreicher, gespielt von Gerhard Just und Peter Roggisch. Ihr Warten trat nicht auf der Stelle, sondern war ausgefüllt von menschlicher Realität von dem Prozess der vielfältigen Beziehungen zwischen den beiden Wartenden. So deutlich und genau jede Phase dieses Prozesses vorgeführt wurde, so sehr blieb jede Einzelheit zart, verletzlich, liebevoll. Ein heiter- nüchterner Abend, an dem sich Justs Massigkeit und Steifigkeit so weit verfeinerte wie sich die Empfindungsschnelligkeit und -flüssigkeit von Peter Roggisch festigte, überprüfbar wurde. Die beiden zeigten, was das ist: Zusammenspiel.

Gerhard Just, der am 14. Juli 1972 durch den baden-württembergischen Kultusminister Wilhelm Hahn (CDU) zum Staatsschauspieler ernannt wurde, war ein viel beschäftigter Schauspieler, der sich in seiner knapp bemessenen Freizeit mit lateinischen Studien beschäftigte. Einmal am 22. November 1975 geschah es, dass er an diesem Tag in drei verschiedenen Stuttgarter Inszenierungen auftreten musste: am Nachmittag in den Sunny Boys, am Abend als Strawinski-Erzähler und anschließend in Kleists Käthchen.

In seinen späteren Jahren war er neben Hans Mahnke die beherrschende Altmännerfigur des Staatstheaters. Er spielte u. a. den Kaiser in Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist, den Alten in der Eiszeit von Tankred Dorst und den Kumentat in Rheinpromenade von Karl Otto Mühl.

Ab etwa Mitte der 1950er Jahre nahm er auch Rollen bei Film und Fernsehen an. So spielte er 1960 im 5. Teil von Am grünen Strand der Spree nach Hans Scholz den Direktor Gatzka, der zusammen mit seiner Gattin, dargestellt von Helen Vita, zur späten Stunde die Berliner „Jockey-Bar“ betritt und der anwesenden Runde erzählt, was er von der westdeutschen Nachkriegspolitik in Bezug auf West-Berlin hält. Es folgten weitere größere Rollen in Der Frieden unserer Stadt, Wer einmal aus dem Blechnapf frisst nach Hans Fallada und Der schlechte Soldat Smith. Auch in einer Folge der ZDF-Serie Die fünfte Kolonne war er zu sehen.

Häufiger jedoch war er als Hörspielsprecher im Einsatz. Hauptsächlich arbeitete Just in den Studios des SDR. Hier trat er in vielen Haupt- und Nebenrollen auf, wie in dem Mehrteiler Die Odyssee nach Homer, wo er als Poseidon zu hören war, als „Dicker“ in Die Dicken und die Dünnen oder als Thomas Skelton in dem Kriminalstück Das Faß.

Als Synchronsprecher lieh er u. a. Robert Newton in Major Barbara, Anthony Quayle in Hamlet und Mickey Rooney in Teufelskerle seine Stimme.

Gerhard Just, der am 5. August 1977 in einem Tübinger Krankenhaus verstarb, wurde am 10. August auf dem Friedhof Stuttgart-Plieningen beigesetzt. Er war mit der Schauspielerin Charlotte Schreiber-Just (1914–2000) verheiratet. Das Grab der beiden befindet sich in Abt. 8, Reihe 1, Nr. 12.

Filmografie

Hörspiele (Auswahl)

Literatur

  • Deutsches Bühnenjahrbuch. 1978.
  • Theater heute. Heft 9, 1977, S. 1.
  • Zentrale Friedhofsverwaltung Stuttgart (Lebensdaten und Beisetzungsstätte)
  • Staatsarchiv Ludwigsburg (Verleihung der Dienstbezeichnung Staatsschauspieler)
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